Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 1 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 1 – Familienroman - Michaela Dornberg


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war nichts hinzuzufügen. Werner wandte sich ab­ und ging in sein Arbeitszimmer, und Inge genehmigte sich noch einen Kaffee, den brauchte sie nämlich nicht nur um wach zu werden, sondern auch beim Nachdenken.

      Sie freute sich auf das Wochenende, und was Bambi wohl sagen würde?

      Die war in ihre Nichten und Neffen vernarrt und hatte einen unbändigen Spaß daran, eine so junge Tante zu sein.

      Jörg hatte mit gemischten Gefühlen die alte Kaffeemühle seiner Großmutter entgegengenommen und sie auch nur recht halbherzig repariert.

      Doch als er jetzt sah, wie glücklich seine Omi war, wie sie dieses olle Ding an sich presste, bekam er ein schlechtes Gewissen.

      »Jörg, wir müssen sie jetzt sofort ausprobieren«, rief Teresa von Roth, »nicht, dass ich dir misstraue. Ich bin nur so aufgeregt, du glaubst überhaupt nicht, wie sehr ich mein Maschinchen vermisst habe, und ich wäre untröstlich gewesen, wenn es mit der Reparatur nicht geklappt hätte. So etwas kann man nicht mehr kaufen, und eine solche Qualität gibt es heutzutage in unserer Wegwerfgesellschaft nicht mehr.«

      Jörg folgte seiner Großmutter ins Haus, zu dem er keinen so rechten Bezug hatte, wie zum Sonnenwinkel überhaupt. Er war bereits Student gewesen, als seine Eltern zuerst, später dann auch seine Großeltern hergezogen waren. Am meisten hatten Hannes und Bambi davon profitiert und oftmals mehr Zeit bei den Großeltern als bei den Eltern verbracht.

      Das bedeutete jedoch nicht, dass er sie weniger liebte als Ricky, Hannes und Bambi.

      Magnus von Roth gesellte sich zu ihnen, begrüßte seinen Enkel, dann sagte er, als er die Kaffeemühle bemerkte: »Jörg, deine Großmutter liebt dich über alles, doch jetzt wird ihre Liebe für dich ins Unermessliche steigen. Komm, lass uns direkt in die Küche gehen, denn ich weiß, was jetzt gleich passieren wird.«

      »Aber den Kaffee, den ich koche, den genießt du schon. Und ich kann mich noch sehr gut an deine Worte erinnern, als du mir sagtest, dass der selbstgemahlene Kaffee sehr viel besser schmeckt.«

      Magnus von Roth lachte, gab es zu.

      Er und seine Teresa waren ein eingeschworenes Team. Es konnte sie nichts mehr erschüttern. Sie waren durch Höhen und Tiefen gegangen, viele Tiefen. So etwas schweißte zusammen.

      Teresa strich glücklich über ihre alte Kaffeemühle, der anzusehen war, dass sie die besten Zeiten hinter sich hatte und die auf junge Menschen wie ein Museumsstück wirkte. Sie holte Kaffee aus dem Schrank, füllte ihn in die Mühle, und dann schloss sie beglückt die Augen, als das wohlvertraute Geräusch ertönte und es sehr bald ganz herrlich nach frisch gemahlenem Kaffee duftete.

      Davon bekamen die beiden Männer nichts mit, denn es gab andere Themen. Vor allem interessierte Magnus von Roth sich für die berufliche Karriere seines Enkels.

      »Und, wirst du bei den Münster-Werken bleiben? Ich habe gehört, dass ein großer Betrieb in den neuen Bun­des­ländern gebaut werden soll.«

      Das bestätigte Jörg.

      »Und wäre es eine Herausforderung für dich, dort einen leitenden Posten zu übernehmen?«, erkundigte Magnus von Roth sich.

      Jörg schüttelte entschieden den Kopf.

      »Nein, auf keinen Fall, und das weiß Felix Münster auch. Einen Wechsel innerhalb der Firma möchte ich nicht vornehmen.« Interessiert blickte Magnus seinen Enkel an.

      »Denkst du überhaupt an einen Wechsel? Besser als in den Münster-Werken kannst du es nicht antreffen, da bist du doch schon ganz oben auf der Karriereleiter.«

      »Das stimmt, Opi, besser kann ich es nirgendwo antreffen, aber doch anders. Stella und ich haben hier und da schon mal das eine oder andere durchgesponnen. Das muss auch so sein, denn schließlich sind sie und die Kinder bei jeder Veränderung involviert. Also, denkbar für uns wäre, eine Zeit im Ausland zu verbringen, oder verlockend wäre auch, mich selbstständig zu machen.«

      Magnus von Roth blickte seinen Enkel, von dem er sehr viel hielt, nachdenklich an.

      »Das hört sich alles gut an, mein Junge. Nur weißt du, ob Stella das mit dem Ausland wirklich will, oder ob sie nicht nur so weit wie möglich von ihren Eltern entfernt sein möchte? Und die Selbstständigkeit. Das klingt wirklich gut, du bist frei, dein eigener Herr, kannst deine Entscheidungen treffen, ohne dass dir da jemand hineinredet. Aber … du trägst auch allein die Verantwortung. Was ist, wenn du krank wirst, nicht arbeiten kannst und demzufolge kein Geld reinkommt? Du hast eine Familie, für die du verantwortlich bist. Da ist jedes Für und Wider genauestens abzuwägen.«

      Jörg konnte so gut verstehen, dass sein Opa so dachte. Er und die Oma hatten alles verloren, standen vor dem Nichts, und es hatte viel Fleiß und Arbeit gebraucht, um dorthin zu kommen, wo sie jetzt waren. Sein Sicherheitsdenken war zu verstehen.

      »Opa, es steht derzeit überhaupt keine Entscheidung an. Ich denke, dass sich manches von selbst ergibt, wenn es an der Zeit ist. Ich war auch schon während meines Studiums sehr flexibel, und ich habe auch lange genug im Ausland gelebt um zu wissen, dass, wohin man auch geht, nicht alles Sonnenschein ist. Aber ich bin noch jung, noch kann ich ­alles wagen. Ich möchte ­irgendwann nicht einmal den­ verpassten Möglichkeiten nachweinen. Auf ewig werde ich auf keinen Fall bei Felix arbeiten. Da hätte ich auch gleich Beamter werden können. Ich gehöre einfach nicht zu den Menschen, die mit ihrer beruflichen Laufbahn irgendwo starten und dort auch aufhören.«

      Magnus musste lachen, weil ihm ein derartiger Gedanke bei Jörg in der Tat unvorstellbar war, Sicherheitsdenken hin oder her.

      »Was sagen denn deine Eltern zu solchen Überlegungen?«, wollte er wissen.

      »Opi, darüber habe ich mit ihnen nicht gesprochen, und das werde ich auch erst tun, wenn die Zeit reif dafür ist, wenn Stella und ich eine ­Entscheidung getroffen haben. Mal ganz ehrlich, ich liebe meine Eltern über alles, sie sind weltoffen, verständnisvoll … Nur manches Mal habe ich den­ Eindruck, dass es eigentlich umgekehrt sein müsste, die­ Omi und du müsstet unsere ­Eltern sein, und die beiden ­unsere Großeltern. Ihr seid, wie man so schön sagt, in eurem Kopf viel jünger. Das ist übrigens auch Rickys Meinung.«

      Magnus von Roth war höchst erfreut über dieses Kompliment, doch ehe er etwas sagen konnte, kam seine Teresa zu ihnen an den Tisch.

      »Jetzt wird erst einmal Kaffee getrunken, meine Herren, frisch gemahlen und frisch aufgebrüht, und dann möchte ich denjenigen hören, der mir sagt, dass alte Kaffeemühlen entsorgt werden müssen, weil die modernen besser sind.«

      Jörg strahlte seine Omi an.

      »So etwas zu sagen, würde ich niemals wagen.«

      Er fühlte sich wohl, er hatte tolle Eltern, aber seine Großeltern, die waren einmalig, »der Knaller«, würde Bambi in der Sprache der ­Jugend sagen.

Das große Fest

      Die junge Ärztin Dr. Roberta Steinfeld war an diesem Morgen so richtig entspannt. Zum ersten Mal, seit sie in den Sonnenwinkel gezogen war und die Praxis ihres alten Freundes Dr. Enno Riedel übernommen hatte.

      Das sie so entspannt war, lag ganz gewiss nicht daran, dass sie mittlerweile doch tatsächlich schon fünf Patienten hatte.

      Das war lächerlich und kein Grund zum freuen. Sie durfte überhaupt nicht daran denken, was früher in ihrer alten Praxis abgegangen war, die sie ihrem Exmann überlassen hatte. Da hatten sie Patienten abweisen müssen, weil die Kapazität erschöpft gewesen war.

      Das war vorbei!

      Roberta war fest entschlossen, ihre Vergangenheit endgültig loszulassen und nicht mehr daran zu denken, was sie verloren hatte, was gewesen war. Nichts ließ sich zurückholen, nichts ließ sich festhalten, und es brachte auch nichts, in der Vergangenheit zu leben.

      Entscheidend war das Hier und Jetzt, und wenn man das gut bewältigte, dann brauchte


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