Dr. Norden Classic 42 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Classic 42 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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noch nicht kochen könnte, würde ich mir wahrhaft Sorgen machen«, quittierte sie das Lob mit einem schnoddrigen Spruch. Bis auf den heutigen Tag konnte sie nicht recht mit Anerkennung umgehen und versteckte ihre Freude, so gut es ging.

      Doch Dannys Gedanken waren inzwischen ohnehin weitergewandert.

      Er schickte seiner Freundin einen besorgten Blick.

      »Hoffentlich kommt Hilde bald zurück. Ich brauche nämlich deine moralische Unterstützung. Jetzt so dringen wie nie zuvor«, sprach er laut die Gedanken aus, die ihn bewegten.

      Ungerührt befreite Tatjana ihre Forelle von den Gräten.

      »Ich wusste, dass das schwierig wird … du und deine Doktorarbeit, ich mit meiner Ausbildung zur Bäckerin und Konditorin …«

      »Wer weiß, vielleicht ist das auch die Chance für euer junges Glück, und die Liebe bleibt auf diese Art und Weise noch länger frisch«, platzte Felix frech dazwischen und lockerte das allzu ernste Gespräch mit seiner anzüglichen Bemerkungen wenigstens ein bisschen auf. »Ich hab irgendwo gelesen, dass Alltag der Liebes-Killer Nummer Eins ist.«

      »Das sagt ein Mann, der sich perfekt in Liebesdingen auskennt«, spottete Danny und zog eine Gräte aus dem Mund.

      »Moment mal, nur weil ich keine Lust auf halbe Sachen habe wie mit Elena bin ich noch lange nicht beziehungsunfähig«, erwiderte Felix ungerührt und streckte die Hand nach der Schüssel Kartoffelsalat aus, die sich bereits bedenklich geleert hatte.

      Der Tonfall zwischen den Brüdern war ein wenig gereizt, sodass es Fee vorzog, das Gespräch in andere Bahnen zu lenken.

      »Du willst also wirklich anfangen mit der Doktorarbeit?«, erkundigte sie sich interessiert bei ihrem ältesten Sohn.

      Seit Danny nach seinem Studium als Juniorarzt in die Praxis Dr. Norden eingestiegen war, stand dieses Thema im Raum. Manche Patienten störten sich am fehlenden Doktortitel, andere nahmen es noch nicht einmal zur Kenntnis. Mangels eines geeigneten Themas hatte Danny dieses Vorhaben immer wieder beiseite geschoben. Der abfällige Kommentar einer Patientin hatte aber schließlich eine Entscheidung herbei geführt: Danny würde über das höchst seltene Stevens-Johnson-Syndrom berichten, das seine Mutter vor kurzem um ein Haar das Leben gekostet hatte.

      Während der junge Arzt eine weitere Gabel Fisch in den Mund schob, nickte er nachdrücklich.

      »Irgendwann muss ich ja mal anfangen.«

      »Wie lange dauert sowas denn?« Anneka hatte die Unterhaltung aufmerksam verfolgt.

      »Kommt aufs Thema an«, erklärte Danny bereitwillig. »Es gibt stupide Fleißarbeiten, die man in einem halben Jahr schaffen kann. Zum Beispiel könnte man bereits vorhandene Statistiken auswerten und Behandlungsmethoden daraus ableiten.«

      »Aber das ist eurem ehrgeizigen Bruder natürlich zu wenig«, scherzte Tatjana und warf Danny stolz eine Kusshand über den Tisch. Selbst ehrgeizig und unerbittlich gegen sich selbst hatte sie in dem jungen Arzt einen ebenbürtigen Partner gefunden, mit dem sie sich gern maß.

      Danny verstand den bewundernden Blick aus den riesigen, dunkelblauen Augen und war stolz darauf. Aus Erfahrung wusste er, dass seine Freundin nicht gerade verschwenderisch mit Anerkennung umging.

      »Mal abgesehen davon, dass ich das schon allein Mum und Dad schuldig bin, ist diese Doktorarbeit auch für meine berufliche Zukunft interessant.« Satt und zufrieden lehnte er sich zurück. »Wenn es mir gelingt, eine richtig gute Arbeit hinzulegen, könnte ich sie sogar in einem renommierten Journal veröffentlichen. Das wiederum bringt mir möglicherweise ordentlich Respekt bei einem zukünftigen Arbeitgeber ein«, geriet er unvermittelt ins Schwärmen.

      Daniel Norden musterte seinen ältesten Sohn mit einer Mischung aus Belustigung und echter Sorge.

      »Ist es möglich, dass du mir gerade durch die Blume etwas sagen willst?«, erkundigte er sich zurückhaltend.

      Danny verstand sofort, was sein Vater meinte.

      »Solange du dich gut benimmst, musst du dir keine Gedanken machen.«

      Alle lachten, und sämtliche Sorgen lösten sich zumindest für diesen Abend in Wohlgefallen auf, obwohl sich auch Tatjana Gedanken darüber machte, wie es mit ihr und Danny weitergehen sollte, wenn Hilde Bärwald für längere Zeit ausfiel.

      *

      Trotz des gelungenen Abends, der damit endete, dass Tatjanas Torten ratzeputz vertilgt wurden, erinnerte sich Dr. Norden am nächsten Morgen an das Versprechen, das er seiner Tochter Dési gegeben hatte.

      »Wie sieht es denn in den nächsten Tagen aus?«, erkundigte er sich, als er frühmorgens die Praxis betrat.

      Wie immer war Wendy bereits in der Praxis, und es roch nach frisch gekochtem Kaffee. Die Fenster waren weit geöffnet und ließen die frische Morgenluft herein.

      »Brauchen Sie einen Termin?«, fragte sie belustigt und stellte die Gießkanne an ihren Platz zurück. »Was darf’s denn sein? Ein Generalcheck mit Langzeit-EKG? Oder doch lieber nur eine kleine Auffrischungs-Impfung?«

      Daniel lachte und hängte seine leichte Jacke an die Garderobe. Die Hitze der vergangenen Tage war glücklicherweise zurückgegangen, und ein leichter Nieselregen hatte die erhoffte Abkühlung gebracht.

      »Das könnte Ihnen so passen ... Sie scheinen nur darauf zu warten, mir eine Nadel in den Arm rammen zu können, um sich für die Überstunden der vergangenen Jahre zu rächen«, ging Daniel auf den scherzhaften Ton seiner langjährigen Assistentin ein.

      Doch davon wollte Wendy noch nicht einmal im Scherz etwas wissen.

      »Um in dieser Praxis arbeiten zu dürfen, mit zwei so wundervollen Chefs, würde ich noch viel mehr Überstunden machen«, erklärte sie so innig, dass Daniel ganz gerührt war.

      »Sie machen mich richtig verlegen«, gestand er heiser und beugte sich schnell über den Terminkalender. »Mal abgesehen davon, dass Sie beide es uns leicht machen, gute Chefs zu sein«, wollte er ihr in nichts nachstehen.

      »Ach, du liebe Zeit! Wird hier heute ein Wettbewerb mit dem Thema ›Das schönste Kompliment‹ ausgetragen?« Von ihren beiden Kollegen unbemerkt war Janine Merck unfreiwillige Zeugin der Freundlichkeiten geworden war.

      Überraschte Blicke trafen sie. Doch Daniel Norden wäre nicht der gewesen, der er war, wenn er nicht eine schlagfertige Antwort parat gehabt hätte.

      »Ich habe neulich erst einen Artikel darüber gelesen, dass die Deutschen sparsam sind im Komplimente-Machen und dementsprechend schlecht damit umgehen können, wenn sie welche bekommen. Einziger Ausweg aus diesem Dilemma: Übung!«, verkündetet er unbeeindruckt. »Übriges sehen Sie fantastisch aus heute Morgen!«

      Lachend zog Janine ihre Jacke aus und hängte sie an die Garderobe.

      »Vielen Dank! Übung macht den Meister, das wusste schon meine Mutter.« Schwungvoll setzte sie sich auf ihren Schreibtischstuhl und sah ihren Chef erwartungsvoll an. »Was kann ich für Sie tun, mein Herr?«

      Ihre Frage erinnerte Daniel wieder an sein Versprechen.

      »Ich brauche einen Termin. Allerdings nicht für mich, sondern für Désis Freundin Valerie und ihre Eltern. Haben wir kurzfristig was frei?«

      Sowohl Wendy als auch Janine beugten sich über den übervollen Terminkalender der kommenden Tage. Die Hitzewelle hatte besonders Kindern und älteren Menschen geschadet und die Nachwirkungen der Kreislaufzusammenbrüche, Durchblutungsstörungen und Hitzekrämpfe würden noch eine Weile zu spüren sein. Doch nach ein paar Minuten intensiven Nachdenkens und Dannys Zusage, ein paar Patienten zu übernehmen, war es geschafft.

      »Kann Valerie mit ihren Eltern um 16:00 Uhr hier sein?«, schrieb Daniel, ganz moderner Vater, seiner Tochter noch am Vormittag eine Nachricht auf dem Handy in die Schule. Wie erwartet bekam er keine Antwort. Immerhin war die Benutzung von Mobiltelefonen während des Unterrichts verboten. Doch gleich nach Schulschluss kam die Nachricht, dass Valerie gemeinsam mit ihrem Vater pünktlich in die Praxis kommen würde.


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