Antonia. Gabriella Zalapì
21. Februar 1965
Als ich heute Morgen die Augen aufmachte, war ich nicht fähig, mich zu bewegen. Mein Körper schien sich in den Laken aufgelöst zu haben und schwamm in giftigem Schweiß. Erst als ich das Kindermädchen hörte, sprang ich aus dem Bett. Nurse, wie sie genannt werden möchte, stand mit Arturo an der Tür. Wohin gehen Sie? »Wir gehen zur Schule, of course«, antwortete sie mit ihrer ewig vorwurfsvollen Miene. Sie knallte mir buchstäblich die Tür vor der Nase zu. Dann ist mir eingefallen, dass ich meinem Sohn gestern beim Abendessen versprochen hatte, ihn heute in die Schule zu bringen, und ich habe mich geschämt.
3. März 1965
Ich habe Haarausfall. Ich habe Migräne. Ich kann zusehen, wie ich dicker werde, und passe nicht mehr in meine Kleider. Meine neueste Angewohnheit: Sobald Franco aus dem Haus geht, hänge ich schwarze Laken über die Spiegel.
Gestern hat er mir vorgeworfen, ich wisse nicht, wie man den Hausangestellten Anweisungen gibt. Ich sei zu freundlich zu ihnen. Seine Stimme war verächtlich. Als er zu freundlich sagte, zog er die Silben auseinander, und an den Rändern seiner rollenden Zunge sammelten sich Speichelblasen. Er nennt Maria hartnäckig Magd.
4. März 1965
Nurse in ihrer Krankenschwesterntracht tut ganz harmlos, aber sie belauert mich. Ich hätte sie gleich am Anfang wegschicken müssen. Sie hat mir verboten, Arturo zu stillen und ihn nachts bei mir zu behalten. Sie hat mit ihrem perfekten Dutt, ihrer glatten Haut, ihrem kleinen, dichten Schnurrbart, ihren Vorschriften und ihren eisblauen Augen zu viel Raum zwischen ihm und mir eingenommen.
12. April 1965
Heute früh um neun Termin mit Onkel Ben beim Notar in der Via Cavour. Wir haben endlich die letzten kleinen Streitigkeiten wegen Nonnas Testament beigelegt.
Alles ist ganz ruhig vonstatten gegangen. Ich war wie betäubt. Ich habe geerbt, was Papa zugestanden hätte: viel Geld, die Hälfte der Möbel aus der Villa Clara (wo soll ich sie hinstellen?) und die sechs Wohnungen in Florenz (monatliche Einnahmen). Endlich ist diese Angelegenheit erledigt. Ich bin froh, dass ich niemals finanziell von Franco abhängig sein werde.
Beim Notar ist mir bewusst geworden, dass seit Nonnas Tod schon fünf Jahre vergangen sind. Trotzdem passiert es mir noch, dass ich beim Klingeln des Telefons, glaube, hoffe, ich werde ihre Stimme hören. Und dann die Erstarrung. Die Enttäuschung.
Wann ich Onkel Ben wohl wiedersehen werde? Auf dem Flughafen ist mir an seinem Schritt aufgefallen, wie alt er geworden ist. Ihn unbedingt in London besuchen.
30. April 1965
Abendessen bei uns mit Valentina, Felice, Matilde und ihrem Mann.
Menü:
Makkaronitimbale mit Salbei
Seezungenfilet à la Diplomate
Crostini mit Leberpastete in Aspik
Salat Jockey-Club
Aprikosenmousse
Diese Gesellschaften sind eine willkommene Ablenkung von den endlosen Abenden mit Franco. Dann bin ich nicht allein mit diesem geräuschvoll kauenden Mund. Mit diesem Kopf, der sich so tief über den Teller beugt, dass er abfallen und im Gazpacho