Toni der Hüttenwirt 258 – Heimatroman. Friederike von Buchner
Ich freue mich schon darauf, bald wieder auf einem Berggipfel zu stehen. Danke, dass Du meine Schicht übernimmst! Ich weiß Deine Besorgnis zu schätzen. Du hättest mir die Blumen auch persönlich geben können.
Ganz liebe und herzliche Grüße
Trixi«
Es dauert nicht lange, dann kam eine SMS zurück.
»Liebe Trixi!
Ich hatte keine Zeit, weil jemand zu mir kommen wollte, für den ich einen Blick in die Karten werfen soll. Es freut mich, dass du Urlaub machst.
Aber ich warne Dich! Sei bitte vorsichtig!
Halte Dich von allem fern, was gefährlich werden könnte. Klettere nicht auf die Berggipfel und sei bei Wanderungen sehr vorsichtig!
Deine Mira«
Trixi las und schüttelte den Kopf. Aber ganz konnte sie die Angst nicht verdrängen, die sie inzwischen erfasst hatte wie ein ansteckender Virus. Sie schaltete ihr Handy aus. Dann schulterte sie den Rucksack und ging zu ihrem Auto.
Sie tankte und machte sich auf den Weg in die Berge.
*
Toni trug einen Berg schmutziges Geschirr in die Küche und stellte es neben die Spüle.
»Sind sie gegangen?«, fragte Anna.
»Ja und sie haben sich alle mit Handschlag verabschiedet und die Trinkgelder sind reichlich geflossen. Sie wollen wiederkommen.«
Anna stemmte die Arme in die Seite und setzte sie sich auf einen Küchenstuhl.
»Das war vielleicht ein Ansturm! Ich habe nichts gegen Tagesausflügler, Toni. Aber eine so riesige Gruppe, zig Leute, und dann noch unangemeldet, die hat meinen ganzen Plan durcheinandergebracht. Hast du dem Leiter des Vereins gesagt, sie möchten sich bitte vorher anmelden, wenn sie erneut zu uns kommen wollen?«
Toni schenkte Anna einen großen Becher Kaffee ein.
»Ja, ich habe es ihm gesagt und ihm meine Handynummer gegeben. Er hat versprochen, dass er das nächste Mal vorher anruft.«
»Toni, wir haben keine Milch und Sahne mehr, auch der Käse ist ausgegangen. Der große Topf mit Alois' Eintopf ist leer. Wir haben keine einzige Scheibe Brot mehr. Ich werde heute Abend noch backen müssen. Als ich abschätzte, wie viel sie verzehren würden, habe ich schon Teig angesetzt.«
»Anna, du kannst auch morgen Früh backen«, sagte Toni.
»Und was soll es zum Frühstück geben?«
»Müsli für alle! Oder ich fahre früh runter ins Tal und besorge beim Bäcker was.«
»Nein, das kommt nicht infrage! Lass mir nur Zeit, den Kaffee zu trinken. Ich spüle das Geschirr, danach backe ich. Zum Glück haben wir zurzeit fast nur Stammgäste da, die sich nicht aufgeregt haben, weil sie auf ihr Essen warten mussten. Einige haben sogar mitgeholfen.«
Anna trank ihren Kaffee.
»Du bist sehr müde, wie?«, fragte Toni.
»Nein, viel Arbeit macht mir nichts aus. Es war der Trubel. Die Tagesgäste waren laut und hektisch. Alles musste möglichst schnell gehen.«
»Das stimmt. Es waren Städter, Anna. Augen für die schöne Natur hatten sie auch nicht. Ich frage mich, warum die in den Bergen wandern? Sich über ihre Autos ihre anderen Urlaube und ihre Feiern unterhalten, können sie auch daheim. Beim Bedienen habe ich so einiges gehört.«
Anna lächelte. »Toni, ich denke, auf den großen Berghütten wird es jeden Tag so zugehen, meinst du nicht auch? Das wäre auf die Dauer nichts für mich. Ich mag es lieber leiser, und wenn die Gäste sich von der Ruhe der schönen Bergwelt beeindrucken lassen. Ich mag eben Hüttengäste, wie unsere vielen Stammgäste. Das sind angenehme Gäste.«
»Anna, da stimme ich dir zu. Ich verspreche dir, dass es auf Dauer nie so hektisch werden wird. Dafür sorge ich. Ich will nicht, dass die Gemütlichkeit und die familiäre Atmosphäre leiden.«
Anna schenkte Toni einen dankbaren Blick.
Sie trank ihren Kaffee aus. Dann fing sie an, das Geschirr zu spülen, denn nach dem Ansturm gab es weder einen sauberen Becher, noch einen Teller, noch Besteck. Anna hatte sogar ihr gutes Geschirr und Besteck aus dem Wohnzimmer holen müssen, damit allen Gästen serviert werden konnte.
Toni spülte am Tresen die Gläser. Der alte Alois, der beim Servieren und in der Küche geholfen hatte, hatte sich bereits zurückgezogen. Das kam selten vor, doch es war viel Arbeit gewesen. Franziska und Sebastian halfen Toni und trockneten ab.
»Wir besitzen eine Waschmaschine. Eine Spülmaschine wäre auch sehr praktisch«, sagte Basti.
Anna musste schmunzeln.
»Tage wie diese sind hoffentlich selten, Basti. Ich werde nie mehr mein gutes Geschirr rausholen«, sagte Anna.
Es war ein Versprechen, das sie sich selbst gab.
»Bei einem solchen Ansturm gibt es nur eine Methode. Das machen sie auf der Kirmes auch so. Dort wird das Essen auf Papptellern serviert und es wird aus Pappbechern getrunken«, erklärte Basti.
»Bier aus Papierbechern, iiiiiih, das schmeckt doch nicht«, rümpfte Franzi die Nase.
»Woher willst du das wissen?«
»Ich weiß das vom Baumberger Opa. Er hat es gesagt«, beharrte Franzi. »Bier schmeckt am besten aus einem steinernen Bierseidel oder aus einem Glas, hat Opa Xaver gesagt.«
Anna schmunzelte.
Toni, der hinter dem Tresen zugehört hatte, kam in die Küche.
»Anna, die Idee vom Basti ist gut. Ich werde mich erkundigen und mehrere Kisten mit Tellern, Pappbechern und Einmalbesteck kaufen. Wir lagern es im Schuppen. Sollte mal wieder so ein Ansturm kommen, sind wir gerüstet. Wie denkst du darüber?«
»Gute Idee! Achte darauf, dass die Sache brennbar sind. Dann können wir sie im Kamin verbrennen, nachdem sie benutzt wurden. Sonst müssten wir das ganze Zeug wieder ins Tal bringen«, sagte Anna.
»Gute Idee, Anna«, stimmte ihr Toni zu.
Alle waren noch Stunden damit beschäftigt, Ordnung zu schaffen. Nachdem Toni mit den Gläsern fertig war, löste er Anna beim Spülen ab, damit sie Brot backen konnte.
Irgendwann kam Alois in die Küche.
»Mei, seid ihr fleißig gewesen!«, sagte er.
Dabei warf er zufällig einen Blick aus dem Küchenfenster auf den Holzplatz hinter der Berghütte.
»Toni, dort sitzt ein Madl am Tisch, an dem die Kinder sonst spielen und liest ein Buch.«
Alle drängten sich ans Fenster und schauten hinaus.
»Tatsächlich«, sagte Toni. »Ich werde gleich rausgehen.«
Er trocknete sich die Hände ab und eilte auf die Rückseite der Berghütte.
»Mei, Trixi!«, rief er. »Warum sitzt du hier? Seid wann bist hier? Grüß Gott!«
Trixi legte ein Buchzeichen zwischen die Seiten.
»Grüß Gott, Toni! Dass du mich erkannt hast und sogar noch meinen Namen weißt?«, wunderte sie sich.
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