Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz. Ödön von Horváth

Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz - Ödön von Horváth


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So frag mich doch nicht so saudumm.

       (Stille.)

      SCHUPO (steht stramm). Besten Dank, Herr Oberinspektor!

      OBERINSPEKTOR. Bitte bitte!

      SCHUPO (schlägt die Hacken zusammen und will ab).

      ELISABETH. Halt!

       (Stille.)

      SCHUPO. Du hast mich belogen und das ist für mich der entscheidende Punkt.

      ELISABETH. Nein, Deine Karriere, das ist er, Dein entscheidender Punkt.

      SCHUPO. Nein! Aber zuerst kommt die Pflicht und dann kommt noch Ewigkeiten nichts! Radikal nichts!

       (Stille.)

      ELISABETH. Du Alfons. Zuvor -- wie Du da drinnen im Schrank warst, da habe ich Dich beschützen wollen.

      SCHUPO. Mich?

      ELISABETH. Uns.

      SCHUPO. Dich! Dich gegen mich! Ich kenn mich schon aus, Fräulein!

       (Stille.)

      ELISABETH (grinst). Ich hab Dich halt nicht verlieren wollen, lieber Alfons --

      SCHUPO (schlägt wieder die Hacken zusammen). Herr Oberinspektor! (rasch ab).

      [48]Szene Nummer 12

      OBERINSPEKTOR. Also das war wirklich nicht notwendig von Ihnen, dem Mann seine Karriere so leichtfertig zu gefährden --

      ELISABETH. Notwendig? Und meine Karriere?

      OBERINSPEKTOR. Sie wollen doch nicht behaupten, dass Sie unschuldig sind?

      ELISABETH. Oh nein, das habe ich mir schon längst abgewöhnt. Entschuldigens, aber jetzt muss ich lachen -- (sie setzt sich auf den Bettrand und lacht lautlos).

      OBERINSPEKTOR. Lachens Ihnen nur ruhig aus. (ab).

       (Dunkel.)

      -------------

      [49] Fünftes Bild

      Szene Nummer 1

       Polizeirevier . Nach Mitternacht.

       Der Schupo (Alfons Klostermeyer) spielt mit einem Kameraden eine Partie Schach . Es regnet draussen, und in weiter Ferne spielt ein Orchester den beliebten Trauermarsch von Chopin – bis Szene 3.

      Szene Nummer 2

      SCHUPO (horcht). Wer spielt denn da?

      KAMERAD. Radio.

      SCHUPO. Nach Mitternacht?

      KAMERAD. Vielleicht Amerika. Dort ist es jetzt Tag. Du bist dran.

      SCHUPO. Sofort.

       (Pause.)

      SCHUPO (zieht mit dem Turm).

      KAMERAD (überlegt). Geh ich daher, geht er dahin. Geh ich dahin, geht er daher. Dunkel wars, der Mond schien helle, als ein Wagen blitzesschnelle - g sieben c drei. Schach!

      SCHUPO. Du auch noch.

       (Pause.)

      SCHUPO. Wer ist denn dran?

      KAMERAD. Immer der, der fragt.

       (Pause.)

      SCHUPO (erhebt sich). Aufgegeben, Matt.

      KAMERAD. Matt? In dieser Position?

      SCHUPO. Es steckt nichts mehr drinnen.

      KAMERAD. Nichts? D fünf d sieben! H zwei g vier!

      SCHUPO. Möglich.

      [50]Szene Nummer 3

      KAMERAD (betrachtet noch immer das Brett). Dass Du da die Waffen streckst, wo Du doch sonst jede Partie zu Ende spielst, auch wenn es für Dich hoffnungslos herschaut.

      SCHUPO. Mir scheint, ich bin krank. Schon seit einer ganzen Zeit. Wenn ich mich niederleg, werd ich wach, und wenn ich aufsteh, schlaf ich ein.

      KAMERAD. Das sind die Nerven.

      SCHUPO (lächelt geschmerzt). Weisst, ich hab halt eine kleine Aufregung hinter mir.

      KAMERAD. Dienstlich?

      SCHUPO. Nein. Privat. Betreffs eines Weibes. Da stellst Dich hin und machst alles für so ein Menschenkind, zahlst ihr das Leben, schenkst ihr Deine intimsten Gefühle, Deine freie Zeit, Dein gutes Geld -- und das Resultat? Du bist der Lackierte.

      KAMERAD. Undank ist der Welt Lohn.

      SCHUPO. Manchmal fang ich schon zum Grübeln an.

      KAMERAD. Also nur das nicht! Grübeln ist Gift!

      SCHUPO. Von mir aus. Schau - zum Beispiel meine erste Braut, mit der ich sehr harmonisiert habe, die ist mir weggestorben. So bin ich beinander. Die eine stirbt, die andere lügt. Lauter blutige Enttäuschungen. Ich find keinen Menschen, dessen Liebe mir etwas gibt.

      Szene Nummer 4

       Jetzt betritt ein dritter Schupo das Revier, und zwar bringt er den Präparator mit sich, der total betrunken ist - der Vizepräparator ist auch dabei, und ebenfalls nicht mehr ganz auf der Höhe infolge Alkoholgenusses.

      [51]DRITTER SCHUPO. So! Da wären wir!

      VIZEPRÄPARATOR. Aber lieber Herr Wachtmeister -

      DRITTER SCHUPO (unterbricht ihn). Ruhe! (zu seinen Kameraden). Nächtliche Ruhestörung und Beamtenbeleidigung!

      VIZEPRÄPARATOR. Wieso hernach Beamtenbeleidigung?

      DRITTER SCHUPO. Wieso hernach? Hat er denn nicht gebrüllt und getobt und mit diesem seinem Spazierstock gegen die Rolläden getrommelt, dass die ganze Strass aufgewacht ist? Hat er mir nicht gesagt, Sie Rindvieh, Sie krummgebohrtes?! Oder vielleicht?!

       (Stille.)

      VIZEPRÄPARATOR. Entschuldigens bitte, aber ursprünglich wollten wir heute abend in aller bescheidenen Zurückgezogenheit den zweiundsechzigsten Geburtstag dieses Herrn dort feiern, aber der Mensch denkt -

      KAMERAD (grinst). -- und Gott lenkt.

      PRÄPARATOR (scharf). Und wer ist schuld? Der Oberpräparator.

      DRITTER SCHUPO. Ruhe! (Er deutet auf das Schachbrett.) Wer hat denn da gewonnen?

      KAMERAD. Ich.

      DRITTER SCHUPO. Du? Gegen den? Nicht möglich.

      SCHUPO. Ich hab heut keinen Kopf.

      PRÄPARATOR. Meine Herren! Wer ist mein Feind? Der Oberpräparator und nur der Oberpräparator.

      DRITTER SCHUPO. Schluss mit der Debatte!


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