Der Bergpfarrer Extra 4 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Extra 4 – Heimatroman - Toni Waidacher


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Einigkeit besteht, was war dann der Anlass für Ihre Besorgtheit?«, wollte Sebastian wissen. Irgendetwas, das spürte er ganz deutlich, belastete Dominik noch. Doch dann stieg in ihm eine Vermutung hoch. »Es ist, weil sich Ihr Freund net als der erwiesen hat, für den Sie ihn immer gehalten haben. Stimmt’s?«

      Heidi brachte ein Glas voll Mineralwasser.

      »Danke, Heidi.«

      In einem Anflug von Verbitterung presste Dominik die Lippen zusammen, sodass sie nur noch eine dünne, blutleere Linie in seinem Gesicht bildeten. Schließlich nickte er. »Die Sache mit dem Dominik ist das eine, Herr Pfarrer«, gab er zu. »Wir waren seit vielen Jahren die besten Freunde und sind zusammen durch dick und dünn gegangen. Mir ist es unbegreiflich, dass sich der Julian von einer Stunde auf die andere so zu seinem Nachteil verändert haben soll.«

      »Es gibt Charakterzüge, die jahrelang in einem Menschen schlummern. Ein nichtiger, kaum nennenswerter Anlass genügt, um sie in den Vordergrund zu spülen. Und dann zeigt dieser Mensch sein wahres Gesicht. Es ist schwer zu verstehen, aber die Fakten lügen net. Drum muss man sich damit abfinden. Was ist das andere, das Ihnen zu schaffen macht?«

      »Die Luisa. Ich hab’ sie immer gemocht. Wie schon gesagt: Wir waren eine Clique. Insgesamt zwölf Leute, Männer und Frauen. Über das regelmäßige Treffen am Stammtisch hinaus haben einige von uns immer irgendetwas unternommen. Wir waren im Schwarzwald zum Wandern, wir waren in den Dolomiten und sind Ski gefahren, wir haben Radtouren unternommen, und, und, und … Das alles ist auf freundschaftlicher Ebene geschehen. Natürlich hab’ ich es bemerkt, dass mich die Luisa mit anderen Augen betrachtet hat, als die anderen Burschen in der Gruppe. Ich hab’ mir gesagt, dass sie das Interesse verlieren wird, wenn sie merkt, dass ich nicht darauf reagiere. Ich hab’ doch nicht damit gerechnet, dass sie derart ausrastet.«

      »Haben Sie schon mit ihr gesprochen? Nachdem sie weinend aus dem Hotel geflüchtet ist, wär’s vielleicht im Laufe des heutigen Tages möglich gewesen, mit ihr in aller Ruhe zu reden.«

      »Ich hab’s versucht, Herr Pfarrer. Heute in aller Frühe hab’ ich sie angerufen. Sie hat gar nicht abgenommen. Am späteren Vormittag hab’ ich es noch einmal versucht. Vergeblich. Nachmittags hab’ ich ein weiteres Mal angerufen. Sie hat ins Telefon gebrüllt, dass ich sie in Ruhe lassen soll.« Dominik zuckte mit den Schultern, er seufzte und endete: »Mir macht die Luisa direkt Angst, Herr Pfarrer. Denn ich frag’ mich, ob sie noch richtig tickt da oben.« Er tippte sich mit den Fingerkuppen gegen die Stirn. »Wenn nicht, weiß man denn, was so ein krankes Hirn ausheckt?«

      »Sie hat es auch abgelehnt, mit mir zu sprechen«, sagte Sebastian. »Ich hab’ mich mit einem Arzt, mit dem ich gut bekannt bin, über die Luisa unterhalten und hab’ ihm ihre Auffälligkeiten geschildert. Sein Name ist Keller – Doktor Adrian Keller. Er hat auf einem Bauernhof hier in St. Johann eine Traumaklinik ins Leben gerufen. Doktor Keller denkt, dass die Luisa an einem akuten Realitätsverlust leidet. Sie unterscheidet nicht mehr zwischen Traum und Wirklichkeit.«

      »Ist das heilbar?«

      »Ja. Aber dazu müsst’ sich die Luisa in ärztliche Behandlung begeben.«

      Dominik entfuhr ein bitteres Lachen. »Luisa? Niemals!«

      »Was meinen Sie? Tut es Ihrem Freund leid, dass er die Freundschaft mit Ihnen wegen seines verletzten Egos aufs Spiel gesetzt hat?«

      »Ich weiß es nicht, glaub’ es aber net. Ich bin vielmehr davon überzeugt, dass er und Luisa noch ein paar weitere Gemeinheiten aushecken, um einen Keil zwischen mich und Celine zu treiben.«

      »Fürchten Sie sich davor?«

      »Ich wäre nicht erfreut, wenn es so sein sollte«, bekannte Dominik. »Aber Celine und ich sind gewarnt. Wir werden allen Intrigen, die möglicherweise auf uns zukommen, gemeinsam die Stirn bieten.«

      Sebastian nippte an seinem Wasser. »Das freut mich«, sagte er dann. »Dennoch bleibt – wie Sie’s schon richtig formuliert haben -, ein Haufen Scherben übrig. Das ist traurig. Sehen S’ denn keine Chance mehr, dass Sie und der Julian sich wieder miteinander vertragen?«

      »Könnte ich ihm je wieder vertrauen?«, kam die Gegenfrage Dominiks.

      »Wenn er ehrlich bereut – ja.«

      »Ich glaube nicht daran. Der Julian kann nicht verlieren. Während der Jahre unserer Freundschaft hab’ ich nie den Ehrgeiz gehabt, mich in irgendeiner Weise über ihn zu stellen. Er hat immer den großen Macher gespielt und ich hab’ ihn gewähren lassen. Als er gemerkt hat, dass er Celine mit seiner aufgesetzt weltmännischen Art nicht beeindrucken kann, hat das sein gesamtes Weltbild durcheinandergeworfen und er ist durchgedreht.« Dominik schien sich seine nächsten Worte genau zu überlegen. »Selbst wenn wir wieder zu einem freundschaftlichen Verhältnis zusammenfinden würden«, sagte er dann, »es wäre nicht mehr so, wie es war. Der bittere Beigeschmack würde bleiben. Ich wäre auch nicht mehr bereit, nach Julians Pfeife zu tanzen. An dem Tag, an dem mir Celine begegnet ist und ich gemerkt hab’, dass Julian nicht ausschließlich derjenige ist, der die ungeteilte Aufmerksamkeit und das komplette Interesse aller Frauen genießt, ist mir klar geworden, dass ich mich gegen ihn auf die Hinterfüße stellen muss. Von dem Moment an, in dem er nicht mehr der Anführer war, hat er hingeworfen und begonnen, verrückt zu spielen. Ich glaube nicht, dass man unter diesen Voraussetzungen noch von Freundschaft reden könnte.«

      »Vielleicht ist es so«, sagte Sebastian, doch überzeugt war er nicht. »Ich denk’, dass man sich auch unter geänderten Voraussetzungen wieder zusammenraufen kann. Wollen Sie’s net wenigstens versuchen? Julian hat einen Fehler begangen, das lässt sich net bestreiten. Aber meinen S’ net, dass er eine zweite Chance verdient hat?«

      Verunsichert sah Dominik den Bergpfarrer an. »Wenn ich ehrlich bin«, sagte er, »dann wäre es mir auch lieber, der Julian und ich würden uns wieder vertragen können. Es wird sicherlich nicht mehr die Freundschaft sein, die sie einmal war. Aber es wäre wünschenswert, dass Friede zwischen uns herrscht und wir unbefangen miteinander umgehen können.«

      »Was halten S’ davon, wenn wir zu dritt eine Skitour machen, Dominik?«, fragte der Pfarrer.

      Dominik war überrascht. »Sie, der Julian und ich …?«

      Sebastian nickte. »Ein guter Freund von mir würd’ sicher auch gern mitfahren. Er ist Arzt im Ruhestand. Sein Name ist Kaltenecker – Severin Kaltenecker. Ich bin davon überzeugt, dass sich der Friede zwischen Ihnen und Julian wieder herstellen lässt.«

      »Die Frage ist, ob der Julian mitmacht«, murmelte Dominik und eine unüberhörbare Skepsis lag im Tonfall seiner Stimme.

      »Ich werd’ ihn fragen«, sagte der Bergpfarrer entschlossen.

      *

      Luisa und Julian saßen im Aufenthaltsraum der Pension ›Edelweiß‹. Sie hatten sich im Supermarkt eine Flasche Wein und Mineralwasser besorgt, und nun saßen sie beisammen, unterhielten sich und versuchten sich an einem Würfelspiel, das sie dort vorgefunden hatten.

      »Der Kerl hat ganz schön geschluckt, als ich ihm eröffnet hab’, dass seine Braut mit dem Dominik herumschmust«, sagte Julian mit einem triumphierenden Grinsen. »Wetten, dass er spätestens morgen Mittag in St. Johann aufkreuzt, um nach dem Rechten zu sehen?«

      Luisa schüttelte den Würfelbecher und knallte ihn auf die Unterlage. Sie hatte zweimal die Fünf, die Eins, die Drei und die Sechs. »Die Fünfer brauche ich noch, nicht wahr?«, fragte sie.

      Julian, der als ›Schriftführer‹ fungierte, warf einen Blick auf den Block mit den Eintragungen und nickte. »Ja.«

      »Gut, dann gehe ich auf die Fünf.« Luisa nahm die Würfel, ließ sie in den Becher fallen, schüttelte ihn und stülpte ihn erneut auf die Würfelunterlage. »Hoffentlich haut der Weißgerber anständig mit der Faust auf den Tisch«, hoffte sie. »Er soll für richtigen Wirbel sorgen! Ich würde es Dominik, diesem Schuft gönnen. Ich möchte ihn am Boden sehen.«

      »Ich denke, du liebst ihn«, sagte Julian und ein etwas anzügliches Grinsen spielte um seinen Mund.

      »Seit


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