Milena - Heart am Limit | Erotischer Roman. Julia M. Flinck
zu verabschieden. Auf keinen Fall wollte ich ihn ärgern oder gar provozieren! Ehrlich gesagt kam ich überhaupt nicht auf die Idee, dass er eifersüchtig reagieren könnte! Schließlich versicherte er mir ständig, dass wir ein rein sexuelles Verhältnis ohne Verpflichtungen hätten. Leider hatte ich seine männlichen Besitzansprüche nicht einkalkuliert. Er durfte seine ehemaligen Andromeda-Kolleginnen und sonstige Weiber abküssen. Klar, wir hatten ja keine Beziehung. Dass ich dagegen nicht einmal mit einem anderen männlichen Wesen eine Cola (aus zwei Gläsern, versteht sich) trinken durfte, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Aber ich sollte es am gleichen Abend noch erfahren.
Im Gegensatz zu sonstigen Gelegenheiten überließ Ben mich nicht kurz darauf wieder mir selbst, sondern blieb in meiner Nähe. Auch als er mich nach meiner Verabredung mit Alex fragte (»Wer ist das? Woher kennst du den Typen überhaupt? Wieso triffst du dich mit ihm?«), dachte ich mir noch nichts dabei. Kurz vor ein Uhr machte ich mich also auf den Weg ins Casino und amüsierte mich köstlich über Ben, der so tat, als wäre er beleidigt und eifersüchtig. Ich saß kaum eine Viertelstunde mit Alex am Tisch, da gesellte er sich zu uns. Er sah Alex an, als wollte er ihn gleich vom Hocker schubsen. So hatte ich ihn in der Öffentlichkeit noch nie erlebt: Er machte einen auf Macho! Und das reizte mich echt zum Lachen, weil es überhaupt nicht zu ihm passte. Ich dachte, er hätte heute seinen humorvollen Abend und wäre daher zu gar witzigen Spielchen aufgelegt. Alex dagegen war sichtlich irritiert – wir konnten uns nicht mehr unbefangen unterhalten.
Also sagte ich scherzhaft zu Ben: »Jetzt sei ein braver Junge und geh tanzen. Ich komm dann später nach.«
Mir kam der leise Verdacht, dass Ben diesen Scherz nicht sehr lustig fand. Denn er warf mir einen undefinierbaren (bitterbösen?) Blick zu, drehte sich um und verschwand. Irgendwie muss meine Leitung an diesem Tag besonders lang gewesen sein. Sonst hätte ich nämlich schon da bemerkt, dass er ernsthaft wütend auf mich war …
Kaum war Ben von der Bildfläche verschwunden, fragte Alex säuerlich: »War das dein Freund?«
Ich räusperte mich und antwortete: »Nicht wirklich … Ist nur ein Kumpel. Er denkt anscheinend, er müsste auf mich aufpassen.«
Ich hatte das sichere Gefühl, dass Alex mir kein Wort glaubte. Er sah mich einen Augenblick lang nachdenklich an und meinte dann kopfschüttelnd: »Ich kann nicht verstehen, was du an dem findest …!«
Das liegt vielleicht daran, dass du keine Frau bist, dachte ich und rief ärgerlich: »Mein lieber Alex, ich sitze nicht hier, um mich vor dir für meinen Bekanntenkreis zu rechtfertigen!«
»Du hast ja recht«, erwiderte er beschwichtigend, »im Übrigen ist es hier überall mächtig voll heute. Und die Luft ist auch schlecht! Wir könnten eine halbe Stunde draußen spazieren gehen und uns dabei weiter unterhalten. Kommst du mit?«
»Jetzt? Spinnst du?«
»Nein, warum denn? Ich hätte nur einfach Lust, ein bisschen zu laufen, bevor mir der Hintern einschläft. Oder hast du Angst, dein Freund kriegt es mit und macht dir Stress?«
Das wäre ja wohl noch schöner!
»Er ist nicht mein Freund! Er kann mir keinen Stress machen. Außerdem braucht er es gar nicht ›mitzukriegen‹, denn ich werde es ihm ganz einfach sagen! Ich habe ja nichts zu verbergen und kann schließlich gehen, wohin, mit wem und wann immer ich will.«
Damit leerte ich mein Glas und stand auf. Auch Alex trank aus und erhob sich. Hintereinander arbeiteten wir uns durch das Gedränge auf der Wendeltreppe. Kaum waren wir unten, lief uns auch schon Ben über den Weg. Wie praktisch, so brauchte ich ihn nicht erst noch zu suchen, um ihm Bescheid zu geben. Ich sagte ihm, dass ich mit Alex nach draußen gehen würde, später aber wieder im Houseclub zu finden wäre, falls er mir noch Auf Wiedersehen sagen wolle, bevor er mit seinen Kumpels nach Hause fuhr.
Ben zog ein Gesicht, doch er fragte einigermaßen sachlich: »Wann kommst du wieder?«
»Bald«, erwiderte ich freundlich, aber bestimmt, und folgte Alex zum Ausgang.
Als wir an der Garderobe vorbeikamen, wollte ich meine Jacke abholen.
Alex winkte ab: »Ach was, für die Viertel- oder halbe Stunde brauchst du keine Jacke. Es ist nicht kalt und wir wollen ja auch nicht ewig weit laufen.«
Das beseitigte jeden Rest von Misstrauen Alex gegenüber. Erstens wirkte er nicht wie einer, der Frauen überfällt. Zweitens wusste er, dass Ben wusste, mit wem ich unterwegs war. (Nebenbei bemerkt der zweite Grund, weshalb ich ihm Bescheid gesagt hatte – ich konnte mir nämlich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Alex sich mit Ben anlegen würde.) Und drittens wollte er mich sicher nicht verschleppen, wenn er nicht einmal seine Jacke und seine Autoschlüssel mitnahm! Also verließ ich völlig arglos mit ihm zusammen die Diskothek.
Draußen setzten wir unsere Unterhaltung vom Casino fort. Wir schlenderten gemächlich die Straße entlang, alles war entspannt und in bester Ordnung. Das Andromeda lag außerhalb in einem Industriegebiet. Nach etwa zwei- oder dreihundert Metern machte die Zufahrtsstraße eine Biegung. In lockerem Abstand gingen wir auf dem Bürgersteig nebeneinander her, vertieft in ein angeregtes Gespräch über Musik. Ich bemerkte daher überhaupt nicht, dass sich die Umgebung langsam veränderte. Links von uns befand sich auf einmal ein hoher Metallzaun, rechts zwischen uns und der Straße eine Hecke.
Plötzlich packte Alex meine Arme, zog mich eng an sich und stieß atemlos hervor: »Du weißt doch, dass ich scharf auf dich bin …«
Ich versuchte sofort, ihn von mir wegzuschieben, und antwortete ungerührt: »Ich glaube, du tickst nicht richtig. Wenn du mich nicht auf der Stelle loslässt, schreie ich!« Das war lächerlich. Kein Mensch hätte mich in dieser Gegend gehört. Mein Gott, was war ich dämlich. So naiv und unbedacht in eine Falle zu tappen! Ich hatte keine Angst, zumindest nicht wirklich. Alex war nur ein wenig größer und bestimmt nicht viel kräftiger als ich. Gegen ihn könnte ich mich wahrscheinlich locker zur Wehr setzen, ein gut gezielter Tritt zum Beispiel würde Wunder wirken. Aber ich hatte einfach Skrupel, ihm ernsthaft wehzutun, solange ich ihn mit Worten zur Vernunft bringen konnte.
Da sagte Alex auch schon beschwichtigend: »Du brauchst nicht zu schreien, ich will dir doch nichts antun, wofür hältst du mich!«
»Gut«, erwiderte ich ruhig, »dann nimm deine Hände weg und lass uns zurückgehen.« Er lockerte seinen Griff, ließ mich aber nicht los. Er verlegte sich aufs Betteln.
»Bitte-bitte, wenn ich dich küssen darf, gehen wir auch gleich zurück! Nur einen einzigen Kuss will ich von dir haben! Oder findest du mich so abstoßend?«
»Alex! Natürlich finde ich dich nicht abstoßend! Aber das ist noch lange kein Grund für mich, mit dir hier draußen herumzuknutschen! Aus dem Alter bin ich nämlich raus! Und: Wenn ich mich von jedem Kerl küssen lassen würde, den ich nicht abstoßend finde, hätte ich wirklich viel zu tun!«
»Was heißt hier ›herumknutschen‹«, empörte sich Alex und machte wieder ganz auf Gentleman, »ich bitte dich nur um einen einzigen Kuss! Und ich bin doch nicht ›jeder‹!«
Stand ich doch tatsächlich mitten in der Nacht an der Straße und diskutierte mit einem aufgegeilten Kerl darüber, ob ein Kuss das Gleiche ist wie Herumgeknutsche! Ich dachte, ich wäre im falschen Film! Aber bald hatte ich keine Lust mehr auf Diskussionen – und überhaupt, sooo schlimm und unsittlich war seine Bitte ja nun auch wieder nicht. Außerdem fing ich in meinem dünnen Top langsam an zu frieren, und Ben würde sich vielleicht wundern, wo ich so lange blieb. Also entschloss ich mich, Alex seinen Wunsch zu erfüllen, und zwar gleich, damit wir möglichst schnell wieder zurückgingen.
Alex hielt mich jetzt sehr zärtlich im Arm. Er küsste mich ganz vorsichtig auf den Mund … öffnete mit seiner Zunge meine Lippen … tastete sich langsam in mich hinein … – Ich schloss die Augen. Und bekam den schönsten Zungenkuss meines Lebens … Einen Augenblick lang vergaß ich völlig, wo ich war. Und vor allem, mit wem. Dann ging alles sehr schnell: Alex drückte mich an den Zaun und fing an, mit seiner Zunge an meinem Hals entlangzustreicheln und mich sanft zu beißen. Gleichzeitig fasste er mir zwischen die Beine.
Ich