Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt. Jacob Burckhardt

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Diocletian ohne alles Zutun des erstern Kaiser geworden war und seine Mitregenten ernannt hatte. Dem Senat blieb nur übrig, sie anzuerkennen und ihnen der Form halber zeitweise das Konsulat zu übertragen, mit welchem Diocletian bei einem spätern Anlass so wenig Umstände machte, dass er ein paar Tage vor dessen feierlichem Antritt von Rom abreiste87. – Bei der schon erwähnten Zusammenkunft in Mailand (291) fand sich auch eine Deputation des römischen Senates ein, wahrscheinlich nur zur Bezeugung der Ergebenheit. Der Lobredner Mamertinus ruft in Maximians Gegenwart88 aus: »Der Senat hat der Stadt Mailand ein Abbild seiner Hoheit geliehen, damit es das Ansehen habe, als sei der Sitz des Reiches an der Stätte, wo sich die beiden Imperatoren zusammengefunden.« Diese Äusserung war vermutlich eine unliebsame, und wir wissen nicht, wie sie aufgenommen wurde; doch sollte man daraus schliessen, dass wenigstens in dem betreffenden Jahre das Verhältnis der Kaiser zum Senat noch kein offenkundig unfreundliches gewesen. Wann und wie es sich verschlimmert, bleibt uns ein Rätsel. Maximian war von Hause aus grausam und tückisch, und Diocletian mied vielleicht nicht immer ein nützliches Verbrechen; die Römer mit ihrer »wenn nicht frechen, doch freien89 Redeweise« waren ihnen höchlich zuwider; auch jene verabredeten, im Takt und in vielfacher Wiederholung vorgetragenen Zurufe, womit die Senatoren in ihrem Lokal und das Volk im Zirkus den Kaisern Mahnungen sowohl als Huldigungen pflegten zukommen zu lassen, konnten unmöglich nach dem Geschmacke der neuen Herrscher sein; allein die Häupter des Senates opferten sie gewiss nicht ohne triftigen Grund, wenn es wirklich dazu kam, und wenn nicht jener Autor nach seiner Art aus einer Kleinigkeit eine Untat gemacht hat.

      Die Römer konnten diese ganze Wendung der Dinge beklagen und verabscheuen, allein es geschah ihnen im Grunde kein Unrecht. Irgendeinmal musste die grosse Täuschung aufhören, als ob der Imperator noch immer der Beamtete und Repräsentant des örtlich römischen oder auch des italischen Lebens und Volkes sei, in dessen Namen er über den Erdkreis zu herrschen habe. Hätte Diocletian nicht das Erlöschen dieses Vorurteils auch äusserlich durch Verlegung der Residenz, orientalische Gestaltung des Hofwesens, Missverhältnisse mit dem Senat und Verminderung der Prätorianer konstatiert, so hätte doch bald darauf das Christentum dieselbe Aufgabe auf seine Weise vollbringen müssen, indem es mit Notwendigkeit ganz neue Schwerpunkte der Macht schuf.


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