Leni Behrendt Classic 61 – Liebesroman. Leni Behrendt
du den Oberinspektor schon vergessen, Manuela?«
»Eigentlich ja«, gab sie zu und lachte. »Fräulein Friese erinnerte mich heute allerdings daran, doch ich habe es wieder vergessen.«
»Und kommt dir denn gar nicht der Gedanke, daß ein anderer auf Antwort wartet, Manuela? Zwei Wochen sind schon vergangen…«
»Ich bin zerknirscht«, lachte sie wieder, klingelte dann und gab dem eintretenden Diener den Auftrag, die Privatsekretärin herbeizurufen.
»Fräulein Friese, wir müssen die Angelegenheiten mit dem Oberinspektor regeln. Haben Sie alles Erforderliche dazu da?«
»Sehr wohl, gnädiges Fräulein.«
»Nehmen Sie Platz.«
Da hockte die Kleine nun auf ihrem Stühlchen, das extra für sie neben dem Schreibtisch der Herrin stand. War lange nicht so würdevoll wie neulich. Die Hand, die die Papiere hielt, zitterte leicht.
Manuela sah es, und ein spöttisches Lächeln erschien auf ihrem Antlitz.
»Was sind das für Briefe?«
»Das sind die Antworten auf die Erkundigungen, die ich über Herrn Rave eingezogen habe, gnädiges Fräulein.«
Die Base las die Briefe und schüttelte dann den Kopf. »Sehr vertrauenerweckend sind die Auskünfte gerade nicht – scheint ja ein Don Juan schlimmster Sorte zu sein, der Herr Oberinspektor. Überall war er nur kurze Zeit, nur auf einem Gute machte er eine Ausnahme. ›Diplomlandwirt Rave‹ steht in den meisten Briefen – er hat uns aber nichts davon erzählt, daß er die landwirtschaftliche Hochschule absolviert hat. Wie erklären Sie sich das, Fräulein Friese?«
»Das fiel mir auch gleich auf, gnädiges Fräulein«, stotterte die Kleine ängstlich. »Ich habe darum bei Herrn Rave angefragt und die Antwort erhalten, daß er wohl die landwirtschaftliche Hochschule besucht hätte, er das aber für nicht so sehr wichtig gehalten haben, um es erwähnen zu müssen.«
»Gut! Nun zu den Briefen. Hier schreibt ein Herr: ›Tüchtig, zuverlässig, nur ungeeignet für ein Haus, in dem es eine Frau und eine erwachsene Tochter gibt.‹
Der zweite Brief: ›Muß mich leider von Herrn Rave trennen, da private Verhältnisse meinerseits mitsprachen. Kann ihn jedoch warm empfehlen.‹
Der dritte Brief: ›War mir zu vornehm, wußte alles besser als ich und machte mir die ganzen Frauen im Hause rebellisch.‹«
Nun mußte Manuela lachen, und auch der Vetter fiel mit ein.
»Doch nun der vierte Brief: ›War ein vornehmer, anständiger Kerl, der den landwirtschaftlichen Kram aus dem Effeff verstand. Konnte ihn leider nicht länger behalten, da meine Frau und meine Tochter ihn heiraten wollten.‹«
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