Fiona - Liebe. Zsolt Majsai
kann ich mir nicht vorstellen.“
„Wieso nicht?“
„Du warst schon immer eine Königin, warum sollte dich dann ein Königshof verändern?“
„Wie, was? Ich war schon immer eine Königin?“
„Ich könnte auch Prinzessin sagen, aber das trifft es nicht ganz. Mein Schatz, können wir das später ausdiskutieren?“
„Klar“, knurre ich.
Mir fällt ein, dass ich Ähnliches in letzter Zeit schon öfter gehört habe. Selbst Leslie hatte gesagt, ich wäre eine Führungspersönlichkeit. Inzwischen glaube ich das ja auch, und die Jahre in Marbutan haben es bestätigt.
Aber jetzt wurde aus der Führungspersönlichkeit eine Königin, und das ist nicht dasselbe.
Ich beschließe, mich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Wo und wann das auch immer sein mag.
„Oh, Lustwandler, seid uns gnädig gestimmt, denn wir ehren und respektieren Euch! Wir sind eigentlich unwürdig, Euren Anblick zu empfangen!“
Katharina und ich sehen uns an. Dann den eigenartigen Kerl, der plötzlich vor uns aufgetaucht ist. Okay, nicht einfach aufgetaucht, er kam einen Hügel hinauf. Den, auf dem wir stehen, weil hier die Treppe endet. Mit Rasen. Rotem.
Der Kerl ist nicht groß, etwa wie ich. Er ist schlank, hat graugrüne, kurze Haare und grüne Augen. Scheint genauso bunt zu sein wie die Welt hier. Dazu passt es auch, dass er eine rotgrüne Robe trägt und rote Stiefeln.
„Dann schau uns einfach nicht an“, bemerkt Katharina nach einigen Sekunden.
„Wie meint Ihr das?“
Katharina schließt kurz die Augen, daher übernehme ich die Konversation.
„Wer bist du überhaupt?“
„Mein Name ist Roakan, ich bin der Oberste Lustwächter von Enskeg.“
Lustwandler? Lustwächter? Hallo?
„Von Lustbaader habe ich gehört, aber Lustwandler?“, flüstert mir Katharina ins Ohr.
„Fandest du seine Bücher auch so gut?“, flüstere ich zurück.
„Ja, aber ich glaube, dieser Oberster Lustige wartet auf eine Antwort.“
Wir wenden uns wieder dem Kerl in der rotgrünen Robe zu, der uns aus großen Augen anstarrt. Ich werde das Gefühl nicht los, dass wir uns nicht so verhalten, wie er es erwartet hat. Wie teile ich den Göttern nur mit, dass wir bitte gerne Bedienungsanleitungen für die einzelnen Welten hätten?
„Was ist Enskeg?“, erkundige ich mich. „Wir kommen nämlich gerade von da oben und kennen uns hier noch nicht so gut aus.“
Katharina gibt mir einen Stoß mit dem Ellbogen, aber es ist wohl schon zu spät.
„Ihr wisst nicht, was Enskeg ist? Lustwandler wissen das!“
Hm. Ob ich ihn auch mit einem Feuerball beschießen sollte? Nein, er hat uns bislang nicht angegriffen. Er kann ja staunen und trotzdem friedlich bleiben. Obwohl, nach meinen Erfahrungen ist es eher unwahrscheinlich, dass Menschen, die religiös verankert sind, sich friedlich verhalten, wenn man ihnen ihre Götter nimmt. Und genau das scheinen wir diesem rotgrün Gewandten anzutun.
„Meinst du, er trägt was unter der Robe?“, erkundigt sich Katharina flüsternd.
Ich starre sie an. „Was ist denn mit dir los? Hast du keine anderen Sorgen?“
„Nein. Du?“ Aber sie grinst. Das Leben in der Spinnenwelt hat sie definitiv verändert. Bin ich auch anders durch Marbutan? Wenn schon, dann eher durch Kian. Und Askan.
Verdammte Scheiße.
„Ich schon“, antworte ich leise, woraufhin sie sofort ernst wird. Wenigstens ihre Intelligenz ist noch dieselbe, ich sehe ihren Augen an, dass sie es verstanden hat.
„Wir müssen irgendwie herausfinden, ob und wie viele Menschen es hier noch gibt“, flüstert sie. „Gewalt?“
„Darüber habe ich auch gerade schon nachgedacht und mich dagegen entschieden. Noch ist er friedlich. Außerdem erfahren wir wahrscheinlich mehr, wenn wir mitspielen.“
„Dir ist aber schon klar, dass wir einen Sterblichen dabei haben?“
Ich werfe einen Blick auf Loiker, der uns schweigend zuhört und beobachtet.
„Erst recht ein Grund, Gewalt nur mit Bedacht einzusetzen.“
„Auch wieder wahr“, gibt Katharina zu. Dann geht sie auf Roakan zu. „Hör zu, natürlich wissen wir, was Enskeg ist. Wir wollten dich nur auf Probe stellen. Und wir wollen auch die anderen auf Probe stellen, also führe uns zu ihnen!“
Das ist eine gute Idee! Am liebsten würde ich zu ihr rennen und sie dafür küssen. Da aber üblicherweise Götter so was nicht machen, beherrsche ich mich. Kann ich ja später nachholen, ausführlichst. Hoffe ich jedenfalls. Es ist inzwischen schon ziemlich lange her, dass wir das letzte Mal Sex miteinander hatten.
Boah, Fiona, hast du grad keine anderen Sorgen?
Da ist sie ja wieder, die Andere.
Als Roakan auf den Befehl reagiert, richte ich meine Aufmerksamkeit auf ihn: „Selbstverständlich! Folgt mir bitte!“
Dann dreht er sich um und marschiert den Hügel wieder hinunter. Erstaunlich flott im Anbetracht der engen Robe. Und wenn ich mir so ansehe, wie gut darunter sein Hintern zu erkennen ist, dann glaube ich, dass er sonst nichts anhat.
Ach du verdammte Scheiße! Wo sind wir hier gelandet?
„Nackt“, flüstert Katharina mir zu.
„Habe ich auch schon entdeckt“, erwidere ich grinsend. „Bin gespannt auf seine Gläubigen.“
Sie nickt und legt ihren Arm um mich, dadurch spüre ich ihre linke Brust. Das macht es nicht gerade leichter.
Der Hügel hat offenbar einen runden Querschnitt und wird von rotem Wald gesäumt. An einer Stelle führt ein Weg durch den Wald. Da es kein sehr hoher Hügel ist, können wir nicht erkennen, was sich hinter den Bäumen verbirgt, wohin also der Weg führt. Mal sehen, ob das gut oder schlecht ist.
Nachdem wir den Fuß des Hügels erreicht haben, schließt Loiker plötzlich von hinten auf und legt die Arme um uns. Ich zucke zusammen. Einerseits weiß ich nicht, wie Katharina auf so viel Nähe ihres Nachfolgers und Vorgängers reagiert, ich weiß auch nicht, wie er selbst darauf reagiert, andererseits weiß ich, wie ich nicht reagieren will.
„Wenn ich das richtig verstanden habe, hält er uns für Götter?“, fragt er flüsternd. „Ihr beide seid ja irgendwie auch stärker als Menschen, außerdem unsterblich. Aber was mache ich, wenn wir unsere göttlichen Kräfte demonstrieren müssen?“
„Dann betest du zu den beiden Göttinnen“, erwidert Katharina und löst seinen Arm von ihrer Schulter. „Hör zu, Loiker, in Wirklichkeit habe ich kein Problem mit dir, aber ich möchte nicht, dass du mir so nahe kommst, schon gar nicht in dieser Kleidung. Okay?“
„Okay“, sagt dieser grinsend und fällt leicht zurück.
Ich atme durch. Irgendwie spielt mein Körper, insbesondere in zentraler Gegend, etwas verrückt, seitdem wir uns in dieser Welt befinden. Meine Selbstbeherrschung wurde gerade auf eine harte Probe gestellt.
Doch dann werde ich von solchen Banalitäten abgelenkt, als wir unter den Bäumen heraustreten und unser Ziel erblicken. Es handelt sich um ein Gebäude, und ich tendiere dazu, es als Tempel zu betrachten. Der runde Grundriss, das überragende Dach, die hohen Fenster und die breite Tür, sie verleihen ihm das typische Aussehen eines Tempels. Wie aus einem Kung-Fu-Film der Siebziger. Allerdings hatten jene nicht diese stark rötliche Farbe, vom dunkelbraunen Dach abgesehen.
Auf dieses Gebäude hält unser Führer zu. Genauer