Was ich dir zeigen kann .... Lauren Gallagher M.

Was ich dir zeigen kann ... - Lauren Gallagher M.


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Trottel, hatten all ihre Augen gesagt.

      Ich gebe auf.

      Außer in eine andere Stadt zu ziehen, gab es nicht viel, was sie tun konnte, um dieses Stigma loszuwerden. Das tat sie aber nicht. Das würde bedeuten, ihren Sohn von seinem Vater wegzuzerren. Sie müsste nur geduldig sein und hoffen, dass die Menschen die Umstände, unter denen ihr Sohn entstanden war, endlich überwinden konnten. Es war nicht seine Schuld. Alyssa konnte es nicht ändern. Verdammt, wenn sie es sie nur vergessen lassen würden.

      Und plötzlich war Alyssa nicht mehr in der Stimmung zu feiern.

      Chris gestikulierte zur Bar. »Kann ich dir noch einen Drink ausgeben?«

      Oh, es war verlockend. Alkohol verschaffte einem die Möglichkeit, die Vergangenheit wenigstens für ein paar Minuten auszulöschen. Aber heute Abend hatte sie das Gefühl, dass es sie einfach deprimieren würde, und sie wollte nicht diese Brautjungfer sein, die am großen Tag ihrer Schwester in den Kuchen schluchzte. Vor allem nicht, wenn ein paar Leute anwesend waren, die sie gerne daran erinnern würden, dass sie sich das selbst zuzuschreiben hatte.

      »Eigentlich …« Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich werde ein wenig seekrank. Ich gehe für ein paar Minuten nach draußen.«

      Er hob die Augenbrauen an. »Alles in Ordnung?«

      »Ja, ja. Nur …« Sie gestikulierte nach draußen. »Ich war schon lange nicht mehr auf einem Boot. Ein wenig Luft, und es geht mir wieder gut.«

      »Okay. Nun, es war schön, dich zu sehen.«

      Mit einem erzwungenen Lächeln sagte sie: »Es war auch schön, dich zu sehen.«

      Sie ließ ihn allein, damit er sich unter die anderen Gäste mischen konnte, und trat hinaus. Das Boot schaukelte noch ein wenig und sie dachte, zur Hölle mit dem Risiko eines gebrochenen Knöchels – die Schuhe werden ausgezogen! Und wenn ihre Nylons Laufmaschen bekamen oder schmutzig wurden … egal.

      Als ihre Füße auf das kühle, metallene Deck trafen, seufzte sie und lächelte vor sich hin. Die stumpfen Schmerzen in ihren Knöcheln würden irgendwann verblassen und sie bekam langsam wieder Gefühl in ihren Zehen. Viel besser.

      Mit den Schuhen in der Hand ging sie weiter hinaus auf das Deck. Fast jeder war nach drinnen gegangen – jemand musste wohl die Nachricht über den kostenlosen Alkohol verbreitet haben –, also war sie so ziemlich allein. Für einen Moment lehnte sie sich an das Geländer und ließ den Wind mit ihren Haarsträhnen spielen, die nicht oben geblieben waren, wo sie hingehörten. Sie bezweifelte aber, dass sie sehr lange hier bleiben würde. Sie war zu unruhig, um stehen zu bleiben. Zu aufgewühlt. Gereizt.

      Alyssa warf einen vorsichtigen Blick über ihre Schulter und suchte das leere Deck nach jedem ab, der ihr gefolgt sein könnte, um ihr einen missbilligenden Blick zuzuwerfen. Zum Teufel, sollten sie doch schauen.

      Kein Wunder, dass sie immer ernsthaft darüber nachdachte, soziale Verpflichtungen sausen zu lassen, wenn jemand dabei war, den sie in den letzten Jahren nicht getroffen hatte. Sie hatte schon genug Schlaf über die Fehler verloren, die sie gemacht hatte – das Letzte, was sie brauchte, waren selbstgerechte Arschlöcher, die meinten, dass sie ein gottverdammtes Stigma mit sich trug, wenn sie auch nur die gleiche Luft wie ein Mann atmete.

      Sie blickte zurück auf die Party, die drinnen stattfand – auf die Menschen, die tanzten und lachten –, und ein Schauer überkam sie. Es war dreieinhalb Jahre her, dass die Wahrheit herausgekommen war. Dreieinhalb lange, einsame Jahre. Wie viele noch, bevor die Menschen, die es wussten, nicht das Bedürfnis verspürten, Männer von ihr fernzuhalten?

      Sie grummelte vor sich hin und schob sich vom Geländer weg.

      Ihre Unruhe gewann die Oberhand, also fing sie an, weiter zu spazieren. Es musste irgendwo auf diesem verdammten Boot einen Ort geben, wo sie sich bewegen, etwas Luft schnappen und einfach für eine Weile entkommen konnte.

      Sie folgte der Gangway vom Deck zur Seite der Kabine, wo es schmaler wurde und zum anderen Ende des Bootes führte.

      Und dann hielt sie mit einem Mal inne.

      Da war er.

      Sie blieb so abrupt stehen, dass sie fast wieder stolperte, und starrte ihn an. Und zum zweiten Mal heute war sie wirklich überrascht, ihn ohne eine Zigarette zwischen seinen Lippen zu sehen. Stattdessen hatte er beide Hände auf das Geländer gelegt und die Augen geschlossen, während der Wind mit seinen Haaren spielte.

      Verschwinde von hier. Zurück zur Party. Geh. Jetzt!

      Aber ihre Beine gehorchten nicht.

      Und dann drehte er seinen Kopf.

      Er richtete sich auf, als hätte sie ihn erschreckt. »Oh. Hey.«

      »Hey.« Ihre Beine waren anscheinend noch gut für etwas, da sie sich auf ihn zu bewegte. »Du verpasst die Party.«

      Er kicherte, drehte sich zu ihr um und legte seinen Ellbogen auf das Geländer. »Du auch.«

      Oh, ich verpasse im Moment nichts Wichtiges.

      Sie zuckte mit den Schultern. »War man auf einer Hochzeit, war man auf allen.«

      Shane warf seinen Kopf zurück und lachte. »Das ist wohl wahr.« Er deutete auf ihre Hand. »Hast du die Selbstmordabsätze aufgegeben?«

      Sie blickte auf die Schuhe, die an ihren Fingern baumelten. »Machst du Witze? Ich kann darin laufen, aber nicht auf einem Boot.«

      Er verzog das Gesicht. »Ich weiß nicht, wie die überhaupt jemand tragen kann. Hier draußen?« Er deutete auf das Wasser und schüttelte den Kopf. »Das scheint mir sehr schmerzvoll zu sein.«

      »Du hast ja keine Ahnung. Und ich bin es leid, jedes Mal, wenn das Boot schaukelt, überall hinzufallen. Ich schwöre, ich habe immer noch Seemannsbeine.« Sie hielt ihre hohen Absätze hoch. »Die verdammten Schuhe haben versucht, mich umzubringen.«

      Er hob eine Augenbraue. » Seemannsbeine?«

      »Ja. Du weißt schon, in der Lage zu sein …«

      »Ja, ich weiß, was das ist«, sagte er und kicherte. »Ich nehme an, du hast also eine ganze Menge Zeit auf dem Wasser verbracht?«

      Alyssa nickte. »Acht Jahre bei der Marine.«

      »Wirklich?« Er legte seinen Ellbogen auf das Geländer. »Das muss eine interessante Karriere gewesen sein.«

      »Nicht interessant genug, um länger als 8 Jahre zu bleiben, aber dort hatte ich die Chance, erwachsen zu werden, bevor ich es allein tun musste.«

      Shane lachte trocken und verlagerte seinen Blick auf das Wasser. »Es gäbe viel weniger Probleme auf dieser Welt, wenn mehr Kinder diesen Weg gehen würden.«

      »Ich weiß nicht. Du hast einige der Jungs auf meinem letzten Schiff nicht gesehen.«

      »Nein.« Er wandte sich ihr wieder zu, ein seltsamer Ausdruck – irgendwo zwischen amüsiert, traurig und geheimnisvoll –, und blickte ernst. »Aber ich habe viele der Idioten gesehen, die es nicht mal so weit geschafft haben.«

      »Gutes Argument.« Sie lehnte sich an das Geländer und ließ ihre Schultern ein wenig hängen. Sobald sie sich entspannt hatte, rutschte ihr einer der Träger von ihrem Kleid über den Arm. Sie griff danach, aber Shane war schneller.

      Er legte seinen Finger unter den Träger, zog ihn wieder nach oben und strich dabei mit seinem Fingerrücken über ihre Haut. Als sich der Träger auf ihre Schulter legte und er seine Hand zurückzog, überkam sie ein Schauer bis hinunter zu ihren Zehen.

      »Äh …« Sie schluckte und legte ihre Arme wieder auf das Geländer, nachdem seine kurze, zarte Berührung ihr Gleichgewicht durcheinander gebracht hatte. »Danke.«

      »Nicht der Rede wert.«

      Sie blickte zu ihm auf und erkannte, wie viel größer er war, wenn ihre hohen Absätze den Unterschied nicht ausglichen.

      Er neigte seinen Kopf zur Seite und runzelte


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