Fiona - Reloaded. Zsolt Majsai
Geschäfte erledigt.“
Ich spüre die Kälte an meinem Rücken entlang nach oben steigen. Lord Sakumo will mich tot sehen, wenn König Askan die Stadt verlässt, wird er mich sofort hinrichten lassen.
Doch ich zeige meine Angst nicht. Mir war ja klar, dass der König es nicht verstehen wird. Als Mann kann er es nicht verstehen, immer noch nicht.
„Wie heißt die Hauptstadt“, erkundige ich mich nach einer Weile des Schweigens.
„Kasunga“, antwortet der König. „Eine schöne Stadt, viel schöner als Iokya.“
Und warum soll ich dann hier sterben? Ich atme tief durch. Es wäre töricht von mir, mehr zu erwarten. So viele Nums, die ich nun schon länger lebe, weil der König dem Lord verboten hat, mich zu töten. Ich sollte ihm wohl dankbar sein.
„Ich muss nun gehen“, sagt er. „Ich freue mich, dass du inzwischen doch mit mir redest. Wenn auch nicht viel.“
„Ich rede nicht gerne viel“, murmele ich. Eigentlich ist das nicht wahr, ich will nur nicht mit anderen Menschen reden. Mit den Bäumen und Tieren habe ich während der kalten Numoa sehr viel geredet und sie haben mir zugehört. Meistens. Den Tieren wurde es gelegentlich langweilig, oder sie hatten zu tun.
„Nun denn. Schlaf gut.“
Während der König schwerfällig nach oben geht, denke ich über seine Worte nach. Ich weiß inzwischen, dass dieses Land Marbutan heißt und nun habe ich auch erfahren, dass die Hauptstadt, in der auch König Askan lebt, Kasunga heißt. Ich glaube, er ist wirklich nicht gemein, aber ich verstehe nicht, wieso ich im Kerker bleiben muss. Und warum kommt er jede Num zu mir? Wir reden nur. Jedenfalls die letzten Num. Morgen wird sich das ändern, wenn ich es richtig verstanden habe. Und dann wird die nächste Dunkelzeit meine letzte Dunkelzeit sein.
Ich brauche auch nach dem Gong lange, bis ich einschlafe, trotz der Dunkelheit. Mein Schlaf ist unruhig, immer werde ich wach. Dann liege ich mit offenen Augen da und denke darüber nach, wie so eine Hinrichtung eigentlich abläuft. Ich habe noch nie eine gesehen. Machen sie es so, wie ich mit den Tieren, die ich essen will? Schnell und schmerzlos?
Hoffentlich.
Als endlich der Gong kommt und es plötzlich hell wird, stehe ich auf. Meine Kehle ist ganz trocken, obwohl ich genug Wasser habe. Dafür hat der König gesorgt.
Es dauert noch eine Weile, bis ich Schritte höre. Nicht länger als eine Quon, denke ich. Es sind mehrere Leute, die kommen. Also nicht der König. Vielleicht ist er ja auch schon fort und nun soll ich getötet werden.
Ich gehe rückwärts, bis ich gegen die Wand stoße, und starre zur Tür.
Dann erkenne ich Gaskama und weitere Männer. Gaskama gehört zum König, das hat der mir erzählt, er ist der Kommandant der königlichen Leibgarde.
„Wie geht es dir?“, erkundigt er sich von der Tür aus. „Hoffentlich konntest du dich ausruhen, es wird eine lange Reise.“
„Reise?“
„Der König nimmt dich mit. Das gefällt dem Lord zwar nicht, aber das bereitet dem König nur noch ein zusätzliches Vergnügen.“ Gaskama grinst. Er mag den Lord wohl auch nicht, genau wie sein König.
„Ich gehe mit euch?“
„Ja, so ist es. Hör zu, ich möchte dich eigentlich nicht fesseln lassen, aber wenn du versuchst zu fliehen oder sonst etwas Unkluges zu tun, dann würde ich dich töten. Versprichst du mir, mit uns zu kommen und zu gehorchen?“
Ich nicke langsam. Alles ist besser, als hier zu bleiben. Und ich weiß, dass ich nicht fliehen kann. Es wäre dumm von mir, den König oder Gaskama gegen mich aufzubringen.
„Öffnet die Tür!“, befiehlt Gaskama.
Als ich nach draußen trete, werde ich von den Soldaten umringt. Und als wir oben ankommen, wird mir klar, dass sie das vor allem tun, um mich zu beschützen. Die Männer des Lords und der Lord selbst beobachten mich mit offenem Hass. Wenn sie könnten, würden sie doch noch versuchen, mich zu töten, aber sie wagen es nicht wegen der Männer Gaskamas, die mich begleiten.
Ich werde zu einem Käfig auf Rollen gebracht und muss dort einsteigen. Während die Tür abgeschlossen wird, sehe ich mich mit klopfendem Herzen nach dem König um.
Er kommt nun aus dem Schloss des Lords und sieht mich nur kurz an. Dann verabschiedet er sich vom Lord und einigen anderen, die wohl zu ihm gehören, und steigt auf ein Pferd auf, das von zwei Männern gehalten wird.
Mein Wagen wird von einem Pferd gezogen und das Pferd von einem Mann auf einem weiteren Pferd geführt. Er hat keine Haare auf dem Kopf und seine braunen Augen wandern unstet herum.
Als der Wagen sich in Bewegung setzt und langsam durch das Tor rollt, stelle ich mich an das hintere Ende und starre den Lord an. Er macht eine Bewegung mit der Hand, als würde er sich den Hals aufschneiden. Aber wahrscheinlich meint er meinen Hals. Ich frage mich, ob ich ihn je wiedersehen werde. Im Moment bin ich jedenfalls sicher vor ihm, nur das ist wichtig.
Danach wird es vor allem langweilig. Wir fahren an Ackerfeldern und Wäldern vorbei, gelegentlich auch an einem Bauernhof. Auf einem stehen mehrere Kinder und starren mich an.
Zwischendurch beobachte ich den Mann, der meinen Wagen führt. Er scheint öfter mit sich selbst zu reden, gestikuliert dabei manchmal heftig. Andere Soldaten bemerken, dass ich das sehe, und grinsen.
Nach ungefähr zehn Quons gibt es eine Pause. Ein Mann mit langen Haaren bringt mir was zu essen und erzählt dabei, dass er Meitor heißt und Askans persönlicher Diener ist. Seine Augen erinnern mich an meine eigenen.
Während ich an meinem Brot und einem Stück getrocknetem Fleisch herumkaue, nähert sich Gaskama und setzt sich auf eine Stufe des Wagens. Auch er hat Fleisch bei sich.
„Wie fühlst du dich?“, erkundigt er sich.
Ich zucke die Achseln.
„Das Reden ist nicht deins, hm?“
„Was soll ich reden? Was ist eigentlich mit dem los?“ Ich deute auf den Glatzköpfigen.
„Zomeda? Er war mal Soldat. Seitdem er bei einem Kampf eine Wunde auf dem Kopf abbekommen hat, ist er etwas seltsam. Aber er ist lustig und ist immer dabei. Und jetzt hat er sogar eine Aufgabe. Das macht ihn glücklich.“
„Ich mache ihn glücklich?“
Gaskama starrt mich an. Schließlich lächelt er. „Sieh an, du hast sogar Humor? Sag mal, du bist doch wirklich hübsch. Warum hast du keinen Mann und Kinder?“
Vielleicht habe ich ja einen Mann und Kinder, aber das sage ich nicht. Kauend sehe ich ihn eine Weile an und als er keine Anstalten macht zu gehen, antworte ich: „Keine Ahnung. Bin ich hübsch?“
Er runzelt die Stirn. „Weißt du das nicht?“
„Ich habe es schon gehört.“
„Noch nie in einen Spiegel geschaut?“
„Doch.“
„Hm. Du bist seltsam.“
„Kann sein. Und die da?“ Ich deute auf Moyto und seine Leute.
„Söldner“, antwortet Gaskama verächtlich. „Beachte sie am besten gar nicht.“
Das ist gar nicht so einfach, denn sie sind öfter in meiner Nähe und ich kann hören, dass sie über mich sprechen. Und ich glaube, sie finden mich auch hübsch. So hübsch, dass sie gerne mal unter mein Kleid sehen würden.
Wieso bin ich eigentlich eine Frau und kein Mann?
„Also gut“, sagt Gaskama, als er mit dem Essen fertig ist. „Wir reiten weiter.“
Ich nicke ihm zu, dann setze ich mich in eine Ecke und versuche zu schlafen. So richtig gelingt mir das nicht, aber ich döse immer wieder ein. Vielleicht schlafe ich sogar, denn ich schrecke hoch, als der Helldunkelgongschlag kommt.
Ich