Butler Parker Staffel 4 – Kriminalroman. Günter Dönges
zu Miss Susan Dalby. Sie sind technisch versiert, wie ich höre, Mr. Radner. Miss Dalby arbeitete in der Überland-Vermittlung. Hätte Sie Telefongespräche abhören können?«
»Viel eher als Cliff.«
»Hätte Miss Dalby bestimmte Anrufe bevorzugen können?«
»Sie meinen, ob Sie bestimmte Gespräche hätte abhören können? Nee, so geht das nicht. Die Gespräche, die reinkommen, werden ja nicht nur von einem Operator angenommen. In der Überlandvermittlung sitzen pro Schicht wenigstens zwanzig Frauen. Jeder Operator nimmt jedes ankommende Gespräch an, sofern er frei ist. Reiner Zufall, wenn zwei Anrufe von einer Stadtleitung ausgerechnet bei einem bestimmten Operator ankommen. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
»Allerdings, ich glaube, Sie verstanden zu haben, Mr. Radner. Demnach kann Miss Dalby gar nicht systematisch bestimmte Gespräche abgehört haben?«
»Richtig, Sir. Sie kapieren schnell.« Radner meinte es vollkommen ernst.
»Es sei denn …«
»Oh, es gibt also doch eine Möglichkeit?«
»Na ja, Susan war in letzter Zeit häufig in der Leitungskontrolle tätig.«
»Was darf ich mir darunter vorstellen?« wollte Josuah Parker wissen.
»Wenn irgendeine Leitung nicht stimmt und wir Beschwerden bekommen, werden die Leitungen hier vom Haus überprüft. Dann schalten wir uns ein und prüfen die Leitungen.«
»In Zusammenarbeit mit einem Außenmonteur?«
»Auch das, Sir. Aber bevor wir losgeschickt werden, wird solch eine Leitung erst mal von den zentralen Schaltkästen hier im Haus aus durchgeprüft.«
»Eine Arbeit, die Miss Dalby in letzter Zeit getan hat?«
»Ich glaube ja. Genaueres werden Sie von Mr. Crashing erfahren.«
»Wer ordnet solche Durchprüfungen an?«
»Mr. Morris. Bei ihm laufen alle Pannen zusammen.«
»Mr. Crashing hat damit nichts zu tun, wie?«
»Kaum, Sir. Er überwacht den ganzen technischen Dienst. Dazu gehören ja nicht nur die Leitungskontrollen und der Entstördienst.«
»Haben Sie dieses Gerät schon einmal gesehen?«
Parker griff in seine Rocktasche und holte den Kleinstsender hervor. Brett Radner nickte sofort.
»Ganz tolle Sache«, antwortete er. »Kleinstsender, nicht? Arbeitet mit ’ner Batterie.«
»Haben Sie dienstlich mit solchen Geräten zu tun?«
»Nee, Sir.« Brett lächelte und schüttelte den Kopf. »Wir sind für Leitungen zuständig, nicht für Funk.«
»Ich bedanke mich für dieses Gespräch«, sagte Parker und beendete das Interview. »Haben Sie die Güte und Freundlichkeit mir zu sagen, wo ich Mr. Morris finden kann.«
»Er wird im Magazin sein, nehme ich an. Sie müssen runter in den Materialkeller fahren. Sie können den Lift nehmen. Soll ich Sie runterbringen?«
»Oh, ich denke, ich werde es schaffen.«
Parker verbeugte sich höflich und ließ einen leicht verwirrten Brett Radner zurück. Er schritt mit der grotesken Würde eines Storches durch die Kantine, scherte sich weder um amüsierte Blicke noch um halblaute Bemerkungen und betrat den Lift. Sein nächster Gesprächspartner sollte Steve Morris sein. Es gab da einige Dinge, die unbedingt geklärt werden mußten …
*
»Das ist mehr als nur ein Zufall«, sagte Mike Rander eine knappe Stunde später, nachdem er sich den Bericht seines Butlers angehört hatte. »Steve Morris verschwunden! Kein Mensch bei der Bell Company weiß, wo er steckt. Zu Hause ist er nicht. Und die Unterlagen in seinem Büro sind samt und sonders verschwunden. Da muß doch einer dran gedreht haben.«
»Ich bedaure es wirklich, Sir, Ihnen diese Nachricht überbracht zu haben«, entschuldigte sich Josuah Parker. »Alle Spuren deuten nun auf Mister Steve Morris hin. Er konnte praktisch von sich aus Durchprüfungen gewisser interessanter Leitungen vornehmen. Er hatte praktisch freie Hand dazu. Falls Susan Dalby für ihn arbeitete – immer vorausgesetzt, daß Mister Morris schuldig ist – konnte sie ohne Schwierigkeiten ganz spezielle Leitungen abhören.«
»Sie arbeitete also in der Leitungskontrolle?«
»Bereits seit mehreren Wochen, Sir. Mister Crashing, der Leiter des gesamten technischen Betriebs, konnte mir das bestätigen.«
»Gut eingefädelt, Parker. Susan Dalby horchte von der Zentrale aus die Leitungen ab. Und ihr Bruder im Außendienst installierte Kleinstsender oder brachte Leitungen in Unordnung, damit sie dann durchgeprüft wurden.«
»Ein nahtloses System, Sir.«
»Was halten Sie von diesem Brett Radner?«
»Ein argloser Mensch, Sir, mit aller gebotenen Vorsicht beurteilt.«
»Sie trauen ihm nicht über den Weg?«
»Das wäre vielleicht zuviel gesagt, Sir. Ich weiß zu wenig über ihn. Immerhin arbeitete er mit Cliff Roberts zusammen.«
»Haben Sie sich mit Mister Crashing ausgiebig unterhalten?«
»Ich war so frei, Sir. Mister Crashing ist entsetzt, daß so etwas in seinem Haus passiert sein soll. Er streitet das Abhören radikal ab.«
»Was gar nichts besagt, Parker. Er scheint ein ahnungsloser Engel zu sein.«
»Auch das wäre vielleicht etwas zu viel gesagt, Sir.«
»Aha, Sie haben ein Haar in der Suppe gefunden?«
»Nicht direkt, Sir. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß auch ein Mister Crashing die Möglichkeit gehabt hätte, Leitungsproben anzuordnen. Nachdem Mister Morris so plötzlich verschwunden ist, kann ihm das Gegenteil nicht bewiesen werden.«
»Schön, damit hätten wir also drei Personen im Haus der Bell Company, die ganz oben auf der Liste der verdächtigten Personen stehen: Crashing, Morris und Brett Radner. Oder haben Sie noch mehr Personen auf Lager?«
»Im Augenblick nicht, Sir, doch werde ich mich bemühen, recht bald mit weiteren Personen aufzuwarten. Die Liste der verdächtigen Personen kann nicht umfangreich genug sein.«
»Danke für Obst«, antwortete Rander auflachend. »Weniger ist in diesem Falle mehr, Parker! Ich werde Lt. Dickson anrufen. Er muß wissen, was Sie ausgegraben haben. Er wird sich wundem, daß er sich den Weg zu Morris ersparen kann.«
»Lt. Dickson hat mit Steve Morris noch nicht reden können?«
»Leider nicht, Parker, Dickson mußte in einem Mordfall einspringen. Daher die Zeitverzögerung.«
»Darf ich fragen, Sir, wann mit der Anzeige oder mit dem Artikel zu rechnen ist?«
»Alles glattgegangen, Parker. Der Artikel erscheint in großer Aufmachung in der Abendausgabe. Ich bin gespannt, wie viele Interessenten sich melden werden!«
*
Walt Covendale war einer der Leute in der Stadt, die anbissen. Seine Augen stolperten förmlich über den geschickt aufgemachten Artikel, der von einem sensationellen Gerät berichtete, das das Abhören von Telefongesprächen in Zukunft unmöglich machen sollte.
Covendale, der nach seinem Gespräch mit dem Gangster nichts mehr gehört hatte, schrieb sich die Adresse des Herstellers sofort auf. Es war selbstverständlich für ihn, diese Firma sofort anzuschreiben. Solch ein Gerät brauchte er unbedingt.
Covendale war nämlich inzwischen zu dem Entschluß gekommen, die verlangten Banknoten für den Erpresser abzuzweigen, gleichzeitig aber wollte er diesen Verlust durch vermehrte Privatinformationen wieder hereinholen. Dazu gehörten aber Telefongespräche, die ab sofort nicht mehr abgehört werden konnten.
Außer Walt