Dr. Laurin Classic 47 – Arztroman. Patricia Vandenberg
Rolle.«
Er muß fast zwanzig Jahre jünger sein, dachte Teresa und fand keine Worte.
»Diesmal ist es die ganz große Liebe und endgültig«, fuhr Laurentina fort. »In drei Ehen habe ich genügend Erfahrungen gesammelt. Nichts gegen meine Ehemänner, sie waren wirklich nett, aber… Na ja, was soll man darüber reden. Man ist eben zuviel unterwegs, man sieht sich zu selten.«
Und so ging es noch eine Weile fort.
Teresa kam mehr und mehr auf den Gedanken, daß Laurentinas Interessen sich nur noch auf ihr Äußeres richteten und daß sie damit vollauf beschäftigt war, sich krampfhaft an eine schon entschwundene Jugend zu klammern.
Laurentina erinnerte Teresa dann auch noch einmal eindringlich an ihre Geburtstagsparty, die übermorgen steigen sollte.
»Ich muß doch Ihren Mann kennenlernen«, sagte sie. Von Leon sprach sie nicht mehr, nachdem sie erfahren hatte, daß er verheiratet und Vater von vier Kindern war. Das würde sie wohl doch allzusehr an ihr wahres Alter erinnern, das sie bei der Verabschiedung nicht leugnen konnte.
Sie sah plötzlich eingefallen und krank aus, und Teresa dachte darüber noch lange nach. Selbst wenn sie ihr einen Entwurf für ein Kleid hätte machen wollen, es wäre ihr nichts eingefallen. Früher, ja, früher war das einfach gewesen.
Eine Schnapsidee, sich an einen um so vieles jüngeren Mann zu hängen, dachte sie, und dabei hatte sie doch damals einen so sympathischen Mann. Sie erinnerte sich noch gut an ihn.
Er hatte Laurentina öfter begleitet, und er hatte einen ungewöhnlich guten Geschmack in bezug auf die Garderobe seiner Frau bewiesen. So etwas vergaß Teresa nicht so rasch.
Und hatte man dann nicht davon geredet, daß sie auch ein Kind hatten?
Joachim hat recht, dachte sie, man soll flüchtige Bekanntschaften nicht aufwärmen. Man wird nur enttäuscht.
*
Auch bei Antonias Damengesellschaft kam das Gespräch auf Laurentina Croon. Dagmar Petersen hatte davon angefangen, als die Kinder Nikki und Ronald sagten, daß der Daddy abends ausgehen würde.
Der Daddy war einmal Dagmars Vater, Clemens Bennet, der bekannte Musikproduzent, der andere Daddy war Dr. Petersen, mit dem Dagmar seit ein paar Monaten verheiratet war. Sie hatte Nicole in die Ehe gebracht und er den kleinen Ronald. Jetzt waren die Kinder schon ganz wie echte Geschwister, und die Ehe war überaus glücklich.
»Daddy geht mit der Croon und ihrem neuen ständigen Begleiter aus«, erzählte Dagmar. »Die Croon managt ihn. Sie will ihn zu einem Star machen.«
Und dann wurde halt eine Zeit über Laurentina geredet. Dafür sorgte dann in erster Linie Sandra, die Teresas alte Geschichten herauskramte.
Professor Kayser hatte sich mit den Kindern in den Garten verzogen, als Konstantin ihm berichtete, daß die Damen über die Titelseitendiva sprachen.
»Als ob so was wichtig ist«, sagte Konstantin.
»Daddy-Opi sagt, daß man da nicht drum rumkommt«, sagte Nikki.
Ihnen war das gemeinsame Spiel jetzt wichtiger, und wie immer, wenn sie zusammen waren, ging es hoch her.
Drinnen war das Gespräch inzwischen bei der Geburtstagsparty angelangt, zu der Dagmar auch geladen war.
»Aber Lars hat gleich abgewinkt«, sagte sie lachend.
»Leon auch«, schloß Antonia sich an. »Na, mal sehen, was unsere Teresa erzählt, wenn sie zurückkommt.«
Teresa war schneller als erwartet da. Sie setzte sich behaglich in ihren Sessel und trank erstmal ein paar Tassen Kaffee, bevor sie die Neuigkeiten verkündete.
»Wenn ich mich so unter euch umschaue, muß ich sagen, daß Laurentina nur froh sein kann, wenn keiner von euch auf ihrer Party erscheint. Ihr lauft ihr allesamt den Rang ab.«
»Danke«, sagte Antonia, »und du, wirst du auch daheim bleiben?«
»Natürlich«, sagte Joachim Kayser. »Merkt ihr denn nicht, wie froh sie ist, wieder dazusein?«
Die schöne Corinna Sternberg hatte sich an diesem Gespräch wenig beteiligt. Sie war überhaupt sehr ruhig und führte lieber interessantere Gespräche. Aber jetzt mischte sie sich doch ein.
»Ich kenne den ersten Mann von Laurentina Croon. Ich war mal als Chemikerin in seiner Fabrik beschäftigt. Es war meine erste Stellung. Wolfgang Römer ist ein sehr netter Mann, und Katharina war ein entzückendes Kind. Es ist erschütternd, wenn eine Mutter ihr Kind einfach aus dem Gedächtnis streicht.«
»Hat er wieder geheiratet?« fragte Sandra neugierig.
»Das weiß ich nicht. Damals lebte er jedenfalls mit seiner Mutter zusammen. Chancen hätte er bestimmt gehabt.«
»Und wie muß einem Kind zumute sein, das seine Mutter nur im Film sehen kann oder im Fernsehen?« sagte Dagmar.
»Das Kind ist jetzt auch schon erwachsen«, bemerkte Teresa. »Nun aber wirklich Schluß.«
Noch wußten sie nicht, daß alle Diskussionen über die Geburtstagsparty schon am nächsten Tag überflüssig geworden waren.
*
Für Dr. Laurin begann dieser Tag mit drei Operationen. Die Visite wurde indessen von Dr. Rasmus gemacht, da Dr. Petersen assistierte.
Die Ärzte waren noch im Operationssaal, als eine Erstgebärende gebracht wurde, die der Meinung war, daß nun alles ruckzuck gehen müsse.
Auch das kannte man. Es war schwer, sich in Geduld zu fassen, wenn nun endlich das Ende der beschwerlichen neun Monate nahte.
Leon hatte schnell eine Tasse Kaffee getrunken, die Hanna schon für ihn bereitgestellt hatte, dann ging es weiter zur Entbindungsstation.
Zum Essen kamen sie heute nicht, denn mittags kam eine Sturzgeburt. Die werdende Mutter war in der S-Bahn von den Wehen überrascht worden. Eine geistesgegenwärtige Mitfahrerin hatte sie in die Prof.-Kayser-Klinik bringen lassen. Auch solchen Situationen mußte man gewachsen sein, sogar, wenn kein einziges Bett mehr frei war.
Es ging wenigstens ohne Komplikationen ab. Mutter und Kind waren wohlauf. Der Vater konnte verständigt werden und schimpfte in seiner Aufregung erstmal darüber, daß seine Frau noch in der Weltgeschichte herumfahren mußte.
Schwester Marie hatte indessen dafür gesorgt, daß in das größte Zimmer noch ein viertes Bett hineingestellt wurde. Ausnahmsweise mußte das eben auch mal sein.
Und kaum hatte sich diese Aufregung gelegt, kam eine neue, die Dr. Laurin dann allerdings aus der Fassung brachte.
Laurentina Croon war bei den Dreharbeiten zusammengebrochen. Sie hatte verlangt, in die Prof.-Kayser-Klinik gebracht zu werden.
»Herrgott, wo soll ich sie denn hinlegen?« fragte Dr. Laurin. »Ich kann doch nicht in fünf Minuten anbauen.«
»Vielleicht drüben auf der Chirurgischen«, schlug Hanna Bluhme besänftigend vor. »Da ist ein Einbettzimmer heute frei geworden. Ein Kind wird sie ja wohl nicht kriegen.«
Dr. Eckart Sternberg wurde verständigt, und kaum war das Bett hergerichtet, traf auch schon der Sanitätswagen ein. Dr. Laurin hatte keine Zeit, sich um die berühmte Patientin zu kümmern, denn nun ging die zweite Geburt an diesem Tag los.
Ein Kind kann sie nicht kriegen, also ist sie bei Eckart in guten Händen, dachte er.
*
Laurentina Croon war bei Bewußtsein, wenn auch sehr matt.
Dr. Sternberg hätte nicht gewußt, wer Laurentina Croon war, wenn seine Frau Corinna gestern abend nicht über sie gesprochen hätte.
Ade, Geburtstagsparty, dachte er, als er das erschöpfte, eingefallene Gesicht betrachtete.
Dr. Sternberg maß Puls und Blutdruck, und beides stimmte ihn bedenklich. Niemand war da, der ihm sagen konnte, wie es zu diesem Zusammenbruch