DreamLust | 12 Erotische Stories. Kira Page
getan. Es gab keine Notiz in ihrem Briefkasten, keine Nachricht an ihrer Wohnungstür. Dieses Nichts war für Stacey eine eindeutige Botschaft: »Du interessierst mich nicht, Kleines.« In seiner Welt kam sie wahrscheinlich überhaupt nicht vor. Sie war allerhöchstens die kleine Miss Green, der er nebenbei im Treppenhaus zuzwinkerte, wenn er zu einer seiner Gespielinnen unterwegs war. Er war nicht einmal höflich genug, um sein Versprechen einzulösen.
Objektiv betrachtet war das natürlich völlig egal. Genaugenommen ärgerte sich Stacey weniger über Kenneth gebrochenes Versprechen, als vielmehr darüber, dass sie über ihn nachdachte und sich über ihn ärgerte. Am besten wäre es, die Geschichte einfach zu vergessen. Er konnte ihr gestohlen bleiben!
Die Ampel sprang auf Grün und Stacey fuhr an.
Der Verkehr floss zäh und stockend. In Chicago wollte man auf Partys oder in Tanzclubs. Es war bald Mitternacht und alle hatten etwas vor – die meisten vermutlich etwas Besseres als sie.
Inzwischen war sie schon eine gute halbe Stunde unterwegs. Trotzdem hatte sie nicht einmal den halben Nachhauseweg hinter sich gebracht. Und wieder eine rote Ampel! Stacey bremste und sah aus dem Fenster. Unweit von ihr stieg eben ein großer Mann aus seiner schwarzen Limousine. Es war Kenneth!
Ein Schalter legte sich in ihr um. Sie handelte, ohne nachzudenken. Als die Autos vor ihr anfuhren, zog sie nach rechts und stieß in eine Parklücke. Sie stieg aus und lief Kenneth nach. Ihr Nachbar schlenderte den Bürgersteig entlang. Seine Kleidung war wieder einmal komplett schwarz gehalten. Er passierte ein paar Restaurants und Kneipen, vor denen Menschen standen, um zu rauchen. Dann bog er in eine kleine Gasse ein. Stacey blieb stehen und beobachtete, wie Kenneth die Gasse entlangging. Sie war nur schwach beleuchtet, sodass sie den Mann in Schwarz bald nur noch schemenhaft erkennen konnte. Dicht vor einer Häuserwand blieb er stehen. Er schien einen Arm auszustrecken. Dann war er verschwunden. Dort musste eine Tür sein.
Stacey setzte ihre Verfolgung fort. Sie lief bis zu der Stelle, an der sich Kenneth ihrem Blick entzogen hatte. Tatsächlich: Da war eine Tür. Direkt daneben befand sich eine kleine Tastatur an der Wand. Ein Zahlenschloss, schlussfolgerte Stacey.
Plötzlich fiel ihr der kleine Zettel ein, den sie im Treppenhaus gefunden hatte. Sie kramte in ihrer Handtasche und fand ihn. Im schwachen Licht war es schwierig, die Zahlenkolonnen zu erkennen. Ihre Augen brauchten eine Weile, bis sie die Ziffernfolgen durchgegangen waren.
Ihr war immer noch nicht klar, warum sie ihrem Nachbarn nachgegangen war. Auch nicht, warum sie jetzt anfing, eine der beiden Zahlenkolonnen, die nicht durchgestrichen waren, in die Tastatur einzutippen ...
Ein kurzes mechanisches Knacken war zu hören und Stacey konnte die Tür aufdrücken. Warmes, angenehmes Licht flutete ihr entgegen. Sie betrat einen Raum, der wie die verkleinerte Lobby eines modernen Luxushotels wirkte. Der Boden war aus weißem Marmor. An den Wänden aus rauem Beton waren Leuchtröhren eingelassen, die von der Decke bis zum Boden reichten. Gegenüber der Tür, durch die Stacey hereingekommen war, stand eine junge Frau hinter einem Tresen aus mattem Glas. Sie trug ein dunkles Kostüm. Einige Meter rechts von dem Tresen ging ein Flur ab.
Stacey schaute zu der Frau, die sie freundlich, beinahe aufmunternd ansah.
»Guten Abend, Madam«, sagte die junge Frau, als Stacey vor ihr stand. Sie hatte einen leichten Akzent, den Stacey nicht zuordnen konnte. »Schön, dass Sie hier sind. Haben Sie einen speziellen Wunsch, was Ihr Kostüm angeht?«
»Mein Kostüm?«
»Ja, Madam. Ich meine Ihre Maske.«
»Ach natürlich«, sagte Stacey, als ob sie genau wusste, wovon die Rede war. »Meine Maske. Nun ...«
»Ich würde Ihnen Weiß ans Herz legen. Sie haben diesen schönen roten Lippenstift aufgelegt – da passt Weiß sehr gut.«
»Okay.«
Die Frau griff unter den Tresen und zog eine weiße Halbmaske hervor, wie Stacey sie auf Fotos vom Karneval in Venedig gesehen hatte. Sie bedeckte Augen und Nase und war am Rand mit kleinen weißen Federn geschmückt.
Stacey nahm sie, drehte sie einen Moment lang unschlüssig in ihren Fingern, setzte sie dann aber rasch auf. Die Maske hatte zwei Riemen, die sie fest anliegen ließen.
»Einen wunderschönen Abend, Madam«, sagte die Frau.
Stacey nickte und ging auf den Flur zu. Nach ein paar Metern führte er nach rechts. Stacey stand wieder vor einer Tür. Dahinter ging der Flur weiter. Auf der linken Seite war ein Vorhang zu sehen. Ihre Schritte stockten, als sie hörte, dass Stimmen und Stöhnen hinter dem Vorhang hervordrangen.
Langsam ging sie vorwärts, ergriff den Vorhang und zog ihn vorsichtig ein kleines Stück zur Seite.
Vor ihr tat sich ein großer Saal auf. Staceys Blick fuhr über zwei, drei Dutzend nackte Körper, die Dinge miteinander taten, die sie unmöglich tatsächlich tun konnten!
Sofort ließ sie den Vorhang fallen und taumelte ein paar Schritte rückwärts. Ihr Verstand prüfte, ob das, was sie gerade gesehen hatte, Einbildung war.
Nein, das war es nicht. Das passierte wirklich! In dem Saal lief eine Orgie ab – und alles, was zwischen dieser Orgie und Stacey lag, war dieser Vorhang.
Oh Gott, was habe ich hier bloß zu suchen?, dachte sie.
Langsam ging sie wieder vorwärts und riskierte einen weiteren Blick. Sie sah jetzt genauer hin. Es mussten an die drei Dutzend Menschen im Raum sein, Männer und Frauen. Kaum einer von ihnen trug mehr an sich, als eine jener venezianischen Masken. Sie standen, lagen und saßen, nackt wie sie waren, als Paare oder in kleinen Grüppchen, und schleuderten Staceys Sinne so viel Sex entgegen, dass ihr schwindelig davon wurde.
Ihr Blick begann, hin und her zuspringen. Er konnte sich nirgends lange aufhalten.
Kaum drei Meter von sich entfernt, entdeckte Stacey eine Frau mit einer roten Maske. Die Frau hatte sich mit weit gespreizten Beinen auf eins der flachen Betten gelegt, die im Raum standen. Um sie herum hatte sich ein Zirkel aus drei Männern zusammengefunden. Abwechselnd ließen sie ihre Hände und Gesichter in den Schoß der Liegenden tauchen. Bei jeder Berührung rieb sich die Frau lustvoll auf dem Bett und stöhnte.
Nicht weit davon entfernt, etwas links von Stacey, liebte sich ein farbiges Paar. Die beiden waren so eng ineinander verschlungen, dass sie wie ein einziger glänzender dunkler Körper wirkten.
Kaum war Staceys Blick über die beiden hinweggeglitten, entdeckte sie einen Mann, der auf einem Sessel saß. Sein Gesicht war hinter einer gelben Maske verborgen. Augenscheinlich beobachtete er die beiden Farbigen von seinem Platz aus, während ihn eine Frau, die eine Corsage trug, mit ihrem Mund zu verwöhnen schien.
Im Zentrum des Saales gab es ein Paar, das Staceys Aufmerksamkeit einige Zeit an sich band. Ein Mann mit schwarzer Maske saß auf einem Sessel. Gerade als Stacey hinsah, kletterte eine äußerst zierliche, feingliedrige Frau mit einer goldenen Maske auf ihn. Sein Kopf beugte sich zwischen die kleinen, festen Brüste der Frau und er saugte an ihren Nippeln. Gleichzeitig senkte sich die kleine Frau und ließ sein enormes Glied in sich stechen.
Stacey spürte ein banges Gefühl in sich aufsteigen – nicht nur aus Scham, sondern überhaupt hier zu sein und zuzusehen. Die Frau wirkte viel zu zierlich für diesen wilden Männerkörper und die Grobheit seiner Proportionen. Es war unglaublich, dass sie damit fertig wurde, und ein Wunder, dass ihr das gefiel, denn daran ließen ihr Wimmern und Stöhnen keinen Zweifel aufkommen. Dazwischen drangen einzelne hektische Worte und Satzfetzen aus ihr, wie: »Ja ... Fick mich ... Geil ... So geil ... Gut ...«
Der Mann gab während all dem keinen Ton von sich. Er war wie ein stummer, mächtiger Koloss aus Muskeln und Fleisch, der eine Elfe in den Händen hielt, um ein wenig mit ihr zu spielen. Im schummrigen warmen Licht wirkte sein Körper dunkelbraun und glänzend. Seine Haut spannte sich straff über seinen Muskeln.
Stacey spürte, dass ihre Lust sie zwischen den Beinen nass zu machen begann. Alles in ihr war in Aufruhr. Sie wollte gleichzeitig weglaufen und sich in die Ekstase im Raum hineinfallen lassen, sich in Luft auflösen.