Anwaltshure Band 1 | Erotischer Roman. Helen Carter
wenigstens geraucht hätte. Rauchende Helden sind immer tragische Helden. Ich aber saß an meinem vollgerümpelten kleinen Couchtisch und nippte an dem Sherry, der nicht mal ansatzweise nach dem schmeckte, was ich bei George McLeod getrunken hatte.
Dieses Zeug hier schmeckte nur nach Kopfschmerzen.
Aber so etwas wie bei McLeod würde ich eh nie mehr bekommen, also konnte ich auch diesen Fusel trinken. Ich wollte nur Pause machen, darüber nachdenken wie ich nach Haworth zurückkam und dann – schlafen.
Leider hatte ich nämlich keinen einzigen Penny mehr, um eine Fahrkarte zu kaufen. Also würde ich nicht nur besiegt nach Hause zurückkehren, ich musste mir das Geld für meine Fahrkarte nach Canossa auch noch borgen …
***
Der Regen trommelte einen gleichmäßigen, traurigen Rhythmus gegen mein Fenster und ich wusste mir keinen Rat mehr.
Ich ließ Wasser in meine Wanne einlaufen und schüttelte die letzte Probepackung »Pincher’s Golden Rose« hinein, die ich bei »Boot’s« geschenkt bekommen hatte.
Dann zog ich mich aus und legte mich mit meinem Sherry in das heiße Rosenbad. Ruhig dümpelte ich vor mich hin, nippte am Sherry, träumte von George McLeod, einem besseren Leben und irgendeinem Wunder, das sich sicherlich nicht nur bei Rosamunde Pilcher ereignete, sondern auch bei Emma Hunter.
Immerhin hatte McLeod den Dunkelhaarigen zu mir geschickt. Das hieß doch, dass er Interesse an mir hatte. Ob ich ihn einfach noch mal anrufen sollte? Dass ich mich von seinem Handlanger hatte bumsen lassen, steigerte das jetzt meine Chancen oder ruinierte es sie vollkommen?
Die alte, brave Emma schalt mich für solche Überlegungen, doch die alte Emma war auch nicht pleite und am Ende. Der neuen Emma blieben lediglich unerfüllte Träume. Oder Fantasien, wie die mit George McLeod … Das war für mich eine kleine rettende Insel in meiner Niedergeschlagenheit. Ich stellte mir vor, er würde mich aus allem rausholen und ich begänne ein anderes Leben ohne Geldsorgen und ohne vernichtetes Selbstbewusstsein.
Wieder rief ich mir unsere Höhle vor Augen und das Gefühl, das ich dort gehabt hatte, welches er mir gegeben hatte …
Mit geschlossenen Augen lag ich in der Wanne und beobachtete das Gefühl von allen Seiten, das nun in mir aufstieg. Es war – Sehnsucht! Überraschende, unerwartete und unverhoffte Sehnsucht! Ich wurde unruhig. Sollte ich zu ihm gehen und sagen, ich hätte es mir überlegt? Aber wollte ich wirklich mit anderen Männern das tun, was ich mit ihm getan hatte?
Das Wasser wurde kalt und zwang mich zu der Entscheidung, neues heißes dazuzulassen oder ganz aus der Wanne zu steigen …
Ich leerte meine Flasche Sherry bis auf einen Rest, den ich nicht mehr schaffte, denn ich war jetzt so träge und umnebelt, dass ich nur noch ins Bett wollte. Deshalb kuschelte ich mich in meine Decke und überließ abschließende Gedanken dem nächsten Tag.
BühnenReif - Teil 1
Das Nächste, an das ich mich erinnere, war schrilles Klingeln. Mein Kopf schmerzte. Scheiß Sherry!
Ich versuchte zu erkennen, was da klingelte. Es war mein Telefon. Helligkeit trat durch die Gardinen. Es war also Tag. Orientieren war in diesem Moment nicht meine starke Seite.
Ich tappte über den kalten Boden und suchte den Hörer.
»Ja?«, fragte ich unwirsch.
»Aha, du arbeitest also nicht mehr.«
Mein Herz machte einen Sprung bis zur Sonne und wieder zurück. »George? Äh, Mister McLeod …« Ich räusperte mich, denn ich wollte nicht, dass er mir den Kater anhörte. Wie sollte ich ihn überhaupt anreden?
»Ich wollte mit dir einkaufen gehen«, sagte er locker.
Ich war wie vom Donner gerührt!
»Derek hat mir von seinem Besuch in der Buchhandlung erzählt, und da dachte ich mir, einkaufen sei vielleicht keine schlechte Idee.«
Von wegen: hat mir erzählt! – Alles geplant!, schoss es mir durch den Kopf. Aber wie viel wusste er? Die Frage brannte in meinem Magen. Hatte er eine Ahnung von dem, was dieser Derek mit mir gemacht hatte?
»Kannst du in einer dreiviertel Stunde fertig sein? Ich hole dich ab.«
Ich stammelte eine Zustimmung. Er sprach mit mir wie mit einer alten Bekannten. Aber war man das nicht auch irgendwie, wenn man den Schwanz des Typen im Mund gehabt hatte?
Ich wollte mich schick machen, doch ich konnte ja schlecht den schwarzen Rock und die durchsichtige Bluse anziehen! Die ganze Zeit über hüpfte ich förmlich auf der Stelle. Himmel, es war das gleiche Gefühl wie damals als Kind, wenn ich am Weihnachtsfeiertag die Treppe zum Wohnzimmer hinuntergelaufen bin. Ich konnte das Gefühl fast berühren, so realistisch kehrte es zu mir zurück.
George war mein Weihnachtsmann!
Ich entschied mich für ein enganliegendes, schwarzes Kleid, dessen Ausschnitt ich tief hinunterzog, in der Hoffnung, er möge an der Stelle bleiben.
Bei dem Gedanken an George, fühlte ich mich augenblicklich sexy. Sehr sexy sogar. Er war ein Zauberer!
Ich war mir nicht sicher, ob ich nicht schon im Wagen über ihn herfallen würde. Auf der anderen Seite: was, wenn unsere Nummer nur der Test-Fick gewesen war? Wenn er nur rausbekommen wollte, was ich im Bett so draufhatte …
Augenblicklich wurde mir speiübel. Wie weggewischt war alle Vorfreude. Einkaufen? Doch nicht, um mir eine Freude zu machen oder um mit mir zusammen zu sein … Nein! Da stattete einer sein neuestes Pferdchen aus! Es tat weh – unsagbar weh! Es war schlimmer als alles, was ein Leo Prince mir je hatte antun können. Und gerade, als ich zu weinen anfangen wollte, klingelte es an der Tür.
Ich stürmte zum Fenster. Draußen stand im nassen, klebrigen Laub des billigen Londoner Vorortes ein anthrazitfarbener Rolls Royce. Ein glitzerner, strahlender Abkömmling der automobilen Upperclass. Mein Herz setzte einen Schlag lang aus.
Reiß dich zusammen, Emma Hunter!, mahnte ich mich. Du brauchst den Job, und wenn du Glück hast, fällt sogar noch mal eine Nummer mit McLeod für dich ab!
Oh Gott! Am liebsten hätte ich den Weg zum Rolls Royce zehnmal gemacht, damit auch wirklich jeder sehen konnte, dass dieser Wagen auf mich wartete.
George war im Trockenen geblieben. Er hatte es seinem Fahrer überlassen, auszusteigen und zu klingeln. Hatte ich tatsächlich etwas anderes erwartet? Die Upperclass lässt sich nicht für eine Landpomeranze nass machen.
Der Fahrer hielt einen gewaltigen weißen Regenschirm über mich, aber ich zog trotzdem den Kopf ein. Es war, als ginge man mitten im Regen unter einer weißen Wolke. Der Fahrer trug keine Uniform, aber auch so sah man, dass er ansprechend breite Schultern und ein energisches Kinn besaß. Er dirigierte mich zur rückwärtigen Tür des Rolls, die er mit elegantem Schwung öffnete.
George hatte einen Arm auf dem herausklappbaren Mittelteil gestellt und stützte sein Kinn mit dem Zeigefinger. Vor ihm leuchtete ein kleiner Monitor, der in die Rückenlehne des Beifahrersitzes eingelassen war.
»Du bist nicht nass geworden, oder?«, fragte er.
Der Geruch im Wagen verströmte einen Hauch von Reichtum. Kein protzig zur Schau gestellter Reichtum, sondern angewöhnter Reichtum. Feinstes, handschuhweiches Leder. Keins, an dem man mit der Haut schmerzhaft kleben blieb, wenn man ein wenig schwitzte.
»Mach’s dir bequem. Ich dachte, wir fangen mit der Wäsche an.«
Das musste man ihm lassen – er verschwendete keine Zeit!
Ich sah mich um und kam zu dem Schluss, dass die Wurzelholzelemente hier drinnen kein bemalter Kunststoff, sondern echt waren.
»Schaust du damit Fernsehen?«, wollte ich wissen und deutete auf den kleinen Bildschirm.
Er runzelte die Stirn und blickte mich verwirrt an. »Was? Ähm … ja, kann ich auch. Oder DVD’s … oder mit Bild telefonieren.« Er beugte sich zum Fahrer. »Was kann