Die Kreuzritter. Henryk Sienkiewicz

Die Kreuzritter - Henryk Sienkiewicz


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die Pferde krepieren, die Kühe räudig werden, ihre Milch kann blutig kommen oder die Ernte kann schlecht ausfallen. Gar viele handeln so, wodurch sie schweren Verdacht auf sich laden. Und doch thun sie es nur aus Unwissenheit und aus Furcht vor den Teufeln. Ehemals war es jenen Teufeln wohl. Sie hatten ihren Forst und große Hütten, auch Pferde zum Reiten, und den Zehnten nahmen sie sich. Doch jetzt ist der Forst ausgehauen, zu essen ist nichts da – die Glocken in den Städten schlagen an, also muß sich der Unflat in den dichtesten Wald verkriechen und dort heult er vor Angst. Kommt nun ein Litauer in das Gehölz, so geschieht es häufig, daß ihn ein Teufel am Schafpelz zerrt und sagt: Gib her! Manche wagen nicht, sich zu widersetzen, wieder andere wollen den Teufeln nichts freiwillig überlassen und suchen sie zu fangen. Einer dieser wackeren Jungen schüttete gedörrte Erbsen in eine Ochsenblase, und sogleich fuhren dreizehn Teufel hinein. Da zog er die Blase zu, befestigte ein Holzpflöckchen daran und brachte sie zum Verkauf nach Wilna zu den Franziskanern, welche ihm gerne zwanzig Skotus dafür gaben, um die Feinde des Namens Christi aus dem Weg zu räumen. Ich selbst habe die Blase gesehen, aus der sich ein furchtbarer Gestank weithin verbreitet hat, denn auf diese Weise zeigen die bösen Geister ihre Furcht vor dem Weihwasser.«

       »Und wer hat berechnet, daß es ihrer dreizehn gewesen sind?« fragte der bedächtige Kaufmann Gamroth.

       »Das hat ein Litauer berechnet, welcher es mit ansah, wie sie in die Blase hineinkrochen. Daß sie sich darin befanden, darüber herrscht kein Zweifel, denn dies war an dem Gestank zu erkennen, und deshalb wollte niemand das Holzpflöckchen entfernen.«

       »Wie wunderlich ist dies, wie gar wunderlich!« rief einer der Edelleute.

       »Ich habe schon die größten Wunder gesehen, allein davon kann man nicht reden. Gute Leute sind die Litauer, aber auch recht sonderbare. Sie haben zottige Haare, und kaum die Fürsten kämmen sich, von gebratenen Rüben leben sie und ziehen diese allen andern Speisen vor, weil sie meinen, es mache kräftig und mutig. Bei ihnen in ihren Hütten sind auch Haustiere und Schlangen zu sehen, und im Essen und Trinken kennen diese Menschen kein Maß, die verehelichten Weiber werden mißachtet von ihnen, aber die Jungfrauen verehren sie und gestehen ihnen große Rechte zu.«

       »Ich kann es bestätigen,« fügte Zbyszko hier ein. »Und die meisten Mädchen sind schön. Oder,« fragte er, zu seinem Onkel gewendet, »ist Nyngalla vielleicht nicht schön?«

       »Wer ist denn diese Nyngalla?« erkundigte sich einer der Städter.

       »Wie? Habt Ihr noch nichts von Nyngalla gehört?« fragte Macko.

       »Noch kein Wort hörten wir von ihr!«

       »Wir sprechen ja von der Schwester des Fürsten Witold, der Gattin Henryks, des masovischen Fürsten.«

       »Welchen Fürsten Henryk meint Ihr? Es gab einen masovischen Fürsten dieses Namens, der Elektor von Plock war, aber er ist gestorben.«

       »Das ist eben derselbe. Er wurde durch den Tod abgerufen, weil sein Leben offenbar Gott nicht wohlgefällig war. Denn obwohl er die geistliche Würde bekleidete, schloß er doch eine unrechtmäßige Ehe mit Nyngalla. ›Ich gebe mir selbst den Dispens; der Papst, wenn nicht der von Rom, so doch der von Avignon, wird ihn sicherlich bestätigen,‹ soll er gesagt haben. Der Zorn Gottes war groß, aber Witold konnte sich nicht widersetzen – und die Vermählung ward gefeiert, zum großen Kummer meines Zbyszko hier, welcher selbst, nach deutscher Sitte, die Fürstin Ryngalla zur Herrin seines Herzens erwählt und ihr ewige Treue gelobt hatte ...«

       »Fürwahr,« warf Zbyszko plötzlich ein, »das ist richtig! Und später hörten wir von den Leuten, daß die Fürstin Ryngalla, nachdem sie eingesehen hatte, daß es sich nicht für sie gezieme, mit dem Elektor zu leben, weil er trotz seiner Vermählung doch nicht auf seine Würde verzichten wollte, und daß über solcher Ehe der göttliche Segen nicht walten könne, ihren Gatten vergiftet habe. Auf diese Kunde hin bat ich einen heiligen Einsiedler in der Nähe Lublins, mein Gelübde zu lösen.«

       »Ein Einsiedler war es wohl«, bemerkte Macko lachend, »doch ob es ein heiliger gewesen ist, weiß ich nicht, denn wir überraschten ihn an einem Freitag im Walde, als er die Knochen eines Bären mit dem Beile spaltete und das Mark aussaugte, bis es ihm in der Kehle stecken blieb.«

       »Aber er sagte, Mark sei kein Fleisch, und außerdem habe er sich die Erlaubnis erbeten, Mark zu genießen, weil er dann des Nachts immer wunderbare Traumgesichte habe und vom folgenden Morgen an bis zum Mittag prophezeien könne.«

       »Na! Na!« versetzte Macko. »Und die schöne Ryngalla ist Witwe und braucht Dich vielleicht in ihrem Dienst.«

       »Umsonst würde sie ausschicken, denn ich wähle mir selbst eine andere Herrin, der ich bis zum Tode dienen werde, und später werde ich mir auch eine Gattin gewinnen.«

       »Den Rittergürtel wirst Du Dir zuerst gewinnen.«

       »Nun ja! Nach der Entbindung der Königin werden doch gewiß Turniere stattfinden? Und da wird der König manchen zum Ritter schlagen. Ich stelle mich jedem. Der Fürst würde mich nimmer aus dem Sattel gehoben haben, wenn mein Pferd sich nicht auf die Hinterbeine gesetzt hätte.«

       »Es werden aber bessere dort sein als Du.«

       Hier riefen die Landleute aus der Gegend von Krakau: »Bei Gott! Vor der Königin werden sich solche wie Du nicht herauswagen können, wohl aber Ritter, die in der ganzen Welt berühmt sind. Wie kannst Du Dich mit Leuten messen, mit denen sich weder hier, noch am böhmischen noch am ungarischen Hofe jemand messen kann? Was ist das für ein Gerede? Bist Du denn besser als sie? Und wie alt bist Du denn?«

       »Achtzehn Jahre!« antwortete Zbyszko.

       »Dann kann Dich ja jeder zwischen den Fingern zermalmen.«

       »Wir werden sehen!«

       Doch Macko warf hier ein: »Ich habe gehört, daß der König die Ritter reichlich belohne, welche aus dem litauischen Kriege zurückkehren. Sagt an, die Ihr von Krakau kommt, ist dies wahr?«

       »Bei Gott, es ist wahr!« entgegnete einer der Edelleute. »Auch ist die Freigebigkeit des Königs in der ganzen Welt bekannt. Aber in seine Nähe zu gelangen, ist nicht leicht, da es in der Stadt von Gästen wimmeln wird, welche wegen der Entbindung der Königin und der Taufe kommen, um dadurch unsern Herrn zu ehren oder ihm Huldigung darzubringen. Der ungarische König wird dort sein, auch der römische Cäsar, wie man sagt, und verschiedene Fürsten, Wojwoden und Ritter werden erscheinen, weil jeder denkt, daß er nicht mit leeren Händen weggehen wird. Man spricht sogar davon, daß selbst der Papst Bonifazius komme, da er der Gunst und Hilfe unseres Herrn gegen seinen Feind in Avignon bedürfe. Bei dem Andrange wird man nicht leicht Zutritt zum König bekommen, aber wem es dennoch gelingt, Zutritt zu erlangen und wer einen Kniefall vor dem Herrn macht, der wird seiner Verdienste wegen reichlich belohnt werden.«

       »Dann will ich den Kniefall thun, denn auch ich habe mir schon Verdienste erworben, und wenn der Krieg ausbricht, ziehe ich mit. Kriegsbeute ist mir wohl zu teil geworden, und vom Fürsten Witold erhielt ich Vergütung, Not leide ich also nicht, aber der Abend meines Lebens naht schon heran, und im Alter, wenn die Knochen mürbe werden, hat der Mensch doch gerne einen friedlichen Winkel.«

       »Gerne sah der König stets die, welche unter Jasko aus Olesnica von Litauen zurückgekehrt sind – und sie alle bekommen satt zu essen.«

       »Da seht Ihr's! Ich bin aber jetzt erst aus dem Krieg zurückgekehrt. Ihr müßt nämlich wissen, daß die Deutschen den Frieden zwischen dem König und dem Fürsten Witold büßen mußten. Der schlaue Fürst sicherte sich seine Geiseln, und dann ging es los auf die Kreuzritter! Schlösser wurden zerstört, verbrannt, die Ritter aufs Haupt geschlagen und ein großer Teil des Volkes ausgerottet. Mit Swidrygiello zugleich, der zu ihnen geflohen war, wollten sich nun die Deutschen rächen. So kam es wieder zu einem großen Kriegszug. Selbst der Meister Kondrad eilte


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