Der Dämon und das Bauernmädchen | Erotischer Roman. Doris E. M. Bulenda
ernst meinte. Man wusste von Agnes, dass sie ausführte, was sie angedrohte. Sie war von Anfang an ein willensstarkes und stures Kind gewesen.
Als ihr Vater sie später wegen des Vorfalls zur Rede gestellt hatte, war ihre einzige Antwort gewesen: »Ein starkes, gutes Arbeitspferd ist hundertmal mehr wert als ein schlechter Knecht. Einen faulen, arbeitsscheuen Kerl wie den gibt‘s überall, aber ein Pferd wie die Liesl nicht.« Damit hatte sie sich umgedreht und war gegangen.
Insgeheim stimmte der Bauer ihr zu wie der Rest des Hofes und des Dorfes auch. So hatte man den Knecht entlassen, einen neuen geholt und Agnes hatte sich für immer Respekt verschafft.
Bauer und Bäuerin lachten einen Moment einträchtig miteinander, als sie an den Vorfall dachten. Nein, eine Tracht Prügel für die Agnes kam nicht infrage. Das würde sie sich nie gefallen lassen. Außerdem hatten beide keinen Spaß am Schlagen und Prügeln, wie es so viele ihrer Nachbarn taten. Bei ihnen war das nie Sitte gewesen und würde es auch nicht werden. Sie schafften es auch so, ihre Kinder und ihr Gesinde unter Kontrolle zu halten – bis auf die Agnes.
»Warum willst du sie nicht heiraten lassen? Sie hat sich den Jungen ausgesucht und wird sich‘s nicht ausreden lassen. Irgendwann wird sie mit was Kleinem im Bauch ankommen und dann müssen wir zustimmen, das weißt du genau. Du als der größte Bauer der Gegend musst dich mit der Kirche gut stellen, da geht kein Weg vorbei. Einen anderen wird sie auch nicht nehmen, da sagt sie dir vorm Altar noch Nein.«
»Einen verwachsenen, hinkenden, stotternden Krämersohn? Für unsere hübsche, adrette Agnes, die arbeiten kann wie zwei Knechte, die so gebildet ist, der du alles beigebracht hast, was du im Kloster gelernt hast? Einen Krämer, einen einfachen Krämer?«
Der Bauer machte eine kurze Pause, seine Frau schaute ihn erwartungsvoll an. Sie wünschte sich schon lange, hinter die wirklichen Gründe zu kommen, warum er diese Hochzeit verhindern wollte. Jetzt war es endlich so weit, der Bauer redete weiter.
»Außerdem, was die so als Mitgift verlangen, das ist lächerlich. Einen Gaul wollen sie, einen jungen, schönen Gaul, fürs Ausliefern von ihren Waren. Und noch ein Kalb obendrauf. Zum Geld dazu, das sie auch noch fordern. Das ist einfach untragbar. Dafür, dass unsere hübsche Tochter einen verkrüppelten Stotterer heiratet? Die sollen froh sein, wenn sie unser Mädel überhaupt bekommen.«
Aha, das war es also, das war der wahre Grund, warum der Bauer der Heirat nicht zugestimmt hatte. Es ging ums Geld, das hätte sie sich eigentlich denken können. Na ja, aber darüber konnte man doch reden. Da gab es sicher eine Möglichkeit, sich zu einigen. Man gibt dem Mädel kein junges Pferd mit, sondern eine ältere Stute, die dafür trächtig ist. Vielleicht mit der Zusicherung, dass sie sie jedes Jahr bei ihrem wertvollen Hengst umsonst decken lassen kann. Und statt dem Kalb ein Ferkel oder zwei, ein paar Hühner … Sicher gab es da Möglichkeiten, die Mitgift ein bisschen zu beschneiden und doch so viel zu geben, dass die Eltern vom Hans zufrieden waren.
Nächste Woche war Markttag im Nachbarort, wo auch der Laden des Krämers war. Sie würde wie immer auf den Markt fahren und handeln, ein paar Schinken und Eier verkaufen, danach Stoffe einkaufen. Da würde sie auf jeden Fall auch beim Krämer sein. Sie würde sich den Mann alleine greifen und mit ihm reden. Der war der Vernünftigere der beiden. Mit der Krämerin konnte man nicht recht feilschen, aber wenn sie sich mit dem Vater einigen konnte, dann stand der Hochzeit der beiden Kinder nichts mehr im Wege. Und ganz in ihrem Inneren wünschte sie der Agnes Glück, denn gegen ein kleines Enkelchen hatte sie sicher nichts einzuwenden.
Sie beschloss, beim nächsten Kirchgang eine Kerze vor der Mutter Maria anzuzünden, damit die Agnes endlich … Schaden konnte es jedenfalls nicht.
***
Im Krämerladen des Nachbardorfes stand der Hans vom Frühstückstisch auf, packte ein Bündel und ging genauso schnell wie die Agnes zur Tür. Er drehte sich nur kurz um: »Bin m-m-al weg, am N-n-achmittag komm ich w-w-ieder.« Damit war er auch schon draußen.
Die beiden Alten sahen sich verdutzt an, auch wenn das nichts Neues war, dass ihr Sohn einfach so verschwand und keinem sagte, wohin er ging.
»Mutter, sollen wir ihn nicht doch sein Mädel heiraten lassen? Die beiden lieben sich, die wollen unbedingt zusammenkommen. Warum gestatten wir es ihnen nicht? Sonst bringt die Agnes einen Balg an, und dann müssen sie heiraten. Mit dem Herrn Pfarrer leg ich mich jedenfalls nicht an. Du weißt, was der von Bastarden hält.«
»Unser Sohn, unser einziger Sohn, unser einziges Kind, der alles erben wird, und eine Bauerndirn? Kommt ja gar nicht infrage. Der soll sich eine bessere suchen.«
»Ach geh, Mutter, du weißt auch, wie unser Bub aussieht. Er hat einen Buckel, er stottert und hübsch ist er auch nicht gerade. Er ist so klein, die Agnes überragt ihn um einen Kopf und hinken tut er auch noch. Wo sollte der denn ein besseres Mädel herkriegen? Den will doch keine – so reich sind wir auch wieder nicht, dass ihn eine wegen dem Geld nehmen würde. Und die Agnes ist gebildet, die kann lesen und schreiben. Und wie die erst rechnen kann – besser als ich, der Pfarrer und der Lehrer zusammen. Sogar Latein kann sie, da könnte uns keiner von den Vornehmen mehr übers Ohr hauen, wenn sie versteht, was die untereinander tuscheln. Und sie würde sich gut im Laden machen. Hübsch ist sie auch, so hübsch, dass es die Männer ein bisschen anziehen würde, aber nicht so schön, dass die Frauenzimmer deshalb eifersüchtig werden.«
In Gedanken sah sich der Krämer schon im Hinterzimmer sitzen und mit den Kunden den Geschäftsabschluss begießen, während Agnes die Bücher führte, die Rechnungen schrieb und den ganzen lästigen Kram, der ihm so schwerfiel, erledigte. Wie er sie bisher kennengelernt hatte, würde ihr das sogar Spaß machen. Er mochte das Mädchen, er hätte sie mit offenen Armen als Schwiegertochter begrüßt.
»Und wenn die beiden uns einen Bankert bescheren? Dann hättest‘ ein Enkelchen … Unser Bub, wenn der dem Mädel ein Kind machen würde, dann hätten wir was Kleines im Laden und die Weiber würden alle kommen und sich‘s ansehen. Dabei würden sie auch das eine oder andere Stück kaufen. Das wär gut fürs Geschäft.«
Mit einem kurzen Seitenblick auf seine Frau hatte der Krämer gesehen, dass ihr Gesicht bei der Erwähnung eines Enkelkindes weich geworden war. Sie wünschte sich einen Enkel, wo ihr doch alle anderen Kinder gestorben waren. Wenn er nur draufkommen würde, warum sie so stur und so sehr gegen diese Hochzeit war.
»Enkelchen hin, Enkelchen her – aber das, was der Bauer als Mitgift bietet, ist doch lächerlich. Der größte Hof der Gegend, Vieh hat er in Hülle und Fülle, und will seiner einzigen Tochter nicht mal ein junges, gutes Pferd mitgeben und ein Kalb. Vom Geld her wär‘s schon recht, aber da muss er noch was drauflegen, damit unser Sohn seine Bauerntrine heiratet.«
Der Krämer atmete innerlich auf. Jetzt wusste er es, es ging also nur ums Geld. Um die Mitgift. Das hätte ihn eigentlich nicht wundern sollen, so geldgierig, wie seine Frau war. Aber da konnte man doch drüber reden. Wenn die Agnes erst ein Kind erwarten würde, dann würden sie nehmen müssen, was man ihnen gab. Vorher konnte man noch feilschen und handeln.
Nächste Woche war Markt. Da würde die Bäuerin sicher wieder kommen, ihre Waren verkaufen und dann bei ihm für ein Stück Stoff oder ein paar Gewürze vorbeischauen. Er würde seine Frau aus dem Weg schaffen und mit Agnes‘ Mutter allein reden. Die Frau war verständig, mit der konnte man sich absprechen und ein bisschen schachern. Die Bäuerin war mit Sicherheit auch nicht erpicht darauf, dass die Heirat durch einen Bastard erzwungen wurde.
Der Krämer überlegte. Vielleicht konnte man ja bei dem Pferd ein älteres akzeptieren statt einem jungen Fohlen. Und das dann eben beim Hengst umsonst decken lassen? Statt dem Kalb ein Schweinderl oder ein paar Hühner und Gänse? Da sollte sich doch eine Lösung finden lassen, damit der Großbauer die Mitgift erhöhen würde, ohne sich ausgeplündert zu fühlen – und seine Frau zufrieden war. Ja, er würde am nächsten Markttag mit der Bäuerin reden und die Sache ins Reine bringen.
Und wenn wirklich gar nichts ging, dann würde er dem Hans wünschen, von ganzem Herzen wünschen, dass er der Agnes einen Balg anhängen konnte. Dann würde sein verwachsener Sohn, der immer gehänselt und verspottet wurde, sich als ganzer, richtiger Mann erweisen. Der, der die hübsche