Perlen der heiligen Vorzeit. János László Pyrker

Perlen der heiligen Vorzeit - János László Pyrker


Скачать книгу
Landes ich sey; was mich aus des Fluch’s- nicht

      Segens-Flur g’en Midian führt’, und Alles und Jedes,

      Das ich verschwieg seither, ergriffen von düsterem Unmuth.

      Wiss’ es, mich zeugt’ Amram, mit der trefflichen Gattinn Jochebed.

      Levi, Jakobs Sohn’, entsproß mein Stamm, und die Beiden

      Rühmten sich dessen zugleich.[8] Doch segnete nimmer der Vater,

      Nimmer die Mutter den Tag, an dem ein Sohn ihr geboren

      Ward in Goschems Gefild, des weidegesegneten Landes,

      Das, aus Pharao’s[9] Mild’ einst Joseph, als herrschender Pfleger,

      Unserem Volke verlieh: denn ach, ein grausamer Wüthrich

      Hielt nun Pharao’s Thron im Besitz, der Israels Knaben,

      Kaum geboren, empört von herzverengendem Mißtrau’n,

      Werfen hieß in des Nils verschlingende Tiefen. So lag ich

      Schon, ein Opfer der Rach’, im Korb’ von geflochtenem Schilfrohr,

      Wimmernd am Strom’, und mit Angst umspähte die Schwester — ein Kind noch,

      Wie die Wellen verschlangen den Raub: da führte Jehova’s

      Huld die Königstochter[10] vorbei. Den blühenden Säugling

      Sah sie, bewegt, und gab ihn der Mitleid Flehenden selber,

      Daß sie die Amme ihm fand’, und einst hinbrachte den Knaben

      Ihr an den Hof. Sie trug mich heim zu der jauchzenden Mutter,

      Die schon zuvor mit Angst und mütterlichsorgendem Herzen

      Mich im dunkeln Gewölb, durch fünfzig Tage, versteckt hielt.

      Kräftigerblüht, fand ich, von der mildgesinneten Tochter

      Pharao’s so gerettet, mich dann am schimmernden Hof’ ein.[11]

      Was Aegypten an Weisheit, Kunst, und Wissenschaft seither

      Hagt’ in dem Schooß, ward mir von erlesenen Meistern enthüllet:

      Zauberer nannte das gläubige Volk die betrog’nen Betrieger,

      Die, nur selber sich fröhnend im Land, des Wahren und Falschen

      Achtlos, auf Irrwege das Volk verleiteten; aber

      Mein aufstrebender Geist erkannte das goldene Fruchtkorn

      Unter nichtiger Spreu, das noch aus den Tagen der Unschuld,

      Bei dem gefall’nen Geschlecht sich erhielt, und, herüber gerettet

      Von den acht, in der Arche Noah’s erhaltenen, Seelen,

      Mitten im Dornengefild des sinneschmeichelnden Irrthums

      Und unendlichen Trugs festwurzelte. Glühend vor Wißgier,

      Las ich es sorglich mir auf. Von den Höhen und Tiefen der, ureinst

      Freierschaffenen, hehren Natur: wie im dunkelen Schooß sie

      Wirket, und schafft: nun bindet und lös’t, nun hemmt und beweget;

      Aus Verwesung das Leben ruft; das Leben in Staub wirft;

      Wie in dem Sturme sie braus’t; im Lüftchen säuselt; im Donner

      Rollt; anzieht, abstößt; unzählig erleuchtete Welten

      Schweben heißt in dem Aethergefild’; im unendlichen Eilflug

      Sendet das Licht umher aus den rastloskreisenden Sonnen,

      Und in Allem der Allmacht Werk so erhaben und groß ist:

      Davon sagte die Schule mir viel; gar Vieles erkannt’ ich,

      Ahnend im Geist, und verschloß es im heimlichen Busen mit Sorgfalt.

      Also reift’ ich zum Manne heran; doch, mitten im Zauber

      Eines üppigen, Geist- und Sinne bethörenden Hofes,

      Flammte mir stets noch heiß in dem Herzen die Ehre Jehova’s,

      Und die Liebe des Volks, des erkorenen, dem ich entrückt ward.

      Aber der Wüthrich sah die schnellvermehreten Stämme

      Israels — sah’s, und zürnt’ in dem feigerbebenden Herzen,

      Das der Schranze noch mehr verschüchterte. Daß sie nicht heimisch

      Würden im Land, verdrängten sogar die Kinder Aegyptens

      Aus dem ererbten Besitz’, und unterjochten als Sklaven:

      Hieß er sie peitschen zur Frohne gesammt mit eherner Geißel,

      Und berauben des Muths in lebenerschöpfender Arbeit.

      Sohn der Wüste! Mit Staunen würdest du seh’n in dem Land dort

      Blühende Städt’, erbaut im blutigen Schweiße der Kinder

      Israels; seh’n die Pracht der götzengeweiheten Tempel,

      Wo das säulengetragene Dach, unendlich an Umfang,

      Dunkle Hallen bedeckt, und nichtige Götter beherbergt;

      Seh’n wie sie, nach dem Wink werkkundiger Meister, vollbrachten

      Räthselgestalt:[12] in ihr den Leib der ruhenden Löwinn,

      Launenhaft, mit des Weib’s huldschönem Gesichte vereinend,

      Daß sie, in dräuender Zahl, an den Thoren bewachten des Tempels

      Heiligthum — sie, wie die Götter selbst, ein todtes Gebild nur;

      Auch in Reihen vor ihm Spitzsäulen[13] erhöhten, auf welchen

      Bilderschrift das Gesetz in den Schleier der Irrthümer hüllet;

      Seh’n, wie sie aus dem finstern Basalt Grabmäler der Herrscher[14]

      Hoben empor zum Gewölk, die, sich vierseitig verjüngend,

      Schau’n in der Welt umher; doch, unvergänglichen Baues

      Trotzend der Zeit, nicht schirmen den sterblichen Leib vor Verwesung:

      Wie sie formten den fetten Lehm, und in glühenden Oefen

      Backten zum Stein, da stets die thürmenden Städte sich mehrten;

      Hattest du solches geseh’n: gebrochen wäre das Herz dir

      Schnell in der fühlenden Brust, und verhaßt erschien’ dir das Leben!

      Doch mich trieb’s zu entsetzlicher That: am dämmernden Abend

      Sah ich auf einsamer Bahn den Vater unmündiger Kinder

      Hingesunken im Staub’, und blutend den schrecklichen Hieben.

      Ha, nicht ruhte der Frohnvogt noch: der schallenden Geißel

      Tönte Gestöhn matt nach! Ein Rächer des Mords ist Jehova

      Seit dem ersten, bis hin zu dem letzten, am Ende der Zeiten;

      Blut versöhne das Blut, vergossen in kalter Verachtung

      Schützenden Menschenrechts und Geboths der Mild’ und der Schonung;

      Doch mir sagt noch heute das Herz: des Lebens und Todes

      Herr ist Jehova: er gibt es, und nimmt’s — er drängte mich: „Tödt’ ihn!“

      Ich erschlug, und begrub ihn im Sand’, und trug auf der Schulter

      Dann den Mißhandelten heim zu den Seinen.[15] Es regte den Busen

      Jetzt ein großer Gedanke mir auf: der Tag sey gekommen,

      Wo Jehova sein Volk aus der Hand


Скачать книгу