Nur ein Hauch von Liebe. Barbara Cartland
geleistet hatte, strich ein leichter Wind vom Meer her übers Land.
Ich werde immer Heimweh nach Cornwall haben, dachte Tamara mit wehem Herzen.
Nach dem Tod ihres Vaters war sie hierher gekommen und hatte sich sofort in die wilde Schönheit dieses äußersten Zipfels Englands verliebt. Das hektische Treiben, das sie von Oxford gewöhnt gewesen war, hatte sie nicht einen Tag vermisst.
Sie war knapp fünfzehn gewesen, als ihr Vater, Conrad Selincourt, an einem Herzinfarkt gestorben war.
Sie hatte ihn die Jahre vorher versorgt und war daher charakterlich und auch äußerlich erwachsener, als die meisten Mädchen in ihrem Alter.
Außerdem war sie gebildeter.
Als Tochter eines Dekans der Universität von Oxford war sie mit einer großen Anzahl von intelligenten und kultivierten Menschen zusammengekommen. Außerdem hatte sie Zugang zu sämtlichen Vorlesungen und zur Bibliothek gehabt, in der sie sich, seit sie lesen konnte, liebend gern aufgehalten hatte.
Wenn die Töchter von Conrad Selincourt dessen Intelligenz geerbt hatten, so hatten sie von der Mutter die Schönheit geerbt.
Nicht nur Maikas Stimme hatte ihr das Engagement bei der Oper eingebracht, sondern auch ihr Aussehen.
Es war übrigens einer ihrer Lehrer aus Oxford gewesen, der sie an die Oper vermittelt und dafür gesorgt hatte, daß sie, obwohl sie keinerlei Bühnenerfahrung hatte, dieselbe Gage bekam wie eine ausgebildete Sängerin.
Die Gruppe von Sängern und Sängerinnen war nicht von Stadt zu Stadt gezogen, wie allgemein üblich, sondern war privat von einem Zusammenschluß von musikliebenden Bürgern finanziert worden, die es für notwendig gehalten hatten, daß man den Leuten auch außerhalb Londons gute Aufführungen bot.
Maika hatte nicht nur Gold in der Kehle gehabt, sie hatte obendrein so bezaubernd ausgesehen, daß sie schnell zum Liebling des Publikums geworden war.
Von ihr als ,gewöhnlicher Schauspielerin’ kaum besser als einer Prostituierten zu sprechen, wie der Herzog von Granchester es getan hatte, war nicht nur eine Beleidigung gewesen, sondern eine infame Lüge.
Maika hatte nicht etwa, wie in der Theaterwelt üblich, eine eigene ,sturmfreie’ Wohnung besessen, sondern hatte immer im Elternhaus gelebt.
Dort hatte sie auch Lord Ronald kennengelernt, der sich Hals über Kopf in sie verliebt hatte.
Da dieser damals noch nicht einundzwanzig Jahre alt gewesen war, hatte sein Vater diese Tatsache anfangs als Entschuldigung angeführt, warum er gegen die Ehe mit Maika Selincourt war.
Der Herzog war jedoch in seinen Bemühungen, den Sohn am Heiraten zu hindern, so taktlos und unangenehm geworden, daß er gerade das Gegenteil erreicht hatte.
Vor das Ultimatum gestellt, ,diese Frau nie wiedersehen zu dürfen’, hatte sich Lord Ronald gegen den Vater gestellt und Maika geheiratet.
Als Ronald die letzten Examina hinter sich gebracht hatte, hatte Maika das Engagement bei der Oper aufgegeben, und beide hatten nach einem Fleckchen Erde gesucht, wo sie in Ruhe leben konnten.
Da sie beide das Meer geliebt hatten, war es für sie selbstverständlich gewesen, an die Küste zu ziehen. Jemand hatte ihnen erzählt, daß man in Cornwall noch billig leben konnte, also waren sie dorthin gefahren.
Und in Cornwall hatten sie, wie Ronald einmal gesagt hatte, das Paradies gefunden.
Als Tamara wieder zu Hause ankam, fand sie das große Landhaus schöner denn je. Bei dem Gedanken, es verlassen zu müssen, krampfte sich ihr das Herz zusammen.
Die Kinder kamen ihr entgegengelaufen.
Sandor nahm ihr die Zügel ab.
“Ich bringe Firefly in den Stall, Tante Tamara!“ rief er.
“Du kommst aber spät, Tante Tamara“, sagte Kadine, während Walide, die fünf Jahre alt war und Wawa genannt wurde, auf den Stufen stehenblieb, die zur Haustür führten, und schmollte.
“Ich will meinen Tee“, piepste sie. “Du warst so lang weg. Ich will meinen Tee.“
“Du bekommst deinen Tee, mein Kleines“, beruhigte Tamara es und nahm das Kind in die Arme.
Von Kadine gefolgt ging sie in die Küche.
Die gute alte Haut, die im Haus half, saß am Küchentisch.
“Da sind Sie ja endlich, Miss Tamara“, grüßte sie, als Tamara mit Wawa auf dem Arm hereinkam.
“Ja, da bin ich endlich, Lucy“, antwortete Tamara. “Können wir bitte Tee haben? Unsere kleine Wawa jammert schon.“
“Die Kinder wollten unbedingt auf Sie warten. Miss Tamara“, erklärte Lucy. “Nicht einmal mit Schokoladenpudding und Vanillesauce waren sie zu locken. Sie wollten nicht allein essen.“
“Das stimmt auch“, bestätigte Kadine.
Mit ihren zehn Jahren versprach sie bereits, eine Schönheit zu werden.
Seltsamerweise hatte keines der Kinder das kupferrote Haar der Mutter geerbt. Sie waren alle semmelblond wie ihr Vater es gewesen war. Die beiden Mädchen hatten jedoch die dunklen Augen der Mutter.
Als Sandor in die Küche kam, fiel Tamara wieder einmal auf, wie sehr der Junge seinem Vater ähnlich sah. Sie fragte sich, ob wohl auch der Onkel dieselben klaren Züge hatte.
Falls der Herzog von Granchester ein so gutaussehender Mann wie sein Bruder Ronald war, hatte ihn Tamara in ihrem Buch falsch beschrieben.
Aber Tamara konnte sich einfach nicht vorstellen, daß ein Mensch mit einem schlechten Charakter ein angenehmes Äußeres haben konnte. Für sie mußte ein solcher Mensch schon auf den ersten Blick unsympathisch wirken.
Aber bald werde ich mich ja selbst vergewissern können, dachte sie.
Bei dem Gedanken, den Kindern nach dem Essen die schlechte Nachricht unterbreiten zu müssen, wurde es Tamara bang ums Herz.
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