Im Sonnenwinkel Classic 41 – Familienroman. Patricia Vandenberg
wäre es besser, du würdest bleiben und Heinz Rückhalt geben.«
Katja lachte auf. »Er ist ganz gut ohne mich ausgekommen. Ich fahre zu Stella.«
»Überschlaf es noch einmal«, sagte Gerlinde Reck eindringlich. »Missversteh mich doch nicht immer.«
»Oh, ich verstehe dich sehr gut. Du hast sehr viel übrig für Heinz, und ich nicht mehr. Nimm das bitte zur Kenntnis.«
Eine Mauer stand zwischen ihnen, und sie schien unüberwindlich, als Katja am nächsten Morgen nach Hohenborn startete.
Gerlinde Reck hatte es jedoch aufgegeben, Katja umzustimmen.
*
Im Familienkreis war beschlossen worden, Katja bei Magnus und Teresa von Roth unterzubringen, die damit sehr einverstanden waren.
Hier wurde Katja herzlich willkommen geheißen. Stella freute sich unendlich, als Katja eintraf.
Man ließ die beiden Freundinnen erst mal allein. Sie hatten sich viel zu erzählen. Katja war tief betrübt, als sie von Stellas Fehlgeburt erfuhr.
»Es hätte noch schlimmer kommen können«, sagte Stella. »Wir leben, und ich hoffe doch sehr, dass wir nicht zu lange auf ein Baby warten müssen. Jörg ist jetzt doppelt lieb zu mir. Jetzt weiß ich erst, dass er mich wirklich liebt.«
»Hast du daran gezweifelt?«, fragte Katja verwundert.
»Manchmal schon. Weißt du, er zeigt seine Gefühle nicht gern.«
»So mögen auch andere Männer sein«, äußerte Katja sinnend, und dabei dachte sie an Jan.
Stella sah sie fragend an.
»Heinz Roden scheint mir nicht solch ein Mann zu sein, Katja«, bemerkte sie. »Ich will dich nicht kränken, aber wir halten ihn nicht für zuverlässig.«
»Du kränkst mich nicht. Zu dieser Erkenntnis bin ich auch schon gekommen. Ich war sehr töricht, Stella, aber lass uns nicht mehr von ihm reden.«
Stella klang dies im Augenblick so, als hätte Katja die Enttäuschung noch nicht überwunden, und sie lenkte schnell auf andere Themen über.
Nun sollte Katja erst einmal die ganze Familie kennenlernen, die Auerbachs, die Rückerts, die sich zu einem gemütlichen Kaffeestündchen im Sonnenwinkel trafen.
Es fiel nicht schwer, Katja ins Herz zu schließen, stellten alle übereinstimmend fest. Sie sei reizend und natürlich, meinten die Erwachsenen.
»Sie ist lieb«, behauptete Bambi, die Jüngste der Auerbachs. »Sie weiß auch schon, wie man mit Babys umgeht.«
Das hatte Katja unter Beweis gestellt, als sie sich mit dem kleinen Henrik beschäftigte, der sonst gegen fremde Stimmen sehr empfindlich war.
»Ich glaube, Katja braucht ein bisschen Aufmunterung«, sagte Stella zu ihrem Mann. »Mit Heinz Roden ist es aus, aber ich fürchte, dass sie darüber noch nicht hinweg ist.«
»Den Eindruck macht sie nicht gerade«, entgegnete Jörg. »Sie ist irgendwie reifer geworden, finde ich.«
»Weil sie leidet«, meinte Stella.
»Was du immer denkst, Schatzilein«, bemerkte Jörg nachsichtig. »Ich möchte jedenfalls nicht, dass du mit ihr Trübsal bläst. Du sollst fröhlich sein.«
*
Trübsal wurde nicht geblasen, aber Katja blieb sehr nachdenklich und besinnlich. Doch Stella brauchte darüber nicht lange zu rätseln, denn Katja erzählte ihr, warum sie sich Gedanken machte. Von Jan sprach sie allerdings nur nebenbei.
Stella war sehr enttäuscht, dass die Freundin nicht länger bleiben wollte, aber sie sah auch ein, dass sie den kranken Onkel Sebastian nicht enttäuschen wollte.
»Warum willst du denn so schnell wieder wegfahren, Katja?«, fragte Bambi. »Gefällt es dir bei uns im Sonnenwinkel nicht?«
»Doch, es gefällt mir sehr gut, und ich habe noch niemals so viele liebe Menschen beisammen gesehen«, erwiderte Katja. »Aber mein Onkel ist sehr krank, und wenn ich einen Anruf bekomme, muss ich fahren.«
Der Anruf von Jan kam, aber er hatte einen anderen Grund, als Katja erwartet hatte.
Heinz war nicht gekommen. Er hatte telegrafiert, dass er Tropenfieber hätte. Man hörte es aus Jans Stimme heraus, dass er Zweifel hegte, und Katja hegte ebenfalls welche. Seinem Vater ginge es etwas besser, sagte Jan dann noch, aber er würde sie sehr vermissen.
Das war Grund genug für Katja, ihren Besuch im Sonnenwinkel abzubrechen. Sie musste versprechen, wiederzukommen. Stella wollte noch einige Wochen bleiben, bis sie sich ganz erholt hatte, während Jörg in England ein passendes Heim für sie suchen wollte.
Katja packte ihren Koffer. Stella sah ihr dabei zu.
»Heinz Roden ist doch nicht der Grund, dass du so schnell heimfährst?«, fragte sie.
»Nein, Stella, du musst es mir glauben. Heinz hat keine Bedeutung für mich.« Sie machte eine Pause und schöpfte tief Atem. »Vielleicht werde ich Jan heiraten«, sagte sie.
»Seinen Bruder?«, fragte Stella staunend. »Warum das? Du hast kaum über ihn gesprochen.«
»Es gibt auch noch nicht viel zu erzählen. Es ist Onkel Sebastians innigster Wunsch.«
Stella runzelte die Stirn.
»Und nur deshalb willst du ihn heiraten?«, fragte sie bestürzt.
»Jan ist sehr sympathisch, ganz anders als Heinz. Es muss doch nicht immer Liebe sein. Man geht damit so leicht in die Irre.«
»Du redest so weise. Mit neunzehn Jahren sollte man das nicht tun, Katja.«
»Ich bin fast zwanzig, und außerdem könnte ich es mir recht gut vorstellen, mit Jan verheiratet zu sein.«
Sie lauschte ihren eigenen Worten nach und spürte verwundert, dass sie innerlich von ihnen überzeugt war.
»Eine Ehe ohne Liebe kann ich mir einfach nicht vorstellen«, sagte Stella.
»Die Liebe kommt vielleicht von selbst, wenn man sich versteht. Jan ist sehr ernst. Er würde nichts tun, wovon er nicht überzeugt ist.«
In Stella blieben Zweifel zurück. Sie sprach auch mit Jörg darüber.
»Ob sie ihn nicht nur aus Trotz heiratet?«, überlegte sie.
»Dann würde mir der Mann jetzt schon leid tun«, entgegnete Jörg. »Aber eigentlich ist Katja nicht solch ein Mädchen. Sie hat Charakter. Sonst wäre sie ja auch nicht deine Freundin.«
»Katja ist richtig sentimental, was ihren Onkel Sebastian anbetrifft. Ich glaube, sie hätte allen Erfahrungen zum Trotz auch diesen Heinz geheiratet, wenn dies der Wunsch ihres Onkel Sebastians wäre.«
»Aber er scheint, nach allem, was ich jetzt gehört habe, auch keine sonderlich gute Meinung von seinem Sohn Heinz zu haben«, bemerkte Jörg. »Na, warten wir es ab, was daraus wird.«
*
Katja fuhr gleich zu der efeuumrankten Villa. Diesmal öffnete Jan ihr die Tür. In seinen Augen war ein tiefes Leuchten, als sie ihm die Hand entgegenstreckte.
»Ich dachte nicht, dass du so schnell kommen würdest«, bemerkte er. »Hatte ich dir nicht gesagt, dass es Vater etwas bessergeht?«
»Doch, du hast es mir gesagt, aber du hast auch gesagt, dass er mich vermisst. Ist Lalli nicht da?«, fragte sie dann, weil sie unter seinem Blick verlegen wurde.
»Sie kauft ein. Das will sie sich nicht nehmen lassen. Das Gemüse, das ich heimbringe, ist ihr nicht gut genug. Vater schläft jetzt.«
»Dann wollen wir ihn nicht stören.«
Katja sprach sich Mut zu, und es ging viel besser, als sie dachte.
»Du wolltest eine Antwort von mir haben, Jan«, sagte sie. »Oder hat es sich geändert?«
»Nein,