Total Compensation. Frank Maschmann
BGH 6.4.1964, II ZR 75/62, NJW 1964, 1367; 16.1.1995, II ZR 290/93, BB 1995, 536; Meier, NZA 2011, 267, 269.
II. Zuständigkeit für die Regelung der Vergütung
1. Zuständigkeit in der GmbH und Disposivität
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Obwohl im GmbH-Gesetz nicht explizit geregelt, ist es einhellige Meinung, dass mangels anderweitiger Regelung oder mitbestimmungsrechtlicher Besonderheiten – etwa nach dem MitbestG – nur die Gesellschafterversammlung sowohl für die Bestellung des Geschäftsführers als Organ der GmbH als auch für den Abschluss des Anstellungsvertrags und damit für die Vergütungsabrede mit dem Geschäftsführer zuständig ist. Abgeleitet wird dies aus einer Annexkompetenz zur Bestellungszuständigkeit der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 5 GmbHG.29
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Die Gesellschafterversammlung entscheidet über den Abschluss des Anstellungsvertrags und die Vergütungsregelung durch Gesellschafterbeschluss.30 Der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer unterliegt dabei nach allgemeiner Auffassung keinem Stimmverbot nach § 47 Abs. 4 GmbHG.31 Dieser Gesellschafterbeschluss ist zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit des Anstellungsvertrags und unterliegt hinsichtlich seiner Wirksamkeitsvoraussetzungen den allgemeinen Anforderungen an Beschlussfassungen der Gesellschafterversammlung. Ein Anstellungsvertrag, der ohne zugrunde liegenden Gesellschafterbeschluss oder aufgrund eines Beschlusses abgeschlossen wird, der infolge einer Anfechtungsklage nach § 241 Nr. 5 AktG analog für nichtig erklärt wurde, sowie ein von einem nicht zuständigen Organ – etwa einem Mitgeschäftsführer oder einem einzelnen Gesellschafter – abgeschlossener Anstellungsvertrag ist nicht wirksam. Er kann damit keine Grundlage für einen Vergütungsanspruch des Geschäftsführers sein. Ob dem Geschäftsführer trotz des nicht wirksamen Anstellungsvertrags gleichwohl ein Vergütungsanspruch zusteht, richtet sich dann nach den oben (s. Rn. 16 f.) dargestellten Grundsätzen zur Vergütung des faktischen Geschäftsführers.
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In der Praxis kommt es jedoch häufig vor, dass der Geschäftsführer trotz Fehlens des erforderlichen Gesellschafterbeschlusses die Geschäfte der Gesellschaft führt. In diesen Fällen wird meist darüber gestritten, ob die Gesellschafterversammlung den unwirksamen Vertrag durch Entgegennahme bzw. Dulden der Tätigkeit des Geschäftsführers genehmigt hat mit der Folge, dass dieser rückwirkend – ex tunc – wirksam wird und dem Geschäftsführer ein Vergütungsanspruch zusteht.
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Nach der Rechtsprechung kann ein z.B. mangels Gesellschafterbeschlusses nicht wirksam zustande gekommener Anstellungsvertrag durch nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) der Gesellschafter gemäß §§ 184, 182 BGB genehmigt werden.32 Die Zustimmung kann nach der Rechtsprechung auch konkludent erfolgen, etwa wenn der Zustimmungsberechtigte das Rechtsgeschäft als gültig behandelt und das Verhalten des Zustimmungsberechtigten dem Erklärungsempfänger als Zustimmung erkennbar ist.33 Nach der Rechtsprechung des OLG Stuttgart genügt dafür die unwidersprochene Entgegennahme der Dienste des Geschäftsführers und eine stillschweigende Zustimmung der Gesellschafter; ein Gesellschafterbeschluss sei dafür nicht erforderlich, weil die Genehmigung nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form bedürfe (§ 182 Abs. 2 BGB). Diese Rechtsprechung ist indes zu weit und mit dem Kammergericht einzuschränken. Voraussetzung für eine konkludente Genehmigung des Anstellungsvertrags ist nämlich, dass der Genehmigende die Unwirksamkeit des Vertrags kennt oder zumindest mit ihr rechnet, und darüber hinaus in seinem Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bis dahin unverbindliche Geschäft verbindlich zu machen.34 Fehlt dieses Bewusstsein aber, was regelmäßig der Fall ist, kann eine Genehmigung nur dann angenommen werden, wenn der Betroffene bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung als genehmigende Willenserklärung aufgefasst werden konnte; der Empfänger der Erklärung muss sie tatsächlich auch in diesem Sinne verstanden haben.35 Auch das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn der Anstellungsvertrag unerkannt unwirksam ist. Daneben ist fraglich, ob die Vorschrift des § 182 Abs. 2 BGB, die nur die Form und nicht die Zuständigkeit für die Abgabe einer Willenserklärung betrifft, einen nach § 46 Nr. 5 GmbHG erforderlichen Gesellschafterbeschluss entbehrlich machen kann.36 Richtigerweise wird man – außerhalb der Einmann-GmbH – anzunehmen haben, dass in der Duldung der Geschäftsführertätigkeit zwar keine Genehmigungserklärung zu sehen ist, die Gesellschaft in diesen Fällen die Möglichkeit zur Berufung auf die Unwirksamkeit des Anstellungsvertrags indes verwirkt. An dem Vergütungsanspruch des Geschäftsführers ändert dies freilich nichts.
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Die Kompetenz der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 5 GmbHG zur Bestellung und als Annex auch die Kompetenz zum Abschluss des Anstellungsvertrags sind indes nicht zwingend und können von der Gesellschafterversammlung auf Dritte übertragen werden.37 In Betracht kommen in der Praxis etwa der Beirat oder ein fakultativer Aufsichtsrat. Insbesondere in Gesellschaften mit verschiedenen Gesellschafterlagern oder -stämmen kommt es häufig vor, dass jedes Lager bzw. jeder Stamm ein gesellschaftsvertragliches Sonderrecht hat, einen „eigenen“ Geschäftsführer zu bestellen oder zumindest einen Geschäftsführer zu benennen, der dann zwingend von der Gesellschafterversammlung zu bestellen ist.38 In diesen Fällen kann Streit darüber entstehen, ob der oder die zur Bestellung oder zur Benennung berechtigte(n) Gesellschafter auch für den Abschluss des Anstellungsvertrags mit dem Auserwählten zuständig sind. Richtigerweise wird man hier mit Blick auf die Annexkompetenz des Bestellungsorgans zwischen Bestellungs- und Benennungsrecht unterscheiden müssen: Im Falle des Bestellungsrechts ist der zur Bestellung ermächtigte Gesellschafter auch für den Abschluss des Anstellungsvertrags zuständig.39 Die Vergütung hat sich in diesen Fällen als Ausfluss der Treuepflicht des Gesellschafters40 aber in einem angemessenen Rahmen zu bewegen, für den die Vergütung der übrigen Geschäftsführer – soweit vorhanden – ein tauglicher Anhaltspunkt sein wird.
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Dürfen der oder die Gesellschafter demgegenüber nur der Gesellschafterversammlung einen Geschäftsführer benennen, bleibt die Gesellschafterversammlung selbst auch für den Abschluss des Anstellungsvertrags das zuständige Organ.41
2. Zuständigkeit in der nach MitbestG mitbestimmten GmbH
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Beschäftigt eine GmbH mehr als 2.000 Mitarbeiter im Inland, hat diese nach §§ 1 Abs. 1, 7 MitbestG einen zur Hälfte mit Arbeitnehmern besetzten Aufsichtsrat zu errichten. In paritätisch mitbestimmten GmbHs ist nur42 der Aufsichtsrat für den Abschluss des Anstellungsvertrags mit dem Geschäftsführer zuständig. Zwar regelt § 31 Abs. 1 MitbestG – wie § 46 Nr. 5 GmbHG für die nicht mitbestimmte GmbH – nur die Kompetenz zur Organbestellung. Auch dort ist es aber allgemeine Meinung, dass diese Bestellungskompetenz als Annex auch die Kompetenz zum Abschluss des Anstellungsvertrags mit dem Geschäftsführer in sich trägt.43
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Das am 5.8.2009 in Kraft getretene Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) hat für Aktiengesellschaften weit reichende Folgen nach sich gezogen, nicht zuletzt bei der Frage, in welcher Zusammensetzung der Aufsichtsrat in der AG über die Frage der Vergütung zu beschließen hat. Vor Inkrafttreten der Neuregelung war es gängige Praxis, dass der Aufsichtsrat Personalentscheidungen und damit einhergehend auch die Vergütungsfragen auf einen Ausschuss, meist den Personal- oder Präsidialausschuss, delegierte. Nach der mit dem VorstAG erfolgten Ergänzung des § 107 AktG um das Verbot der Delegation der Aufgaben nach § 87 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1 und 2 AktG in § 107 Abs. 3 Satz 4 AktG ist die Festlegung der Vergütung – nicht der Anstellungsvertrag in Gänze44 – abschließende Aufgabe des Plenums des Aufsichtsrats.
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