Butler Parker 132 – Kriminalroman. Günter Dönges
getrotzt.
»Mylady warteten auf meine bescheidene Wenigkeit?« Parker legte Melone und Regenschirm ab. »Mylady haben Wünsche? Darf ich einen Tee servieren?«
»Ich habe bereits etwas für meinen Kreislauf getan«, sagte sie abwehrend. »Kathy Porter ist noch nicht nach Hause gekommen. Können Sie das verstehen?«
»Miß Porter übernachtet möglicherweise bei einer Freundin, Mylady.«
»Dann hätte sie angerufen und mich unterrichtet, Mister Parker. Ich will Ihnen sagen, was passiert ist.«
»Mylady erregen meine bescheidene Neugier.«
»Dem Kind ist etwas passiert, Mister Parker.«
»Mylady sollten sich nicht unnötig sorgen«, gab der Butler zurück. »Miß Porter ist eine junge Dame, die nicht so leicht zu verblüffen sein dürfte.«
»Wo haben Sie denn gesteckt, Mister Parker? Ich will ja nicht neugierig sein, aber so lange sind Sie nur selten ausgeblieben.«
»Ich erlaube mir, gerade von einem Tatort zu kommen«, erwiderte Josuah Parker steif und gemessen.
»Tatort? Das klingt gut. Was ist passiert?«
»Es handelt sich um einen Mord, Mylady.«
»Und davon erfahre ich erst jetzt? Ein neuer Fall?« Myladys Augen funkelten. »Wer ist ermordet worden?«
»Eine gewisse Rose Floyden, Mylady, die Hausdame eines Sir Richard Bromley.«
»Bromley, Bromley?« Lady Agatha schüttelte den Kopf. »Mir nicht bekannt. Und wer hat sie warum umgebracht?«
»Die Tatmotive, Mylady, sind mir nicht bekannt«, entgegnete Josuah Parker, »der Täter hingegen bin ich!«
»Ach so ...« Agatha Simpson hatte diese Selbstbezichtigung eindeutig noch nicht ganz verkraftet. Dann jedoch, mit erheblicher zeitlicher Verschiebung, nahm sie ruckartig den Kopf hoch und starrte den Butler an. »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?«
»Die Begleitumstände, Mylady, reden eine ungemein deutliche Sprache«, ergänzte Parker. »Ich erwachte neben erwähnter Leiche, die Würgemale am Hals und eine erhebliche Stichwunde aufwies, wie ich mich aus einiger Nähe überzeugen konnte.«
»Sie wollen eine Frau umgebracht haben?« Agatha Simpson schnappte betont nach Luft. »Einen Kreislaufbeschleuniger, Mister Parker, ich fühle mich sehr elend.«
Josuah Parker versorgte seine Herrin mit einem Kognak.
»Es interessiert mich nicht, warum Sie es getan haben«, sagte Lady Agatha nach der Stärkung, »aber wir werden selbstverständlich die besten Anwälte nehmen. Weiß die Polizei schon Bescheid? Natürlich nicht, sonst wären Sie ja wohl bereits verhaftet worden.«
»Mister Rodney Bottning will die erwähnte Leiche verschwinden lassen, Mylady«, berichtete Parker weiter. »Mister Rodney Bottning wird den Behörden gegenüber schweigen.«
»Wer ist dieser Rodney Bottning, zum Teufel? Wo hat sich das alles abgespielt? Ich möchte endlich Einzelheiten wissen, Mister Parker. Nehmen Sie sich auch einen Kognak, dann redet es sich besser.«
Parker verzichtete auf den Alkohol, berichtete aber in allen Einzelheiten von den Dingen, die ihm widerfuhren.
»Da stimmt doch einiges nicht«, lautete der Kommentar der Detektivin, als Parker geendet hatte. »Da ist doch etwas oberfaul, Mister Parker.«
»Ich möchte mich erkühnen, Mylady beizupflichten«, antwortete der Butler gemessen. »Ich möchte außerdem hinzufügen, daß die Dame auf dem Eisbärenfell vor dem Kamin keineswegs ermordet wurde. Sie dürfte sich meines Erachtens bester Gesundheit erfreuen.«
»Der Mord wurde nur vorgetäuscht?«
»So könnte man es auch ausdrücken, Mylady.«
»Und warum dieses Theater?«
»Man wird sich meiner bescheidenen Dienste versichern wollen und in naher Zukunft erpressen, Mylady«, antwortete Butler Parker. »Bei dieser Gelegenheit könnte man dann auch mehr über die Absichten in Erfahrung bringen.«
*
Sie machte einen völlig verkaterten Eindruck.
Kathy Porter kam eine Stunde nach Parkers Heimkehr zurück in Myladys Haus, das an einem kleinen Platz im Stadtteil Shepherd’s Market stand. Hier gab es noch altehrwürdige Fachwerkhäuser, die inmitten der hektischen Millionenstadt London eine Oase der Stille und Harmonie bildeten.
»Haben Sie etwa auch einen Mord begangen?« fragte Lady Agatha ihre Gesellschafterin.
»Einen Mord?« Kathy Porter verstand nicht recht.
»Mehr darüber später«, sagte die Hausherrin. »Ich sehe es Ihnen an der Nasenspitze an, Kindchen, daß auch Sie ein tolles Erlebnis hinter sich haben, oder?«
»Ich weiß noch immer nicht, wie das alles passieren konnte.« Kathy strich sich über die Stirn.
»Könnten Tee oder Kaffee helfen?« erkundigte Parker sich höflich.
»Wenn schon, Mister Parker, dann bitte einen sehr starken Kaffee«, bat Kathy Porter. Sie ließ sich in einem Ledersessel nieder und lehnte sich zurück. Parker war hinüber zur Anrichte gegangen, und servierte Kathy Porter den gewünschten Kaffee, den sie schluckweise trank.
»Nun kommen Sie endlich zur Sache«, mahnte Lady Agatha ungeduldig. »Was ist passiert, Kindchen? Ich wette, man hat auch Sie in eine Falle gelockt, wie?«
»Woher wissen Sie das?« Kathy Porter wunderte sich.
»Ich habe eben Phantasie«, lobte die ältere Dame sich.
»Sie erwachten irgendwo aus einer Betäubung und können sich selbst jetzt noch nicht erklären, wie Sie in eine gewisse Situation gerieten, Miß Porter?« Parker stand steif und würdevoll vor der Anrichte.
»Genau, Mister Parker, genau so ist es gewesen!« Kathy nickte vorsichtig und griff an ihre Schläfen. »Ich soll, ich geniere mich fast, es zu sagen, ich soll einen Mann bestohlen haben, der mich mit in seine Wohnung genommen hat.«
»Das hört sich gut an, Kindchen.« Agatha Simpson freute sich. »Und was hatten Sie angeblich gestohlen? Und von wem wurden Sie erwischt?«
»Ich weiß überhaupt nicht, wie ich anfangen soll.«
»Erzählen Sie der Reihe nach, Kindchen!«
»Ich war in einem Warenhaus und wollte mir ein paar Kleider ansehen«, berichtete Kathy Porter. »Ich ging hinauf in die Snack-Bar und trank eine Tasse Kaffee. Dabei passierte einem Gast ein Mißgeschick. Er schüttete mir seinen Drink übers Kleid, entschuldigte sich und bot mir Schadenersatz an. Wir kamen ins Gespräch, tranken zusammen Kaffee – und dann wurde mir übel. Er brachte mich runter zum Parkplatz und wollte mich nach Hause bringen.«
»Und da haben Sie nicht Lunte gerochen?« wunderte sich Lady Agatha.
»Das schon, Mylady.« Kathy Porter nickte. »In meinem Unterbewußtsein warnte mich etwas, aber ich kam dagegen einfach nicht an. Im Wagen dieses Mannes muß ich dann eingeschlafen sein. Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem Bett.«
»Wahrscheinlich ziemlich nackt, Kindchen, oder?«
»Eigentlich völlig, Mylady.« Kathy Porter senkte den Kopf und errötete sanft. »Ich wußte nicht, wo ich war. Ich zog mich an und wollte das Haus so schnell wie möglich wieder verlassen, doch dann war da plötzlich ein Mann, der mich aufhielt und meine Handtasche durchsuchte.«
»Ist das nicht wunderbar, Mister Parker?« Mylady sah ihren Butler zufrieden an.
»In meiner Handtasche hatte ich eine schwere Golduhr, Bargeld, ein paar fremde Kreditkarten, Brillantringe und einige goldene Armbanduhren.«
»Die Sie angeblich gestohlen hatten.« Mylady machte einen angeregten Eindruck.
»Das sagte man mir auf den Kopf