Waco 6 – Western. G.F. Waco

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jeden Tag Prügel. Als er sechzehn Jahre alt war, schlug er den Händler halbtot. Da hatte er endlich die Kraft, es zu tun. Der Haß aber blieb in ihm, der Haß geschlagen zu werden, arm zu sein, sich ducken und ewig einstecken zu müssen. Blutgeschmack in Dimp Madocks Mund, sein Blut!

      Niemand schlägt einen Madock, denkt er, eher stirbt der Halunke. Die werden es büßen – und das schneller, als sie glauben.

      *

      Brian Madock starrt seinen Vater an und schüttelte den Kopf. Er versteht den Alten, aber unsinnig ist es doch, was der alte Dimp plant.

      »Hör mal«, sagte Brian düster, »so einfach ist das nicht. Vor Mitternacht schaffen wir es doch niht mehr, nach Hachita zu kommen. Ich würde mich bedanken wollen, sicher, aber...«

      »Was – aber?« fauchte ihn der Alte an. »Das spricht sich doch herum, du Narr. Tun wir nichts, werden die Leute sagen, wir wären es doch gewesen. Du weißt doch, wie die Leute reden, wenn man die Ohren an den Kopf legt und sich duckt. No, wir reiten jetzt hin. Wochenende haben wir, also ist in der Stadt noch was los. Wir müssen es tun, sonst kommt der Sheriff in Zukunft bei jedem kleinen Diebstahl sofort zu uns. Dann sind wir fertig, du Schlaukopf. Sieh mich an, sieh deinen Vater an, du Narr – sie haben mich geschlagen...«

      »Ja«, brummt er unwirsch. »Sieht schlimm aus, ich sehe es. Nun gut..., und wie willst du es anfangen, he? Geh auf sie los, dann bekommst du nichts als Ärger mit Sheriff Bothwell. Willst du sie einfach angreifen?«

      »Idiot«, keucht der Alte, als er endlich schweigt. »Bin ich jemals ein Idiot gewesen, he? Sie haben uns nie etwas beweisen können, Brian, was? Die sollten sich wundern – die ganze Stadt soll sich vor Furcht verkriechen, sobald sie nur unseren Namen hören. Meinst du, ich bin hergeritten und habe im Sattel vor mich hingedöst, Brian? Mein Plan ist längst fertig. Da – sieh dir deinen Bruder Lemuel an – na los, sieh ihn dir an. Sage mir, was du siehst.«

      Brian wendet den Kopf und blickt hinüber zum rechten Pferd. Dort sitzt Lemuel zusammengekauert und bleich im Sattel.

      »Er ist blaß«, stellt er fest.

      »Blaß?« giftet der Alte. »Der macht sich vor Angst in die Hosen, dein prächtiger Bruder

      Lemuel. Pah, feige ist er, Angst hat er, dieser Schlotterkönig. Am liebsten wäre er zu Hause geblieben und hätte sich unter der Schürze seiner sanftmütigen Mutter verkrochen. Den können sie zehnmal verprügeln. Der kann unschuldig sein, und er wird sich noch bedanken, daß man ihm die Nase blutig geschlagen hat. Das ist ein feiges Stinktier.«

      Lemuel Madock schluckt, dann sagt er heiser:

      »Ich bin nicht feige, aber sie hatten recht. Ich habe gelogen, als sie mich fragten, ich hatte Angst, sie würden uns aufhängen. Und dann – Mutter konnte alles hören. Wenn ich es zugegeben hätte, wäre sie daran gestorben.«

      »Hast du gehört, Brian? Darum hat er sein Maul gehalten. Und schuldbewußt fühlte er sich, was? Die hatten ja recht, verstehst du, Brian?« Spottet der Alte wütend.

      Brian starrt den Stiefbruder an.

      »Warum bist du denn mitgeritten, he?« will er wissen.

      »Weil es nicht anders ging«, erwidert Lemuel finster. »Mutter hätte sich Gedanken gemacht, wenn ich mich geweigert hätte mitzureiten. Sie ist ohnehin mißtrauisch. Und wenn ich geblieben wäre, hätte sie vielleicht gedacht, daß Brennan doch recht haben könnte. Darum bin ich mitgekommen, Brian, nur darum. Ich werde auch mit zur Stadt reiten, aber ich sage es euch: Es geht nicht gut.«

      Brian blickt weg. Hardison hockt teilnahmslos im Sattel. Der Alte aber sagt giftig:

      »Also darum, so ist das! Sie soll glauben, daß du kein schlechter Kerl bist, was? Der Satan soll dich holen, du Lümmel, du kannst ja direkt denken. Der ist gefährlich, Brian, hörst du? Der kann denken, der Halunke, sieh mal einer an! Dafür bekommst du auch eine Belohnung von mir, Lemuel, Schlaukopf! Du wirst den Lockvogel machen. Du bist der jämmerlichste Madock! Und darum habe ich eine feine Rolle für dich geplant. Brauchst niemandem was zu tun, siehst du, so großzügig bin ich zu dir. Aber wir bekommen sie, und ich schwöre dir, wir werden nicht anfangen, wir nicht!«

      *

      Der Mann lehnt mit verschränkten Armen an der Wand.

      Das Mädchen nimmt die Schlüssel, und als es zur Tür geht, hat es wieder das Gefühl, daß die Augen des Mannes jede seiner Bewegungen verfolgen.

      Es ist Mitternacht vorbei. Aus Dailes Inn dringt das Lachen von Männern über die Straße. Auch im Deventer-Saloon sind noch ein Dutzend Leute. Frühjahrswind weht lau über die Stadt und das Land hinweg.

      »Ich schließe jetzt ab, Mr. Mallings«, sagt das Mädchen und nähert sich der Storetür. »Jetzt kommt wohl niemand mehr. Morgen ist Richmond-Day...«

      Ray Mallings stößt sich mit einem leichten Schwung von der Wand ab, ein großer, breitschultriger Mann mit pechschwarzen Haaren und scharfen hellgrauen Augen in einem harten Gesicht.

      Am Deventer-Saloon drüben hängen ein paar Girlanden. Deventer ist ein Mann aus dem Norden, der auch nach mehr als zwanzig Jahren den Tag der Übergabe von Richmond im Bürgerkrieg auf seine Art feiert. Man macht das immer hier, seitdem Deventer den Brauch eingeführt hat. Die Leute backen Kuchen, die Arbeit ruht an diesem Tag, und Deventer spendiert regelmäßig zwei Faß Bier. Danach, wenn der späte Nachmittag kommt...

      »Richmond-Day, sicher«, murmelt Mallings. »Am Nachmittag wird der Tanz beginnen, Clarissa. Sie haben frei morgen, wie? Werden Sie nach Hause fahren?«

      Warum fragt er, grübelt Clarissa Madock. Hat er es auch schon gehört? Diese vier Männer aus der San-Juan-Gegend, die Leute O’Learys, waren bei uns. Sie haben drüben bei Deventer erzählt, daß sie Dimp und meine Brüder verprügelt haben. In der ganzen Stadt weiß man schon, daß dieser Brennan meine Leute beschuldigt, Viehdiebe zu sein. Er will eins seiner Rinder bei uns gefunden haben, aber mit einem anderen Brandzeichen.

      »Ja, ich glaube, ich muß nach Hause.«

      »So, und ich hoffte schon, Sie würden bleiben«, murmelt er leise. »Irgendwelche Sorgen, Clarissa?«

      »Vielleicht, Mr. Mallings.«

      »Sie sollten sich keine machen«, sagt er beruhigend. »Angeblich ist der Brand etwa drei Monate alt. Es gibt viele Rinder mit einem abgekniffenen Horn, denke ich. Ich dachte, Sie würden morgen zum Tanz hier sein, damit ich..., eh, damit ich eine Partnerin habe.«

      Sie – eine Partnerin für Ray Mallings, ausgerechnet sie, eine Madock? Was denkt dieser Mann, dem die halbe Stadt gehört, der nach dem Tod seines Vaters die Ranch noch vergrößerte, dessen Angestellte sie ist?

      »Das sollten Sie nicht sagen, Mr. Mallings«, murmelt sie gepreßt. »Damit macht man keine Späße. Ich bin eine Madock.«

      »Nein«, sagt er kühl und wendet sich um. »Nein, Clarissa. Manche Leute denken vielleicht so, sie mögen alles in einen Topf werfen, aber vielleicht denke ich ein wenig anders, wie? Ich mache niemals derartige Späße, Clarissa. Im vergangenen Jahr war Ihre Mutter krank, erinnern Sie sich? Ich hatte gehofft, Sie würden am Richmond-Day hier sein. Vor zwei Jahren starb mein Vater, da konnte ich nicht in die Stadt kommen. Nun hoffte ich auf dieses Jahr, und Sie sagen...«

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