Die großen Western 181. Joe Juhnke

Die großen Western 181 - Joe Juhnke


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war in Clay Center der Teufel los, Cloud.« Umständlich zündete der Sprecher ein Zigarillo an und legte das Zündholz in den Ascher. »Frank und Allan Youngers haben ihre Brüder aus dem Jail geholt. In der Nacht vor ihrer Hinrichtung.«

      Cloud Mitchel biß sich auf die Lippen.

      »Das war zu erwarten. Ich verstehe nicht, daß Sheriff O’Neil sich darauf nicht eingerichtet hat.«

      »O’Neil wurde schwer verletzt. An seinem Durchkommen bestehen Zweifel.«

      »Bedauerlich.« Um Clouds Mund glitt mattes Lächeln. »Aber war das der Grund, weshalb Sie mich rufen ließen?«

      Hodgeman nickte ernst. »Ich mache mir Gedanken. Gedanken in zweifacher Richtung, denn es besteht durchaus die Möglichkeit, daß ich nicht nur einen guten Offizier verliere, sondern auch meinen Schwiegersohn.«

      Mitchel lachte. »Sie machen sich Sorgen, Sir, daß die Youngers nach Pottawatomie kommen werden?«

      »Mit der Möglichkeit ist zu rechnen. Man erzählt, die Youngers seien sehr rachsüchtig. Kid Youngers hat während der Verhandlung geschworen, dich zu töten.«

      »Nicht nur mich, sondern auch die anderen. Mr. Lincoln zum Beispiel. Sie müßten einige hundert Meilen reiten, um ihn zu erwischen. Doug Nash lebt in Texas. Der Mensch spricht viele Dinge aus, wenn er zornig ist. Ich persönlich halte nichts von diesem Geschwätz. Vermutlich wird die Bande möglichst schnell Kansas verlassen, um irgendwo unterzutauchen.«

      »Hoffen wir es, Junge«, antwortete Hodgeman in väterlichem Ton. »Dennoch möchte ich dich bitten, deine täglichen Ausflüge ein wenig einzuschränken. Zumindest solltest du dich nicht allzu weit vom Fort entfernen. Wir wollen das Schicksal nicht unbedingt herausfordern.«

      Mitchell schüttelte verächtlich den Kopf. »Ich fürchte dieses Verbrechergesindel nicht.«

      »Laß dir meine Worte wenigstens durch den Kopf gehen«, sagte der Captain zum Abschied.

      Cloud Mitchel verließ das Zimmer.

      Draußen stand er im Schatten des Hauses und blickte gedankenverloren zu den hohen Barrikaden, die das Fort umschlossen und von der Ortschaft trennten.

      Er war ein Soldat und alles andere als ein Feigling.

      Aber vielleicht hatte der Alte recht. Er würde künftig seine Ausflüge mit Ann zum Big Blue Creek unterlassen. Eine Woche etwa – oder zwei. Es gab auch in der Nähe des Forts ein paar nette Plätze, wo man allein sein konnte.

      Ann erzählte er nichts von der Geschichte. Und auch Captain Hodgeman schwieg darüber. Der Captain wußte es einzurichten, daß Lieutenant Mitchel fast ständig mit einer Abteilung unterwegs war.

      Seiner Tochter erklärte er, daß im Reservat Unruhen herrschten und verstärkte Patrouillenritte erforderlich waren.

      *

      Die Youngers-Brüder fanden nach anstrengender Hetzjagd Unterschlupf in einer feuchten Höhle am Big Blue Peak.

      In den nächsten Tagen wagten sie sich kaum aus dem Bau. Nur wenn Verpflegung und Tabakvorräte zu Ende gingen, ritt einer von ihnen bei Anbruch der Nacht nach Garison Cross, einer Ansiedlung hinter den Bergen.

      Eine Woche blieben sie in der Erdhöhle.

      Kids und Landys Absichten stießen zunächst auf ernsthaften Widerstand des ältesten Bruders Frank.

      »Was ihr vorhabt, ist doch Unsinn«, sagte er mehrmals, als Landy seinen Plan offenbarte. »Wenn wir den Lieutenant umlegen, haben wir die ganze Kavallerieabteilung auf den Fersen. Außerdem bin ich der Ansicht, daß wir unsere Eisen nur dort gebrauchen sollten, wo was zu holen ist.«

      »Richtig«, erwiderte Landy hitzig. »Bei Mitchel ist nichts zu holen, denn es ist nicht anzunehmen, daß er seine gesamte Barschaft mit herumschleppt. Mir geht es ums Prinzip. Und was die Kavallerieabteilung betrifft, werden wir längst über die Grenze reiten, wenn sie aufwachen und ihren Lieutenant finden. In Dakota holen wir diesen Lincoln vor den Lauf. Der Kerl ist Rancher, bei ihm können wir unsere Barschaft auffrischen. Ist der Rancher tot, reiten wir weiter.«

      »Nach Texas«, äffte Allan, der dem Gespräch schweigend gefolgt war.

      »Nein, zunächst holen wir uns Dick Morris. Er fährt ja bei der Overland Line. Und sicher gibt es auch dabei Beute.«

      »Du verrennst dich in deinen Haß.«

      Allan Youngers schüttelte verärgert den Kopf, tippte sich an die Stirn und verließ die Höhle. Er saß reglos auf dem Hügel und starrte über den schmalen Fluß. Im dunstigen Schleier sah er in der Ferne Pottawatomie, den kleinen Ort und die hochragenden Palisaden des Forts.

      Er saß lange allein, ehe Frank auftauchte und sich neben ihm niederließ.

      »Wir wollen uns Landys Gedanken durch den Kopf gehen lassen, Allan. Ich möchte nicht, daß wir uns entzweien. Denn solange wir zusammenreiten, waren wir uns stets einig. Und das war unsere Stärke.«

      Allan Youngers wandte langsam den Kopf. Seine dunklen Augen waren gefüllt mit Unwillen. »In dieser Gegend gibt es noch manche Bank. Weshalb also sollen wir uns mit der Armee anlegen? Landys Sturheit bricht uns allen den Hals.«

      Frank winkte verärgert ab. »Wir ­Youngers haben unseren eigenen Stolz. Du solltest es nie vergessen.«

      Dann stand er auf und ging davon.

      Allan sah ihn zwischen filzigen Büschen verschwinden und schob wütend eine Zigarette zwischen die Lippen.

      Irgend etwas warnte ihn vor dem verrückten Unterfangen. Er spürte instinktiv die Gefahr, die wie eine Lawine auf sie zurollte.

      Zugleich aber wußte er, daß die anderen ihn längst überstimmt hatten. Die Würfel waren gefallen.

      *

      Inspektor Raflin, dem die Geschäftsführung der Overland Line in Salin unterstand, blickte Dick Morris durchdringend durch die dicken Brillengläser an. Er schien nicht recht verstanden zu haben. Mit zorniger Bewegung schob er Morris’ Kündigungsschreiben zurück.

      »Du hast einen Tick, Dick. In deinen alten Jahren einen festen Job zu kündigen. Die Gesellschaft weiß, daß du der zuverlässigste Mann auf dem Trail bist, und niemand käme auf den Gedanken, dich jemals rauszuschmeißen. Wer nimmt schon einen alten grauhaarigen Esel wie dich? Oder…« Der Sprecher kniff ein Auge zu, »sind dir die fünftausend Dollar in den Kopf gestiegen, daß du vielleicht glaubst, mit diesem lächerlichen Geld die Welt kaufen zu können?«

      Der Coachman kratzte umständlich sein Bartgestrüpp. Verlegen trampelte er von einem Bein aufs andere.

      »Hör zu, Danny. Seitdem die Youngers in Clay Center ausgebrochen sind, habe ich mächtigen Bammel. Und hier drinnen«, er tippte mit dem Zeigefinger auf die Brust, »sagt mir jemand: Old Dick, verdufte, ehe dir die Bande noch einmal in den Weg läuft. Schon allein der Gedanke an eine solche Begegnung läßt es mir eiskalt den Rücken runterlaufen. Vielleicht komme ich wieder zurück, Danny. In einem Jahr oder in zwei. Aber gegenwärtig möchte ich gehen.«

      *

      Es war spät geworden.

      Die ersten Schatten zunehmender Dunkelheit zogen ins Tal.

      Cloud Mitchel beschleunigte die Schritte. Es war nur eine halbe Meile zum Fort. Aber er wollte Ann nicht mit dem Abendbrot warten lassen.

      Lieutenant Mitchel blieb unvermutet stehen.

      Aus dem Wald trabten drei Reiter, die ihm den Weg versperrten. Ein vierter lenkte geschickt sein Pferd so, daß er in seinem Rücken hielt und ihm somit den Weg abschnitt.

      Verwegene Gestalten. Stoppelbärtig, mit zerschlissener Kleidung und tiefhängenden Revolvern.

      Sattelwölfe…

      Unwillkürlich legte sich Mitchels Hand auf die Revolvertasche. Sein Daumen löste die Schnalle. Er spreizte die Beine.

      Dann sah er ihre grinsenden


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