Krimis & Erotische Erzählungen. Walter Serner

Krimis & Erotische Erzählungen - Walter Serner


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Im Café de l’Opera, wenn ich nicht irre.«

      Thevénaz erinnerte sich nicht.

      Madame Rapha begann, sich zu pudern und zu röten, ohne aufzuhören, zu lächeln.

      Stornelli bestellte Dewars White Label und übernahm, plötzlich sehr jovial und vornehm witzig geworden, die ganze Unterhaltung.

      Nach einer Viertelstunde erhob sich Madame Rapha sehr unvermittelt, verabschiedete sich gleichwohl aber überaus herzlich.

      Kurz darauf stand Stornelli auf: »Kommen Sie doch in mein Zimmer. Ich möchte einiges ungestört mit Ihnen besprechen.«

      Auf der Treppe fragte Thévenaz: »Wer ist diese Frau?«

      »Margot,« sagte Stornelli ruhig, ohne sich umzuwenden.

      Thévenaz biß die Zähne auf einander und lächelte.

      In seinem Zimmer trat Stornelli vor den Schrankspiegel und bürstete seine Haare. Dabei sagte er langsam: »Sie brauchen Geld.«

      »Ja.« Thévenaz lauerte angespannt.

      »Bon. Darf ich Sie bitten, mich im Nebenzimmer zu erwarten?« Stornelli bürstete immer noch seine Haare.

       »Es würde mich interessieren, zu erfahren, wieso Ihnen meine Geldverlegenheit …«

      »Sie hätten andernfalls heute abend meinen Amsterdamer Vorschlag nicht nicht abgelehnt.«

      Thévenaz grinste, summte die ersten Takte einer Arie aus Butterfly und ging ins Nebenzimmer.

      Kaum hatte er die Tür geschlossen, als hinter ihm abgesperrt wurde.

      Thévenaz zuckte die Achseln, auf das Allerletzte an Unerwartetem gefaßt, und sah sich kalt und sicher um: er befand sich in einem Schlafzimmer, das nur um weniges eleganter war als das Stornellis.

      Thévenaz machte ein paar Schritte, blieb aber sofort wieder stehen, da er schräg hinter sich ein Geräusch gehört zu haben glaubte.

      Doch noch bevor er sich hätte umsehen können, umhalsten ihn von hinten her zwei weiße Arme: Madame Rapha.

      Thévenaz begriff und spielte, da ihm die Neuartigkeit dieser Situation mehr gefiel als seine Partnerin, mit leidenschaftlicher Verstellung den Routinier.

      Madame tat sehr erstaunt und – überwältigt …

      Gegen Morgen fragte Thévenaz: »Ist Margot Ihr wirklicher Name?«

      Sie blieb auf dem Rücken liegen, spielte mit den Fingern im Haar und zirpte kokett: »Comme si comme ça.«

      In unbestimmtem Zorn fragte er: »Erhalte ich mein Honorar von Ihnen oder von Monsieur Stornelli?«

      »Wie?«

      »Nun, das Honorar für diese Nacht.«

      Sekundenlang glotzte sie ihn an. Dann sprang sie im Nu aus dem Bett, streckte die Hände mit unsäglich gespreizten Fingern wie zur Abwehr gegen ihn und schrie ganz absonderlich: »Allez, allez de suite!«

      Thévenaz fand Stornellis Zimmer leer, riß Mantel und Hut an sich und verließ hastig das Hotel.

      Nachmittags, mitten in einem Taumel von Reflexionen, erhielt er einen chargierten Expreßbrief aus Marseille, mit der Schreibmaschine geschrieben: Monsieur,

      ich habe mir gestattet, Ihnen gewissermaßen aus dem Handgelenk zu zeigen, wie ich arbeite. Habe ich Sie für mich gewonnen? Sie haben in diesem Brief eine 500 Franc-Note gefunden. Ich bin, als ich Sie aufforderte, ins Nebenzimmer zu gehen, bereits Ihr Kamerad gewesen. Ihr Kumpan, wenn Sie wollen. Wer Madame Rapha tatsächlich ist, weiß ich nicht; jedenfalls steht so viel fest: eine vornehme Gans, der ich erzählte, Sie wären furchtbar von ihr entzückt, sehr ideal veranlagt, daher schüchtern (wenn auch feurig) und aus guter Familie. Madame, der ich solches mit denselben Folgen bereits einige Male (verschiedentlich variiert} besorgt hatte, war nun ihrerseits so entzückt, daß einer Anleihe von Frs. 1500.– in keiner Hinsicht mehr Schwierigkeiten entgegenstanden. Das Weitere ist Ihnen bekannt. Ich habe hier eine dicke Angelegenheit in den Fingern. Wollen Sie kommen? Ich wohne im Hotel de France. Herzlich grüßend Jean Gautier.

      p. s.

      1 Margot seilakt in Marseille und erwartet Sie ungestüm.

      2 Verbrennen Sie diesen Brief.

      3 Ich bin Voyeur. Leider mußte ich zu früh zu Bett, um ausgeschlafen zu haben.

      4 Sollten Sie keine Narrheiten gemacht haben, so exploitieren Sie Madame rasch noch ein wenig sehr.

      5 Der Amsterdamer war selbstverständlich eine Finte.

      6 Madame Rapha heißt mit Vornamen Mela. Margot riet ich ihr sich Ihretwegen zu heißen. (Sind Sie mir böse?)

      Mit dem Marseiller Abendschnellzug verließ Thévenaz Aix-les-Bains.

      Mansardeskes

       Inhaltsverzeichnis

      Peter pflegte alltäglich gegen drei Uhr nachmittags sich darüber zu ärgern, daß er erwacht war. Diesmal dachte er, es sei doch wirklich schamlos, daß man nach acht Uhr morgens dem Tag nicht mehr entgehen könne.

      Dann spuckte er elfmal. Da er die Decke der Mansarde nicht treffen konnte, beschloß er, so lange emporzuspucken, bis er den Speichel, wenigstens einmal, so kerzengerade hochgeschleudert hätte, daß er in den Mund zurückfiele.

      Endlich begann seine Zunge dick zu werden und matt. Er besaß noch so viel Kraft, den Polster umzuwenden und sein Haupt für den Schlaf trocken zu legen.

      Abends träumte er, daß jemand, vielleicht eine Kreuzspinne, mit einer Kanone auf sein linkes Ohr schösse.

      Fifis Füßchen verschwand in einem Hemd, das auf der innern Türschwelle einen graugelblichen Haufen bildete. Sie sagte deshalb sehr laut: »So ein Schwein!«

      In Peters Hirn langte mit breitem Knall eine große Kugel an und bewirkte, daß sein Kopf aus dem Bett rutschte und so lange durch die Diele wollte, bis der hinterherdrängende Körper ihn auf die Seite legte.

      Fifi befreite seine Füße, die noch in der Decke hingen, so gewissenhaft, daß die Fersen heftig niederklopften.

      Während Peter infolgedessen bemerkte, daß er abermals erwacht war, ließ Fifi mit ihrem Posterieur auf ein Brett sich fliegen, das über zwei Kisten genagelt war, um einen Schreibtisch zu verwirklichen. Dabei pfiff sie: »Nanette, ma belle coquette …«

      Peter kletterte auf seine Beine und äußerte, indem er leise erfreut auf das Bett sich ringelte: »Beethoven und die Klamauke.«

      Fifi fand diese Mitteilung im höchsten Grade belanglos und fragte: »Hast du etwas Geld?«

      Peter war bezüglich dieses Gebrauchsgegenstandes der Meinung, daß es genüge, wenn andere ihn besäßen, und sagte: »Die Luft tönt wie ein blaues Lied.«

      Fifi legte keinen Wert auf diese Feststellung und verlangte, ernährt zu werden: »Wir haben doch erst vorgestern wieder zusammen geschlafen.«

      Peters Antlitz rötete sich vor Vergnügen: »Sie übersehen, daß Sie mich lieben.«

       Fifi begriff augenblicks. »Du Schuft Sie, du wirst sehen, Sie sterben noch am Galgen.« Sie stand zitternd vor dem Bett.

      Da Peter, den Hinterkopf zart in der Hand, sie ruhig betrachtete, hub sie zu weinen an, schnell und singend. Zwischendurch fand sie Zeit, zu sagen: »Du liebst mich nicht.«

      »O, ich gebe mir alle Mühe. Aber du bist heute zu gelb.«

      »Ja … ich habe noch zwanzig Mark, und Herr von Potthammer kommt erst in zwei Wochen van Mainz zurück.« Sie heulte wie getreten.

      Peter befand sich plötzlich in seiner Hose und seinem nicht weniger unveräußerlichen Sakko, steckte diesen mangels Knöpfen mit einer des


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