Butler Parker 168 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker 168 – Kriminalroman - Günter Dönges


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tion> Butler Parker – 168 –

      Später sagten alle Zeugen übereinstimmend aus, er habe sie an einen freundlichen und gütigen Weihnachtsmann erinnert ...

      Der große, imponierend aussehende Mann von rund sechzig Jahren trug eine runde, altmodische Nickelbrille, hinter deren Gläsern freundliche, braune Augen zu sehen waren. Die Wangen waren rosig angehaucht und zeugten vom häufigen Aufenthalt an der frischen Luft. Die knollige, große Nase war leicht gerötet und schien gerade einen kleinen Schnupfen hinter sich gebracht zu haben.

      Freundlich und vertrauenerweckend war dieser Mann anzusehen, auch dann noch, als er den Kassierer der Filiale der Northern Time Bank in die Mündung einer unfreundlichen 38er blicken ließ und mit gütiger Stimme nicht mehr und nicht weniger als zwanzigtausend Dollar verlangte.

      Der Kassierer glaubte erfreulicherweise nicht eine Sekunde lang an einen dummen Scherz. Er erkundigte sich auch nicht nach einem eventuellen Bankguthaben. Er griff hastig in die Banknotenbündel und schob sie dem alten Herrn zu.

      »Müssen es genau zwanzigtausend sein?« fragte er dazu mit leicht bebender Stimme, wobei er auf den Revolver schielte.

      »Ich will nicht eigensinnig sein«, antwortete der Herr und ließ die Banknotenbündel unter dem weiten Mantel verschwinden. »Hoffentlich sind Sie es auch nicht. Schlagen Sie erst Alarm, wenn ich die Bank verlassen habe! Haben wir uns verstanden?«

      »Natürlich, Sir!« gab der Kassierer jetzt mit versagender Stimme zurück und hielt sich an die Empfehlung dieses seltsamen Kunden. Er wartete, bis der ältere Herr die Filiale verlassen hatte, um dann allerdings den Alarm auszulösen.

      Während die Türen automatisch geschlossen und verriegelt, wurden, während in der nahen Polizeistation Bereitschaftsbeamte nach ihren Waffen griffen und Streifenwagen per Funk zur Bankfiliale dirigiert wurden, schaute der Kassierer kopfschüttelnd auf den rotbackigen Apfel, den der Kunde auf dem Zahlbrett zurückgelassen hatte.

      Am. Stiel dieses Apfels war ein kleines Zettelchen befestigt, auf dem der Kunde ein fröhliches Weihnachtsfest wünschte.

      Der Kassierer wußte daraufhin nicht, ob er weinen oder lachen sollte. Die Polizei, die kurz danach am Tatort erschien, fühlte sich hingegen nur auf den Arm genommen. Ein Apfel, mochte er auch noch so frisch und rotbackig aussehen, war sicher kein Äquivalent für zwanzigtausend Dollar. Genauer gesagt sogar für sechsundzwanzigtausendvierhundertachtzig Dollar, denn der freundliche alte Herr war ja keineswegs eigensinnig gewesen, wie er besonders betont hatte.

      *

      »Amüsant«, sagte Mike Rander und blickte von seiner Morgenzeitung hoch. Butler Josuah Parker, der seinen jungen Herrn formgerecht bediente und in stiller Würde seitlich hinter dem Sessel stand, beugte sich andeutungsweise vor um sein Interesse zu bekunden.

      »Ein Weihnachtsmann scheint in der Stadt aufgetaucht zu sein«, erklärte Rander und las die entscheidenden Phasen des Überfalls aus der Zeitung vor, »sehr aufmerksam, daß er einen Apfel als eine Art Gegengeschenk zurückgelassen hat. Der Täter muß Sinn für skurrilen Humor haben, Parker. Sie müßten dafür doch eigentlich Verständnis haben, oder?«

      »Nur in einem gewissen Rahmen, wenn ich das bemerken darf, Sir.«

      »Sie sind nicht amüsiert?« Rander schmunzelte und blättert weiter in der Zeitung herum. »Der Mann hat auf jeden Fall bereits seinen Spitznamen weg. Man nennt ihn den ›Weihnachtsmann‹, weil er immerhin auch Gaben austeilt.«

      »Vorerst in der Form eines Apfels, Sir!«

      »Nein, nein, er hat schon in zwei anderen Städten Gaben verteilt.« Rander tippte auf die Zeitung, um sie dann wegzulegen, »mit diesem Trick hat er bereits in Detroit und Flint gearbeitet. Im ersten Fall schenkte er einem völlig verdutzten Kassierer einen Riegel Marzipan, in Flint bedachte er den Kassierer mit einer Krawatte.«

      »Um dann im nächsten Fall wohl Stahlmantelgeschosse zu verteilen, Sir!«

      »Sie wirken auf mich heute sehr pessimistisch, Parker. Ist Ihnen eine Laus über die Leber gelaufen?«

      »Mitnichten, Sir! Ich fürchte nur, daß dieser Täter mit dem angeblichen Sinn für skurrilen Humor früher oder später zu einem Mörder werden könnte.«

      »Das könnte schon stimmen!« Mike Rander schmunzelte nicht mehr. Dann hüstelte er nervös und merkte, daß er auf dem besten Weg war, in Parkers Falle zu laufen. Er schloß: »Aber das ist schließlich nicht unsere Sache, Parker. Wozu haben wir schließlich die Polizei? Soll die sich mit diesem komischen Weihnachtsmann befassen.«

      »Wie Sie meinen, Sir!«

      »Kommen Sie nur ja nicht auf den Gedanken, sich in diesen Fall einzumischen«, warnte Rander eindringlich.

      »Auf keinen Fall, Sir. Sie können sich, wie immer, fest auf meine bescheidene Wenigkeit verlassen.«

      »Hoffentlich«, antwortete Rander skeptisch.

      *

      Etwa um diese Zeit betrat ein mittelgroßer, schlanker Mann von etwa fünfundvierzig Jahren die Filiale der Chikago-Bank und schritt wie ein alter Kunde, selbstsicher und unauffällig zugleich, auf den Kassenschalter zu.

      »Zwanzigtausend Dollar«, forderte er höflich und ließ den Kassierer in die Mündung eines 38ers blicken, »schlagen Sie keinen Alarm, sonst muß ich schießen!«

      Der Kassierer, noch relativ jung, fühlte sich dummerweise veranlaßt, auf den Alarmknopf unterhalb des Schaltertresens zu treten. Er hatte diesen Alarmknopf noch nicht ganz berührt, als der unauffällige Herr schoß.

      Ohne sich um die entstehende Panik zu kümmern, drehte er sich um und ging nicht zu schnell zurück zum Ausgang, dessen Tür gerade von einem Bankangestellten geschlossen werden sollte.

      »Warten Sie einen Moment« rief der Herr dem Angestellten zu, um dann sofort zu schießen. Der Bankangestellte schrie halblaut auf und rutschte in sich zusammen. Der Bankkunde stieg über sein Opfer hinweg und erreichte das Freie, ohne daß man ihn aufgehalten hätte. Er mischte sich unter die Passanten und war nach knapp zwei Minuten verschwunden, ohne eine Spur zu hinterlassen ...

      *

      »Ich fürchte, Sir, meine pessimistische Betrachtungsweise ist durch die Realität erhärtet worden«, sagte Josuah Parker, als sein junger Herr die Abendausgabe der Zeitung überflog.

      »Wovon reden Sie, Parker?«

      »Von besagtem Weihnachtsmann, Sir, der diesmal als Gabe zwei verletzte Bankangestellte zurückgelassen hat.«

      »Warum erzählen Sie mir das? Wollen Sie mich für den Fall interessieren?«

      »Keineswegs, Sir.« Parkers Gesicht blieb unbeweglich. »Ich fürchte allerdings daß dieser Täter im Verlauf seiner weiteren Überfälle noch brutaler werden wird.«

      »Wenn Sie sich nur nicht in den Finger schneiden. Parker.« Rander hatte den betreffenden Artikel gefunden und bereits überflogen, »diesmal trat ein rund fünfundvierzigjähriger Mann auf, mittelgroß, schlank. Das genaue Gegenteil des Weihnachtsmannes!«

      »Die Zeugenaussagen scheinen das zu belegen, Sir.«

      »Sie sind anderer Meinung?«

      »In gewissen Grenzen. Sir. Art und Weise des Überfalls deutet auf einen einzigen Täter hin.«

      »Der einmal groß und kompakt, dann, wieder klein und schlank ist wie? Wissen Sie. Parker, ich habe das Gefühl, Sie sehnen sich förmlich nach einem neuen Fall. Aber Sie wissen hoffentlich, daß ich nicht mitspielen werde. Ich habe schließlich noch einen Beruf und werde als Anwalt in meinem Büro gebraucht.«

      »Selbstverständlich, Sir!«

      »Dann sind wir uns also einig?«

      »Sir ich würde mir niemals erlauben anderer Meinung zu sein als Sie!« Rander lächelte. Er kannte die Versicherungen seines Butlers. Er wußte aus Erfahrung, daß Josuah Parker wie eine Katze das Naschen niemals lassen konnte.

      Diesmal hatte Mike Rander sich aber fest vorgenommen, neutral zu bleiben. Die Arbeit in seinem Anwaltsbüro häufte sich. Gewiß, er hatte erstklassige Mitarbeiter, doch hin und wieder


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