Dr. Norden Classic 43 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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      »Haben Sie einen Termin?« Wendys Stimme war freundlich wie immer, und ein feines Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie die Frau aufmerksam musterte, die eben an den Tresen der Praxis Dr. Norden getreten war. An diesem Nachmittag erwartete die langjährige Assistentin keine Patientin mehr. Deshalb war sie umso neugieriger, welches Anliegen die hübsche junge Frau mit der braunen Kurzhaarfrisur und der Stupsnase in die Praxis führte. »Wenn Sie mir bitte Ihren Namen sagen …«

      »Ich glaube kaum, dass Dr. Norden mich in den normalen Kalender eingetragen hat«, gab Brigitte Beer belustigt zurück, als Danny Norden durch den Flur ging.

      Er begleitete einen Patienten zur Tür, und sein Blick streifte die Besucherin am Tresen. Als er zurückkehrte, leuchteten seine Augen erwartungsvoll.

      »Bitsi, bist du das?«, fragte er sichtlich überrascht.

      Die Besucherin maß den jungen Arzt einen Moment lang ungläubig, ehe sie laut auflachte.

      »Mensch, Danny, das gibt’s ja nicht! Was machst du denn hier?«

      Dr. Nordens treue Assistentin Wendy und ihre Freundin und Kollegin Janine tauschten vielsagende Blicke, während auch Danny lachte.

      »Na, arbeiten. Ich bin Arzt wie mein Vater. Wusstest du das nicht?« Im selben Moment bereute er seine Frage und er schüttelte den Kopf über seine eigene Gedankenlosigkeit. »Wie dumm von mir. Wir haben uns seit bestimmt zehn Jahren nicht gesehen. Woher solltest du auch wissen, was ich jetzt mache?«

      »Stimmt auffallend«, gab Brigitte vergnügt zurück. »Zumal du offenbar auch keine Ahnung davon hast, dass ich in das Geschäft meines Vaters eingestiegen bin.«

      »Lass mich raten!« Danny musste nur einen kurzen Moment nachdenken. Ein spitzbübisches Lächeln auf dem Gesicht deutete er mit dem Zeigefinger auf die Nasenspitze seiner ehemaligen Mitschülerin. »Du hast eine Ausbildung zur Malerin und Lackiererin gemacht.«

      »Hey, das weißt du noch?« Bitsi freute sich sichtlich darüber, dass der gutaussehende Arztsohn sie nicht vergessen hatte.

      »Warum auch nicht?«, fragte er überrascht. »Schließlich warst du der Schwarm aller Jungs in der Klasse. Abgesehen davon, dass du schon immer wahnsinnig hübsch warst, hat dich jeder für deinen Mut und deine Abenteuerlust bewundert. Einfach das Gymnasium zu schmeißen, um eine Lehre zu machen, noch dazu in einem Männerberuf … eine richtige Amazone … das war schon was …«

      Bescheiden und ein bisschen verlegen angesichts der schmeichelhaften Komplimente winkte Brigitte ab.

      »Ach was! Ich finde es viel toller, dass du auch Arzt geworden bist.« Sie musterte Dannys weißen Kittel mit offenkundiger Bewunderung. »Steht dir gut, deine Uniform.«

      »Vielen Dank. Aber du siehst auch toll aus«, gab der junge Arzt das Kompliment postwendend zurück und meinte es auch so. Tatsächlich war aus der burschikosen Bitsi eine regelrechte Augenweide geworden. Die harte Arbeit hatte ihren Körper trainiert wie den einer Sportlerin, und ihre schön geschwungenen Lippen strahlten mit ihren grünen Augen um die Wette. »Und gar nicht krank!«, entfuhr es ihm, als er am Ende seiner Betrachtung angelangt war.

      »Das bin ich auch nicht.« Mit einer lässigen Handbewegung fuhr sich Brigitte durchs braune Haar. Ganz offensichtlich machte sie nicht viel Aufhebens um ihr Aussehen. Ihre Natürlichkeit wirkte sehr anziehend. »Dein Vater hat mich angerufen. Es geht um einen Auftrag.« Ihr prüfender Blick wanderte durch den Flur und an den Wänden entlang. »Ich soll die Praxisräume streichen.«

      »Ach, wirklich?« Diese Nachricht war in der Tat überraschend für Danny. »Das wusste ich gar nicht.« Er wandte sich an Wendy und Janine, die sich beide den Anschein gaben, in ihre Arbeit vertieft zu sein. Tatsächlich lauschten sie dem Gespräch aufmerksam.

      »Wussten Sie davon?«, fragte er aufs Geratewohl.

      »Also, ich hatte keine Ahnung«, erwiderte Janine wahrheitsgemäß, doch Wendy erinnerte sich tatsächlich, dass Daniel Norden zwischen Tür und Angel den Besuch der Malerin angekündigt hatte.

      »Ich glaube, der Chef wollte es noch nicht an die große Glocke hängen, weil es zunächst um ein Angebot geht«, sagte sie und hob den Telefonhörer, um Brigitte Beer anzukündigen.

      Während sie Dr. Norden Bescheid gab, lächelte Danny seine Jugendfreundin versonnen an.

      »Das ist ja wirklich lustig, dass du ausgerechnet jetzt auftauchst. Ich bin nämlich auch gerade beim Renovieren.«

      »Ach, wirklich? Vielleicht hast du deinen Vater ja auf die Idee gebracht.« Bitsi betrachtete ihn mit unverhohlenem Interesse. Es war nicht zu übersehen, dass ihr gefiel, was sie sah. »Wenn du Hilfe brauchst, musst du es nur sagen.«

      »Das ist echt nett von dir. Aber ich glaube, das bekommen meine Freundin und ich schon allein hin.«

      Für den Bruchteil einer Sekunde huschte ein Schatten über Brigittes Gesicht. Während sich Danny noch fragte, ob er richtig gesehen hatte, strahlte sie aber schon wieder.

      »Wie du willst. Aber falls du doch fachmännische … ich meine fachfrauliche Unterstützung brauchst … hier ist meine Nummer.«

      Bitsi zog eine Visitenkarte aus der Tasche und reichte sie Danny. Als sich ihre Fingerspitzen berührten, zuckten sie beide zusammen. Sie lachten gleichzeitig.

      »Danke. Aber ich glaube wirklich, dass wir das allein schaffen«, wiederholte Danny sichtlich verlegen, als Wendy auflegte und der Malerin mitteilte, dass sie von Dr. Norden Senior erwartet wurde.

      Bitsi bedankte sich, blinzelte Danny verschwörerisch zu und folgte dann Janine, die bereitwillig aufgestanden war, um ihr den Weg zu weisen.

      Einen Moment lang stand der junge Arzt in Gedanken versunken da und sah seiner Jugendfreundin nach. Ganz kurz schien es ihm, als wäre er immer noch der Zehntklässler, der er damals gewesen war, blind vor Liebe zu dem frechen, selbstbewussten Mädchen, das schon so früh gewusst hatte, welchen Weg es einschlagen wollte. Doch dieses Gefühl verflog so schnell wieder, wie es gekommen war, und als das Telefon klingelte und Wendy einen Anruf von Tatjana ankündigte, kehrte er schlagartig in die glückliche Gegenwart zurück. Erfreut eilte Danny Norden in sein Zimmer, um mit der großen Liebe seines noch so jungen Lebens zu sprechen.

      *

      Doch wie so oft in letzter Zeit war das Telefonat mit Tatjana alles andere als eine Freude. Die Ausbildung zur Bäckerin und Konditorin, die sie nach ihrem Studium begonnen hatte, machte ihr zwar viel Spaß. Doch seit Danny an seiner Doktorarbeit saß und zu allem Überfluss auch noch Tatjanas Chefin Hilde Bärwald für unbestimmte Zeit ausfiel, ging alles drunter und drüber. Zu allem Überfluss hatte Frau Bärwald eine Vertretung besorgt, die nicht gut auf Tatjana zu sprechen war.

      »Diese Schnepfe treibt mich noch in den Wahnsinn«, beschwerte sie sich bei ihrem Freund. »Mir fehlen noch so viele Sachen für meine Abschlussprüfung. Ich muss ja nicht nur Sauerteigbrot herstellen können, sondern auch Kleingebäck unterschiedlicher Teige und Formen, Backwarensnacks, Partykleingebäck oder kleine Gerichte, feine Backwaren aus verschiedenen Teigen und Cremes oder eine Torte. Aber davon will diese Dorothee nichts wissen. Stell dir vor, sie hat unser gesamtes Sortiment umgestellt und die Hälfte meiner Kreationen einfach rausgenommen.« Tatjana war so wütend, dass sie trotz ihrer Erschöpfung keine Ruhe fand. Während sie mit Danny telefonierte, wanderte sie rastlos in ihrer kleinen Studentenbude auf und ab. Dabei musste sie aufpassen, dass sie sich nirgendwo anstieß. Überall standen halb gepackte Kisten, und das Chaos angesichts des demnächst geplanten Umzugs war riesig. »Jetzt darf ich nur noch einfache Brötchen backen und Teigrohlinge und Fertigblätterteig in den Ofen schieben.«

      »Das wird Hilde aber gar nicht gern hören.« Danny konnte den Ärger seiner Freundin nur zu gut verstehen. Schließlich war es ihr und ihrer Kreativität zu verdanken, dass die kleine Bäckerei mit dem angeschlossenem Café eine neue Blüte erlebte.

      Unwillig schnaubte Tatjana in den Hörer.

      »Nicht nur Hilde. Ich mache die Ausbildung, damit ich das Geschäft demnächst übernehmen kann. Was, wenn am Ende nichts mehr davon übrig ist, weil Dorothee die Kunden vergrault hat?«, stellte sie eine berechtigte Frage.

      »Glaubst


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