Authentisch sein!. Osho

Authentisch sein! - Osho


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es muss gelebt, erfahren werden. Meine Botschaft ist nicht verbal, logisch oder rational, sondern existenziell. Deshalb werden alle, die sie intellektuell verstehen wollen, sie nur missverstehen.

      Doch gibt es da ein paar Anhaltspunkte, die ich euch verraten möchte. Erstens: Bisher hat der Mensch immer nur halbherzig gelebt. Im Osten wie im Westen ist der Mensch einseitig geblieben. Weder der Mensch des Ostens noch der Mensch des Westens ist je ganzheitlich gewesen. Der Westen hat den Körper gewählt, er ist körperorientiert; der Osten hat die Seele gewählt, er ist seelenorientiert; doch der Mensch ist beides, eine große Ausgewogenheit zwischen beidem. Der Mensch ist sowohl beides als auch jenseits von beidem. Weder der Osten noch der Westen hat den Menschen als eine Ganzheit verstanden. Wir haben noch nie gewagt, den Menschen in seiner Ganzheit zu akzeptieren.

      Das ist einer der wesentlichen Grundzüge meiner Lehre und ich möchte, dass jeder versteht: Ich lehre den ganzheitlichen Menschen. Die bloße Vorstellung von Ost und West ist Unfug; auch das gehört zu der alten Zweiteilung. Jegliche Zweiteilung muss aufgelöst werden.

      Ich lehre eine einzige Welt. Ost und West müssen verschwinden; beide sind schizophren. Der Westen ist Rechtshänder, der Osten ist Linkshänder; der Westen ist aktiv, der Osten ist passiv; der Westen ist extrovertiert, der Osten ist introvertiert … Aber der Mensch ist beides zugleich – und jenseits von beidem.

      Wer ganzheitlich sein will, der muss sowohl extrovertiert wie introvertiert sein können. Um ganzheitlich zu sein, muss man sowohl ausatmen wie einatmen können. Man braucht das Einatmen ebenso wie das Ausatmen. Ja, sie sind nicht einmal zwei verschiedene Dinge; Ein- und Ausatmen bilden ein und denselben Vorgang.

      Der Westen hat die Außenwelt, die Materie gewählt, ist äußerst naturwissenschaftlich geworden, hat eine großartige Technik hervorgebracht; doch der Mensch wird von dieser Technik überrollt; der Mensch ist nicht mit ihr gewachsen. Der Mensch hinkt weit hinter ihr her. Seine Wissenschaft ist ihm längst über den Kopf gewachsen, und zurzeit beginnt die Wissenschaft, die der Mensch hervorgebracht hat, die Menschheit selbst zu vernichten.

      Die Innenwelt des Menschen ist im Westen verarmt, der Mensch ist im Westen spirituell ausgehungert. Und am entgegengesetzten Ende ist dem Osten dasselbe passiert: Dort hat der Mensch seinen Körper, seine Außenwelt völlig vernachlässigt. Der Osten hat darauf bestanden, dass du alles außerhalb von dir leugnen sollst, der greifbaren Welt entsagen und nur nach innen gehen, in deiner Mitte bleiben sollst. So ist der Osten zwar spirituell reich, aber materiell sehr arm und ausgehungert. Der Osten hat gelitten, der Westen hat gelitten.

      Meine Botschaft ist: Es wird höchste Zeit, Schluss zu machen mit dieser Spaltung in Äußeres und Inneres, in Niederes und Höheres, in Links und Rechts. Wir sollten Schluss machen mit dieser Spaltung zwischen Mann und Frau, zwischen Ost und West. Wir sollten dafür sorgen, dass der Mensch heil und ganz wird und seinen beiden Seiten gerecht wird.

      Aus diesem Grund wird man mich überall missverstehen. Der religiöse Mensch im Osten ist böse auf mich, weil er glaubt, ich würde den Materialismus lehren, und der religiöse Mensch im Westen ist böse auf mich, weil er glaubt, ich würde ein spirituelles Abrakadabra lehren. Alle sind böse auf mich! Aber das ist nur natürlich – ich kann es verstehen.

      Ich lehre den ganzen Menschen – von der untersten Sprosse der Leiter bis zu ihrer höchsten Sprosse, vom Sex bis zum samadhi, vom Körper bis zur Seele, von der Materie bis zu Gott.

      Mein Vertrauen ist unerschütterlich. Ich möchte euch sagen, dass der Mensch bisher noch nie Vertrauen gehabt hat – nicht einmal der östliche Mensch! Im Osten hat der Mensch an der Existenz der Welt gezweifelt; der Osten hat die Welt sogar illusorisch, maya, genannt. Im Westen hat der Mensch an der Existenz Gottes und der Seele gezweifelt; diese werden dort als krankhafte Halluzinationen angesehen. Wer durch und durch westlich denkt, dem kommt Jesus neurotisch, psychotisch vor, reif für die Psychiatrie. Der Osten hält den Westen für animalisch: „Wein, Weib und Gesang!“ – das ist in etwa das Bild, das sich der Osten vom Westen macht. Er glaubt, die einzige westliche Philosophie lautet: „Seid wie die Tiere – primitiv!“ Der Westen hat die Innenwelt angezweifelt, der Osten hat die Außenwelt angezweifelt. Beide haben im Zweifel gelebt und so ist ihr Vertrauen immer nur halbherzig geblieben.

      Mein Vertrauen ist absolut. Ich vertraue ins Äußere und ich vertraue ins Innere – weil das Äußere und das Innere zusammengehören. Sie sind nicht zu trennen. Es gibt keinen Gott ohne die Welt; es gibt keine Welt ohne Gott. Gott ist der innerste Kern dieser Welt. Der Saft, der in den Bäumen fließt, ist Gott; das Blut, das in deinem Körper kreist, ist Gott; das Bewusstsein, das in dir wohnt, ist Gott. Gott und die Welt sind genauso ineinander verwoben wie ein Tänzer und sein Tanz; sie sind nicht zu trennen, sie sind unzertrennlich. Also sage ich weder dass die Welt Illusion sei – das ist Unsinn, die Welt ist so wirklich wie das Bewusstsein; noch sage ich, dass die Innenwelt Neurose, Wahnsinn, Halluzination sei – das ist sie nicht; vielmehr ist sie das Fundament der Wirklichkeit.

      Ich lehre den ganzen Menschen. Ich bin weder Materialist noch Spiritualist. Mein Ansatz ist ganzheitlich – holistisch. Und der ganze Mensch kann nur eins sein – nämlich holy, heilig. Aus diesem Grund wird es überall nur Missverständnisse über mich geben, und jeder kann sich etwas herauspicken und Fehler bei mir finden, es ist sehr leicht: Der Spiritualist kann mich einen Epikuräer nennen, einen Anhänger von Charvaka, dem indischen Epikur – und damit hätte er nicht ganz unrecht, weil ich zur Hälfte epikuräisch bin. Ich finde an Epikur und Charvaka gut, dass sie den Körper und die Freuden des Körpers ehren und den Körper feiern, denn es gibt Grund genug, ihn zu feiern. Denn sobald man ihn verwirft, wird man ernst und traurig.

      Das ist auch der Grund, warum die Heiligen des Ostens so traurig und freudlos wirken. Sie reden zwar von Seligkeit, aber ihren Gesichtern ist nichts davon anzumerken. Sie sehen total unglücklich aus, sie wirken absolut tot – weil sie Angst vor der Außenwelt haben. Und wer vor der Außenwelt Angst hat, der wird sich vor der Liebe fürchten, denn die Liebe führt uns nach außen. Liebe bedeutet der Andere, Liebe bedeutet sich zu beziehen, Liebe bedeutet sich auf den Anderen einzulassen. Liebe bedeutet die Beziehung zwischen dem Ich und dem Du. Der Osten leugnet den anderen, folglich ist der Osten gegen die Liebe. Und wer gegen die Liebe ist, der wird nicht mehr tanzen können.

      Ohne Liebe gibt es keinen Tanz und keinen Gesang im Leben. Ohne Liebe gibt es keine Poesie. Das Leben wird stumpf, wird zur Last. Ohne Liebe kann man zwar leben, aber nur auf Sparflamme; es wird mehr ein Vegetieren sein.

      Und genau das ist mit der östlichen Spiritualität passiert. Geht in die Klöster, geht in die Ashrams … darum sieht mein Ashram so völlig anders aus – hier tanzen die Leute, singen, halten sich bei der Hand, umarmen sich, lieben sich, jubeln! So etwas ist für den Osten kein Ashram! Ein Ashram hat absolut freudlos zu sein; er sollte eher wie ein Friedhof als ein Garten aussehen. Aber sobald ihr nicht lieben dürft, hört alles in euch zu fließen auf und ihr stagniert. Ihr könnt nicht ohne Liebe feiern. Wie solltet ihr ohne Liebe feiern können? Und was gäbe es dann noch zu feiern? Und womit?

      Mulla Nasruddin sagte eines Tages zu mir: „Ich bin jetzt hundert Jahre alt! Gestern hab ich meinen hundertsten Geburtstag gefeiert. Und ich war in meinem ganzen Leben hinter keiner Frau her und hab nie getrunken. Ich habe nie Karten gespielt und kein Spielcasino besucht. Ich rauche nicht und lebe nur von einfacher, vegetarischer Kost.“

      Ich fragte: „Aber hast du nicht gesagt, du hättest deinen hundertsten Geburtstag gefeiert? Wie hast du gefeiert und womit? Und wozu überhaupt? Einfach nur hundert zu sein, ist doch noch keine Feier wert!“

      Wer nie geliebt hat, der hat nie gelebt. Darum ist die östliche Spiritualität auch so traurig, stumpf und tot. Der Heilige des Ostens ist ohne Saft und Kraft. Er fürchtet sich vor allem, was fließt, was schwingt, was pulsiert, was strömt und energetisch ist. Ständig muss er sich zusammenreißen, unterdrücken. Er sitzt auf einem Vulkan und ist auf der Hut. Er ist gegen sich selbst und gegen die Welt. Er wartet nur auf den Tod, er begeht langsamen Selbstmord.

      Der westliche Mensch hat von jeher geliebt – viel gelacht und getanzt und gesungen; aber der westliche Mensch hat darüber völlig vergessen, wer er ist. Er hat sein Bewusstsein aus dem Auge verloren, er bekommt nichts mehr mit. Weil er das Innere leugnet,


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