Unterwerfung | Erotischer Ratgeber. Arne Hoffmann
Ein solches Grenzspiel kann beim »leidenden« Partner ebenso gut zum Wutanfall führen wie zu der Reaktion, das dieses Spiel dadurch erst an Pfiff gewonnen hat.
Mit einem haben dominante Menschen, die sich gerne so verhalten, Recht: Die Grenzen des Unterwürfigen können sich tatsächlich verschieben, je mehr sie solche Spiele kennenlernen. Und zu dieser Entwicklung müssen sie erst mal die Gelegenheit haben. Vielleicht stellst du fest, dass etwas, das du ablehnst, weil du es völlig reizlos findest, dich plötzlich doch begeisterst, sobald du es ausprobierst. Es kann aber auch der umgekehrte Fall eintreten: Du denkst dir »Das krieg ich schon hin«, und als ihr es dann probiert, geht irgendetwas derart schief, dass es sich für dich zu einer alptraumhaften Situation entwickelt. Später zieht sich in dir alles zusammen, wenn du nur an derartige Aktionen denkst. Also machst du von da an lieber einen Bogen darum.
Das sind also die grundlegenden Dinge, die von dir als Sklaven erwartet werden. Ein gern gesehener Bonus ist, dass du dich körperlich so fit hältst, dass dein Partner mit dir auch ein paar Dinge wagen kann, die ein bisschen belastender sind. Angemessen für Bewegung und nötigenfalls Flexibilität deines Körpers zu sorgen, auf ausreichend Schlaf zu achten und dich nicht mit Alkohol oder anderen Drogen vollzuballern, sollte reichen, damit du körperlich und emotional in der notwendigen Verfassung bist.
Wie teilst du deinem Partner am besten mit, was du magst und was nicht?
Es gibt bestimmte Fähigkeiten, die du entwickeln und verbessern solltest, damit du deine Grenzen deinem Partner besonders erfolgreich mitteilen kannst.
An erster Stelle steht hier, dass du selbst gut darüber Bescheid weißt, wie weit du belastbar bist und wann deine Belastbarkeit erschöpft ist. Während du hier vieles erst im Lauf eurer erotischen Spiele herausfindest, solltest du dich von Anfang an so gut wie möglich darüber informieren, welche Risiken bei bestimmten SM-Spielen (zum Beispiel Auspeitschungen) bestehen und wie du dich am besten davor schützen kannst. Je nach deiner speziellen Vorliebe dürftest du dazu einiges an Literatur im Handel und an kompetenten Websites im Internet finden. Mach dich so schlau wie möglich darüber, welche körperlichen oder emotionalen Schäden dir möglicherweise drohen und wie ihr beiden am besten dagegen vorbeugt.
Zweitens solltest du in der Lage sein, deine Bedenken und Schwächen so ehrlich wie möglich mitzuteilen, damit dein Partner darauf Rücksicht nehmen kann. Vielleicht ist es dir anfangs peinlich, über deine Ängste oder bestimmte körperliche Handicaps (z. B. nicht lange knien zu können) zu sprechen oder Phantasien zu schildern, die du allzu ungewöhnlich findest. Aber schau mal, ob du es schaffst, im Laufe der Zeit immer mehr Mut und Vertrauen zu entwickeln, was solche Offenbarungen angeht.
Auch wenn du momentan wegen Belastungen, die nichts mit deinem Sexleben zu tun haben, besonders gestresst oder abgelenkt bist, sollte dein Partner darüber Bescheid wissen. Er kann sich dann besser erklären, warum du bei einem eurer Spiele ungewohnt empfindlich oder geistesabwesend wirkst, und weiß, dass das nichts mit seiner Art, dich zu misshandeln, zu tun hat. Vermutlich wird er euer Spiel dann auch entsprechend anpassen.
Wenn dein Partner nicht alle nötigen Informationen hat, steigt das Risiko, dass euer Spiel schiefgeht. Es ist für ihn ohnehin schon schwer genug, mit den intimsten Wünschen und Ängsten eines anderen Menschen so zu arbeiten, dass daraus kein Fiasko, sondern eine lustvolle Erfahrung für euch beide wird. Je mehr Hinweise du ihm gibst und je klarer du formulieren kannst, was in dir vorgeht, desto höher steigen eure Chancen, dass sich euer Spiel erfreulich entwickelt.
Damit du dich so verhalten kannst, ist es vor allem wichtig, deinem Partner darauf zu vertrauen, dass ihm dein Wohlergehen und dein Spaß an Unterwerfungsspielen am Herzen liegen. Ist das der Fall? Wenn nicht, hast du ein viel grundlegenderes Problem – und möglicherweise den falschen Partner. Ich werde dir weiter unten noch erklären, wie du ein besseres Gespür dafür entwickeln kannst, ob dein Partner gut für dich ist. Aber wenn du deinem Partner vertraust, solltest du auch fähig sein, dich ihm zu öffnen und ihm mitzuteilen, was in dir vorgeht.
Dabei würde es eurem Vergnügen helfen, wenn du es schaffst, diese Dinge anzusprechen, ohne aus deiner Rolle als Sklave zu fallen. Dazu gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, die sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern auch gemeinsam erfolgen können. Die eine besteht darin, dass du und dein Partner vor dem Beginn deiner Unterwerfung einvernehmlich klärt, was für dich auf keinen Fall geht und was du dir wünschen würdest. (Dein Partner ist bei SM-Spielen natürlich kein Wunscherfüller, aber er kann dir schon mal etwas gönnen, was du gerne hast.) Vielleicht wollt ihr für ein solches Gespräch auf gleicher Augenhöhe sogar einen Ort finden, wo ihr nicht miteinander spielt, also zum Beispiel in einem Bistro oder auf einem Spaziergang statt in eurer Wohnung.
Nach diesem Gespräch nehmt ihr die Rolle von Herr und Sklave ein. Und nach diesem Spiel besprecht ihr wieder, was gut funktioniert hat und was nicht.
Die Alternative zu dieser Methode besteht darin, dass du auch während eures Spiels deine Wünsche und Bedenken äußerst, aber eben aus deiner Rolle als Sklave heraus und damit auf entsprechend unterwürfige Weise. Du bittest deinen Partner also demütig darum, auf deine Empfindlichkeiten Rücksicht zu nehmen. Du äußerst nicht kontinuierlich Kritik daran, wie er sich verhält – vielleicht auch noch in schnippischem oder belustigtem Tonfall oder in der Gegenwart von anderen Leuten. Du versuchst nicht, das Spiel aus deiner Position heraus zu steuern (sogenanntes »Topping from the Bottom«), etwa indem du offene oder versteckte Anweisungen gibst, was als Nächstes geschehen sollte. Du fängst nicht an zu schmollen, wenn du deinen Kopf nicht durchsetzen kannst. Und du verhältst dich auch nicht gezielt aufsässig oder provokativ, damit dich dein Partner etwas härter anpackt.
All diese Verhaltensweisen werden von dominanten Menschen ungern gesehen, weil sie bei solchen Spielen nicht dazu manipuliert werden möchten, bestimmte Dinge zu tun. Auf diese Weise würdest du ihren Spaß am Spiel vermindern – aber auch deinen eigenen. Der Reiz von Unterwerfungsspielen besteht für Unterwürfige ja gerade darin, dass man die Kontrolle über das, was passiert, an jemand anderen abgibt und sich darauf konzentriert zu empfinden, was dabei mit einem geschieht.
Wenn du deinen Partner aber einfach nur darum bittest (oder, wenn du darauf stehst, anflehst), sein Verhalten zu ändern, belässt du die Macht bei ihm. Er kann dann seinerseits in seiner Rolle als dein Herr und Gebieter bleiben und »entscheiden«, ob er dir seine Gnade erweist oder nicht. Vielleicht wird er das nur eingegrenzt tun. Oder nur auf eine bestimmte Weise, die immer noch belastend für dich ist, die du aber gut aushalten kannst. Oder nur wenn du dafür etwas anderes für ihn tust – eine bestimmte unangenehme Aufgabe erledigen oder ihm aus Dankbarkeit die Füße küssen.
Dankbarkeit, sobald dein Partner deinen Wünschen entgegenkommt – und zwar mehr als in einer normalen Partnerschaft – ist etwas, was du ohnehin entwickeln solltest. Häufig stecken Dominante ja einiges an Planung, Vorbereitung und so weiter in ein solches Spiel, dem du dich dann hingeben kannst. Und jeder Dominante freut sich, wenn dieser Einsatz durch Dank in Wort und Tat entsprechend gewürdigt wird.
Du kannst diese Dankbarkeit in eurem Gespräch auch nach vorne ziehen. Du würdest deinem Partner also erst schildern, was du an seiner Art, dich zu beherrschen, besonders toll und gelungen findest und wovon du noch etwas mehr hättest.
Vielleicht fällt es dir anfangs schwer, einen ausreichend unterwürfigen Tonfall zu finden, in dem du deine Bitten äußerst. Aus allen anderen Situationen deines Alltags bist du ja gewohnt, so etwas selbstbewusster zu tun. In diesem Fall kann es dir helfen, dich gezielt in einen Zustand der Unterwürfigkeit hinein zu begeben, etwa indem du dich erst mal für eine Viertelstunde in entsprechende Gedanken und Phantasien versenkst. Identifiziere dich voll mit deiner momentanen Rolle als »Sklave«. Teile deinem Partner erst dann deine Anliegen mit.
Hilfreich ist es, wenn du deinem Partner erklären kannst, warum eine bestimmte Sache für dich ein No-Go darstellt. Gut, manchmal weißt du es selbst nicht genau. Du findest zum Beispiel Spiele mit Atemkontrolle einfach gruselig oder bist dir sicher, es nervlich nicht zu überstehen, wenn du als nackte Sklavin vor anderen Leuten vorgeführt wirst. Aber manchmal kannst du vielleicht erklären, weshalb du dich auf ein bestimmtes Spiel lieber nicht einlassen möchtest. Wenn du das erklären kannst, zeigst du deinem Partner