Butler Parker Staffel 11 – Kriminalroman. Günter Dönges
eine junge Frau, die auf den Wagen zuging, sich dann aber in einen Mi-nicooper setzte, der von Parkers Fahrzeug voll verdeckt wurde. Was kein Kunststück war, denn der Wagen des Butlers zeichnete sich durch kräftige Ausmaße aus.
Parker fuhr sofort an, bog in die nächste Seitenstraße und fädelte sich in den Verkehr einer Hauptstraße ein.
»Ob sie das gemerkt haben?« fragte Agatha Simpson erwartungsvoll nach vorn zu Parker.
»Wahrscheinlich nicht, Mylady«, gab der Butler zurück. »Zudem werden sie Miß Porter auf keinen Fall wiedererkennen. Ihre Maske dürfte etwaige Probleme in dieser Hinsicht leicht lösen.«
*
Cliff Caven und Paul Ratfield achteten überhaupt nicht auf das schlanke Mädchen im Hauskittel, das ein billiges Einkaufsnetz in der Hand hielt und ihnen folgte. Sie wären nie auf den Gedanken gekommen, daß sie es mit jener attraktiven jungen Frau zu tun hatten, die sich stets in der Begleitung der Lady befand.
Der junge Mann mit dem Wolfsgesicht und der ältere Mann, der wie eine stets verängstigte Spitzmaus aussah, gingen auf einen nahen Parkplatz zu, wo ihr angejahrter VW stand. Sie passierten ihn und ver-schwanden dann in einem billigen kleinen Hotel, in dem sie ganz offensichtlich wohnten.
Was auch den Tatsachen entsprach, wie Kathy Porter herausfand. Mit wenigen Mitteln, die sie stets mit sich führte, hatte sie sich in einen völlig anderen Menschen verwandelt. Erfahrungsgemäß wurde eine Haus-angestellte mit einem Einkaufsnetz in der Hand glatt übersehen. Eine Perücke vervollständigte die Verwand-lung und machte sie total.
Es dauerte nur knapp fünf Minuten, bis die beiden Männer wieder aus dem Hotel herauskamen. Der junge Mann mit dem Wolfsgesicht trug eine lange Segeltuchtasche, aus der oben die Spitze einer Angelrute heraus-ragte, der ältere Mann hielt eine Segeltuchtasche in der Hand, in die gut und gern eine Maschinenpistole ge-paßt hätte. Schweigend marschierten sie nebeneinander zurück zum Parkplatz und verstauten die Utensilien in dem VW. Bald darauf fuhren sie los.
Kathy Porter ging zurück zu Agatha Simpson und Butler Parker. Sie berichtete, was sie gesehen hatte.
»Was hat das zu bedeuten, Mister Parker?« verlangte die Detektivin zu wissen.
»Ich fürchte, Mylady, darauf vorerst keine Antwort geben zu können«, bedauerte der Butler. »Die beiden Herren sind die Unbekannten in diesem Spiel.«
»Kreaturen dieses Waters?«
»Dies, Mylady, erscheint mir ausgeschlossen.«
»Könnten sie mit diesem Ellis Kildare unter einer Decke stecken?«
»Die Möglichkeit sollte man auf keinen Fall ausschließen«, räumte Josuah Parker ein. »Vielleicht klären die Dinge sich von allein. Es könnte durchaus sein, daß sie dem Ferienhaus einen weiteren Besuch abstatten werden.«
Parker hielt sich nicht genau an die erlaubte Höchstgeschwindigkeit, als er seinen hochbeinigen Wagen zu-rück zum spitzgiebligen Fachwerkhaus lenkte. Die Straße dorthin schlängelte sich durch sanft hügeliges Ge-lände. So sehr Parker sich aber auch beeilte, der VW war weit und breit nicht zu entdecken. Er schien einen anderen Weg genommen zu haben.
Im Ferienhaus angekommen, bereitete der Butler erst mal den unvermeidlichen Tee, den er stilvoll servier-te. Danach begab er sich hinauf ins Dachzimmer und bemühte das Teleskop. Er verbrachte einige Zeit damit, das Castle und auch die nähere Umgebung des alten Gemäuers genau zu beobachten. Er suchte sehr gründ-lich die nahe gelegenen Klippen und Mulden ab.
»Hoffentlich bringen Sie gute Nachrichten?« erkundigte sich Agatha Simpson, als Parker in den großen Wohnraum zurückkehrte.
»Mylady werden zufrieden sein«, antwortete der Butler steif und würdevoll. »Das Schloß wird offen-sichtlich gelüftet. Es gibt kein Fenster, das nicht weit geöffnet ist.«
»Ihre Chemikalie scheint recht wirkungsvoll zu sein.« Lady Simpson lächelte schadenfroh.
»Ich möchte keineswegs übertreiben, Mylady«, entgegnete der Butler, »aber die Hersteller sind der An-sicht, daß selbst das oft zitierte Stinktier sich erschreckt zurückzieht, wenn es von den Düften dieser Chemi-kalie erreicht wird.«
»Sehr schade, Mister Parker, daß ich Waters jetzt nicht beobachten kann«, bedauerte Agatha Simpson. »Aber ich denke, ich werde ihn anrufen und mich nach seinem Befinden erkundigen.«
*
Stephan Waters litt deutlich unter Übelkeit und Brechreiz.
Die widerlichen Düfte hatten sich in dem Castle festgesetzt und hafteten wie zäher Leim an allen Wän-den. Schwefelwasserstoff, erfahrungsgemäß nach faulen Eiern riechend, war gegen diesen Geruch fast noch ein Parfüm.
Waters hatte sich auf die Plattform eines der kleinen Türmchen zurückgezogen und ließ sich von der fri-schen Seebrise auslüften. Ein Aufenthalt in den Schloßräumen war so gut wie unmöglich, obwohl sämtliche Fenster weit geöffnet waren.
Seine drei Jungprofis standen auf dem Wehrgang und schnappten ebenfalls nach frischer Luft. Auch sie sahen mitgenommen und bleich aus. Sie hatten sich wie ihr Chef häufig übergeben und verfluchten das alte Gemäuer, aus dem es vorerst kein Entrinnen gab.
Waters war, was seine Widerstandskraft anbetraf, knieweich geworden.
Da war ihm zuerst mal die Energieversorgung in die Luft gejagt worden. Dann hatte man ihn mit diesen teuflischen Knallen traktiert. Und jetzt dieser penetrante Gestank! Ganz zu schweigen von den Schüssen aus dem Hubschrauber. Er fühlte sich umstellt, belauert, auf der Abschußliste. Die Festung, die er für unein-nehmbar gehalten hatte, war brüchig geworden. Selbst dicke Mauern schützten nicht mehr vor List und Ein-fallsreichtum.
Waters zuckte zusammen, als der Wind ein wenig drehte und wieder den pestilenzartigen Gestank herauf auf die Plattform drückte. Der Mann hielt sich die Nase zu und kämpfte mit Übelkeit. Er hörte unter sich Stöhnen und schnelle Schritte.
Die drei Jungprofis waren von dem Gestank ebenfalls betroffen worden und wechselten schleunigst ihren Standort. Sie trabten im Schweinsgalopp zur anderen Seite der Umfassungsmauer.
Der ehemalige Gangsterchef kam zu dem Entschluß, sich wirklich mit dem Syndikat in Verbindung zu setzen. Schön, er war bereit, eine gewisse, nachträgliche Zahlung zu leisten, nur um endlich seine Ruhe zu haben.
Er pumpte sich noch mal voll mit halbwegs frischer Luft und wollte gerade die Mauerzinne verlassen, als dicht neben Ahm ein Geschoß aufschlug und als Querschläger davonzwitscherte.
Waters ging sofort in volle Deckung und verzichtete darauf, nach dem Schützen Ausschau zu halten. Der Trick und die Absicht waren ja klar. Zuerst hatte man ihn und seine Leibwächter ausgeräuchert und aus den schützenden Mauern getrieben. Und nun sollte er und seine Profis der Reihe nach abgeschossen wergen. Raffinierter ging es ja wohl nicht.
Waters kroch zur Treppe und begab sich notgedrungen hinunter in den Bereich der üblen Stinkstoffe. Er hatte gerade einen Verbindungskorridor erreicht, als er das Läuten des Telefons hörte.
Sich weiterhin die Nase zuhaltend, schwankte er durch den Gestank hinüber in den großen Raum und nahm den Hörer ab.
»Waters«, meldete er sich.
»Lady Simpson wünscht Sie zu sprechen«, hörte er die gemessene, kühle Stimme eines Mannes, die nur zu diesem verdammten Butler gehören konnte.
»Hören Sie, hören Sie genau zu, Parker«, schrie Waters aufgebracht. »Ich werde mit dem Syndikat ver-handeln, haben Sie mich verstanden? Stellen Sie die verdammte Schießerei ein! Ich werde verhandeln, haben Sie mich verstanden?«
»Lady Simpson«, gab Parker zurück, worauf die angeregte Stimme von Mylady zu hören war. »Wie geht es Ihnen? Sehen Sie jetzt endlich ein, Sie Flegel, daß man eine Agatha Simpson nicht unbestraft beleidigt?«
»Hören Sie, Mylady«, flehte Waters und würgte diskret. »Ich werde mit dem Syndikat verhandeln. Ich hab’ die Nase voll …!«
»Das kann