Apache Cochise Staffel 2 – Western. Frank Callahan
Inhalt
Prolog
Als die weißen Amerikaner Mitte des 19. Jahrhunderts den Südwesten der USA zu besiedeln begannen, stießen sie auf ein indianisches Volk, das bereits die Spanier und Mexikaner hatte teuer dafür bezahlen lassen, daß sie unbefugt in ihre Jagdgründe eingedrungen waren.
Die etwa ein Dutzend umfassenden Apachen-Gruppen und Großsippen, am gefürchtetsten die Chiricahua-Apachen, widersetzten sich der Niederwerfung durch die Weißen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln.
Sie überfielen zunächst Postkutschen, Frachtwagenzüge, Armeepatrouillen, Farmen, abseits gelegene Ranches und kehrten anschließend wieder zu ihren Stützpunkten in den Bergen zurück, den sogenannten »Apacherias«, die bei den Weißen der damaligen Zeit als uneinnehmbar galten.
Der Widerstand flammte zum blutigsten und grausamsten Grenzkrieg der Indianergeschichte auf, als Cochise von Mangas Coloradas die Führung der Stämme übernahm.
Cochises Weitblick ließ ihn letztlich erkennen, daß der Untergang der roten Rasse eine von den Weißen beschlossene Sache war, die Anspruch erhoben auf alles Land zwischen den Dragoon Mountains im Südosten, dem Mogollon-Rim im Westen und der Gran Desierto im Süden.
Cochises Chiricahuas, die Kerntruppe seiner Streitmacht, blieb im Angesicht der unaufhaltsamen Flut weißer Siedler, Goldgräber und Desperados nur noch eine Devise: Raube, ohne erwischt zu werden, töte, ohne getötet zu werden. Ein Kampf ohne Erbarmen entflammte in den Canyons, Tälern und Wüsten. Ein Kampf, dessen Schilderung in dieser Serie nicht die ganze Brutalität wiedergeben kann, wie sie uns die Geschichte überliefert hat.
1871 gelang es Cochise, die meisten Stämme der Apachen zu einer einzigen Widerstandsfront gegen die Eindringlinge aus Nord und Süd, Weiße und Mexikaner, zu vereinen. Die blutigsten Massaker auf beiden Seiten waren die Folge.
Auf ihren flinken Ponys überfielen die Krieger in kleinen Gruppen Wagenzüge und Posthaltereien im Norden, um am nächsten Tag schon Farmer und Goldgräber im Süden oder eine Patrouille der Army im Westen anzugreifen.
Militär und Siedler waren macht- und hilflos und ohne eine Möglichkeit gezielten Widerstandes den ständigen Apachenangriffen ausgesetzt. Wenn 1870 General Sherman nach Washington schrieb: »Wir führten einen Krieg gegen Mexiko, um Arizona zu bekommen, wir sollten jetzt einen Krieg führen, um dieses Land wieder loszuwerden«, so kennzeichnen diese Worte die verzweifelte Hilflosigkeit des Militärs.
Diese nach authentischen Überlieferungen verfaßte Serie soll dem größten aller indianischen Führer ein Denkmal setzen: Cochise.
Dem Wirken dieses Mannes und seinem Weitblick für politische Veränderungen ist es zu verdanken, daß diese Story mit ihrer ganzen Dramatik wahrheitsnah niedergeschrieben werden kann.
Unsere Autoren fühlen sich verpflichtet, neben der Herausstellung der abenteuerlichen Charaktere, die in jener Zeit Geschichte machten, auch der historischen Wahrheit die Ehre zu geben.
Nichts soll verschwiegen, nichts hinzugefügt oder entstellt werden.
Ihr Martin Kelter Verlag
*
Cochise war zwei Stunden vor der Dämmerung immer noch wach. Der Wind wehte jaulend durch die Felsen und über das Plateau. Er seufzte unten im Canyon wie die Seelen unzähliger Gemarteter. Weit entfernt heulte ein Kojote.
Die meisten Lagerfeuer waren erloschen. Vereinzelt glühten einige noch wie dämonische Augen in der Finsternis. Victorio, der Mimbrenjo-Häuptling, warf seine Decken ab und stand auf. Er fror, als er an den Rand des Plateaus trat und über die karstige Gebirgslandschaft blickte, die grau und verschwommen im Licht des Morgens lag.
Zwei Chiricahuas hielten in der Nähe Wache. Sie wußten, daß Victorio angekündigt hatte, die Station ganz allein mit seinen Kriegern anzugreifen. Die großsprecherische Art hatte Nana und Chato nicht so recht gefallen.
Loco dagegen und Chihuahua, ein Krieger der Chiricahuas, waren gegen Victorios Absicht gewesen. Loco deswegen, weil er das Unsinnige des Vorhabens verurteilte, und Chihuahua, weil er den Verlust von Beute und Skalps befürchtete.
Victorio starrte in den Canyon und schätzte die Stellungen der Soldaten ein. Sehen konnte er nichts bei den Häusern. Alles lag im Dunkel.
Cochise, der Victorio noch um einen halben Kopf überragte, kam an seine Seite.
»Bruder, du gehst mit deinen Mimbrenjo-Kriegern einen schweren Weg.«
Victorios Hand wedelte verächtlich.
»Ich überrenne sie beim ersten Ansturm, Koh Cheez. Die gesamte Beute wird den Mimbrenjos zufallen, und die Chiricahuas gehen leer aus.«
»How!« sagte Cochise.
»Zwei Stunden bis zum ersten Frühlicht«, fuhr Victorio fort. Nana und Chato kamen ebenfalls heran und starrten hinunter auf den Paß. »In zwei Stunden wird es kein einziges Bleichgesicht mehr hier oben geben. Das Land der Chiricahuas wird frei sein.«
»Du denkst an das, was du mir versprachst, Victorio? Der weiße Häuptling und Thomas Jeffords werden verschont.«
Cochises Stimme klang sehr eindringlich, fordernd. Victorio triefte förmlich vor Widerwillen und Abneigung. Er erinnerte sich an sein gegebenes Wort und nickte.
»Ihnen wird kein Haar gekrümmt, Koh Cheez.«
»Und den drei Weißen, die von Süden kommen und zur Station reiten, auch nicht?«
»Ich habe es versprochen, how!«
»How«, besiegelte Cochise den Bund. Er wußte, daß es dem Mimbrenjo schwerfiel, ein solches Versprechen zu halten.
Unbeweglich standen die beiden Häuptlinge auf dem Plateau hoch oben über dem Paß. Hinter ihnen bewegten sich graue, verschlafene Gestalten und fachten die Feuer wieder an. Das Lager erwachte.
»Der neue Tag bricht an.«
Cochise sagte es leise, wie zu sich selbst. Victorio und Nana verstanden ihn jedoch. Ihre scharfen Ohren vernahmen selbst den kleinsten Laut.
»Was wird er bringen?« fragte Chato.
Alle Unterhäuptlinge und Sippenanführer hatten sich inzwischen eingefunden und hinter Cochise versammelt. Chihuahua und Ulzana trugen Militärjacken, die sie gefallenen Soldaten abgenommen hatten. Sie deckten mit ihren Leibern Cochises Rücken.
Hier wurde deutlich, daß nicht immer Friede und Eintracht