Butler Parker 186 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker 186 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Mylady über die Beweggründe Auskunft geben können, die Mister McWarden zu der bewußten Frage veranlaßten?«

      »Vermutlich kommt der Phantasielose mal wieder mit seinen Ermittlungen nicht vom Fleck und wollte auf den Busch klopfen, um zu hören, ob ich wie üblich für ihn die Kastanien aus dem Feuer hole, Mister Parker.«

      »Eine Möglichkeit, die man keinesfalls von vornherein ausschließen sollte, Mylady. Immerhin gab Mister McWarden mit keinem Wort zu erkennen, daß er gegen die Immobiliengesellschaft ›Plus‹ ermittelt, falls der Hinweis gestattet ist.«

      »So schlau ist er nun auch wieder. Er will sich ja nicht blamieren, Mister Parker.«

      »Wie Mylady meinen.«

      »Wie weit sind eigentlich meine Ermittlungen in dieser Sache? Fassen Sie die bisherigen Schritte zusammen, Mister Parker.«

      »Sofern man umfassend unterrichtet ist, stehen Mylady noch am Anfang der Ermittlungen«, gab der Butler mit unbewegter Miene Auskunft. Er hatte es verlernt, sich über die Sprunghaftigkeit seiner Herrin zu wundern.

      »Und wo werde ich als nächstes den Hebel ansetzen, Mister Parker?«

      »Konkrete Hinweise dürften sich aus belastendem Material ergeben, das Mylady in vorausschauender Weise sicherstellten.«

      »Belastendes Material? Was für Material, Mister Parker?«

      »Es dürfte sich um Auszüge aus der Kundenkartei handeln, mit der die Firma ›Plus‹ arbeitet, wie Mylady unschwer erkennen«, antwortete Parker und brachte den weinroten Aktenkoffer näher, den Ben Raven in der Hast des Aufbruchs vergessen hatte.

      Während McWardens Anwesenheit hatte der Butler nur einen verstohlenen Blick hineingeworfen. Jetzt klappte er den Deckel auf und blätterte die Papiere auf den Tisch.

      In der Tat handelte es sich um Anschriften von gut zwei Dutzend Londoner Bürgern. Einige davon waren Parker entfernt bekannt. Er hatte die Betreffenden während der Veranstaltung in Brighton gesehen und registriert, daß sie sich ebenfalls geweigert hatten, Anteilscheine zu unterschreiben.

      Immerhin zeigte sich, daß Raven nicht ganz vergeblich Klinken putzen gegangen war. Zwei der fix und fertig ausgefüllten Verträge waren unter dem heutigen Datum unterschrieben. Beide beliefen sich auf sechsstellige Pfundsummen.

      Agatha Simpson ließ es bei einem kurzen Blick auf die Formulare bewenden. Papierkram war ihre Sache nicht. Sie zog turbulente Aktionen vor.

      »Was für Schlüsse ziehe ich aus dem Material, Mister Parker?« erkundigte sie sich.

      »Mit diesen Papieren allein dürfte es außerordentlich schwer sein, dem mehrfach erwähnten Unternehmen betrügerische Absichten nachzuweisen«, tat der Butler seine Einschätzung kund.

      »Das habe ich mir gedacht«, nickte Lady Agatha. »Ich werde mir die Lümmel vorknöpfen und sie gründlich verhören.«

      »Wie Mylady zu wünschen belieben.«

      »Ärgerlich ist nur, daß ich deshalb zum zweitenmal nach Brighton fahren muß«, fuhr die Detektivin fort. »Die Benzinkosten hätte ich sparen können, wenn ich am ersten Abend zugepackt hätte, statt auf Sie zu hören, Mister Parker.«

      Höflich, wie er nun mal war, überging Parker den Seitenhieb, obwohl er sich beim besten Willen nicht erinnern konnte, Mylady von Ermittlungen abgeraten zu haben.

      »Die Fahrt nach Brighton dürfte sich erübrigen, falls man eine Vermutung äußern darf«, teilte er statt dessen mit. »Der Sitz der Firma befindet sich in London, wie Mylady aus dem Briefkopf ersehen können.«

      »Da haben wir‘s, Mister Parker«, war die majestätische Dame sofort sicher. »Das Ausweichen nach Brighton war nur eine Finte, um mir die Verfolgung zu erschweren. Aber als Kriminalistin läßt man sich durch plumpe Tricks natürlich nicht hinters Licht führen.«

      »Eine Feststellung, der man sich vorbehaltlos anschließen kann, Mylady«, erwiderte der Butler und deutete eine Verbeugung an. »Darf man im übrigen um Auskunft bitten, wann Mylady bei der Firma ›Plus‹ vorzusprechen gedenken?«

      »Heute nachmittag, Mister Parker. So eilig ist es nun auch wieder nicht«, meinte Agatha Simpson. »Vorher werde ich ein Weilchen meditieren und meinem taktischen Konzept den letzten Schliff verleihen.«

      Mit diesen Worten erhob sich die Hausherrin, nickte huldvoll und steuerte die geschwungene Freitreppe an, die von der Wohnhalle zu ihren privaten Gemächern im Obergeschoß führte.

      »Und vergessen Sie nicht, mir ein Stärkungsmittel zu bringen, Mister Parker«, mahnte die ältere Dame, ehe sie den ersten Fuß auf die Treppe setzte.

      »Meine Wenigkeit wird es keinesfalls versäumen«, versprach Parker. Während Mylady sich in Richtung Studio entfernte, stellte er eine Flasche Cognac edelster Provenienz nebst einem Schwenker auf ein Silbertablett. Anschließend folgte er in würdevoller Haltung seiner Herrin und brachte ihr den sogenannten Kreislaufbeschleuniger hinauf.

      Kurz darauf kehrte er wieder in die Wohnhalle zurück, räumte den Frühstückstisch ab und begab sich in die Diele zum Telefon.

      Die Nummer brauchte der Butler nicht nachzuschlagen. Er hatte sie im Lauf der letzten Jahre oft genug gewählt.

      »Man erlaubt sich, einen ausgesprochen heiteren Tag zu wünschen, Mister Pickett«, sagte Parker in seiner stets höflichen Art, als der Angerufene sich meldete.

      »Danke, Mister Parker, das wünsche ich Ihnen auch«, antwortete Horace Pickett gut gelaunt. »Gibt es wieder was zu tun für mich?«

      »Meine bescheidene Wenigkeit wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie sich bereit fänden, diskrete Erkundigungen über ein Unternehmen der Immobilienbranche einzuziehen, Mister Pickett«, bestätigte der Butler.

      »Immobilien?« wiederholte der Mann am anderen Ende. »Geht es um Betrügereien?«

      »Eine Möglichkeit, die man im genannten Fall zumindest in Betracht ziehen sollte, falls der Hinweis erlaubt ist, Mister Pickett.«

      »Und wie heißt das saubere Unternehmen, Mister Parker?«

      »Es firmiert unter dem Namen ›Plus‹ und hat seinen Sitz laut Briefkopf in Kensington, Philimore Walk 86.«

      »Schon notiert, Mister Parker. Auf jeden Fall eine noble Gegend.«

      »Allerdings lehrt die Lebenserfahrung, daß auch in noblen Gegenden nicht nur noble Menschen wohnen, Mister Pickett.«

      »Das stimmt allerdings«, pflichtete sein Gesprächspartner ihm bei. »Ich werde meine Fühler ausstrecken und melde mich, sobald ich etwas Konkretes erfahren habe.«

      »Ein Angebot, das man mit Dankbarkeit vermerkt, Mister Pickett.«

      Der Angerufene wehrte bescheiden ab. »Sie wissen doch, daß ich immer gern für Sie und Ihre Herrin tätig bin.«

      Gemessen kehrte der Butler in die Wohnhalle zurück und beseitigte die letzten Spuren, die Ben Ravens Besuch hinterlassen hatte. Bis Mylady ihre Meditation beendet hätte, würde der ehrenwerte Mister Pickett, wie er ihn meist nannte, vermutlich schon die ersten Informationen geliefert haben.

      Der etwa sechzigjährige Pickett war ein hochaufgeschossener Mann, dessen gepflegtes Äußere auf einen pensionierten Offizier schließen ließ. Kaum jemand wußte, daß Pickett einst als »König der Londoner Taschendiebe« eine wichtige Rolle in der Unterwelt gespielt hatte.

      Doch waren seine flinken Finger nur dort tätig geworden, wo der Verlust einer prall gefüllten Brieftasche nicht schmerzte. Deshalb gab er seinen früheren Broterwerb manchmal schmunzelnd mit »Eigentumsumverteiler« an.

      Bei dieser Tätigkeit war Horace Pickett vor Jahren allerdings an ein hochkarätiges Mitglied der Mafia geraten. Sein Leben hatte damals auf Messers Schneide gestanden, aber Parker hatte zu seinen Gunsten eingegriffen und die rettende Wende herbeigeführt.

      Seitdem bestritt der ehemalige Eigentumsumschichter seinen Lebensunterhalt auf legale Weise und


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