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der Keller«, sagte Clemens.

      Constanze lehnte sich an eine der Türen und schloss die Augen. Ihr war schwindelig vor Müdigkeit, und seltsamerweise fühlte sich ihr Magen leer an, dabei hatte sie doch etwas gegessen. Oder nicht? Sie war nicht mehr sicher. Sie hatte außerdem jegliches Zeitgefühl verloren.

      »Essen Sie das«, hörte sie Clemens sagen.

      Verwirrt öffnete sie die Augen und sah einen schmalen Riegel in seiner Hand.

      »Was ist das?«

      »Ein Schokoriegel – hilft gegen Unterzuckerung.«

      »Danke. Und Sie?«

      »Ich brauche im Augenblick nichts, aber ich habe noch Vorrat, keine Sorge.«

      Sie aß die Schokolade, obwohl sie sich daraus nicht viel machte, aber erstaunlicherweise fühlte sie sich fast augenblicklich besser. »Komisch«, sagte sie, »ich weiß gar nicht, was mit mir los war, mir sind richtig die Beine weich geworden.«

      »Das kommt vor. Aufregung, körperliche Anstrengung, Kummer – das alles zusammen kann einen schon mal umhauen.«

      Sein Blick wurde prüfend. »Soll ich allein in den Keller gehen?«, fragte er.

      Sie schüttelte den Kopf. Zwar graute ihr davor, jetzt dort hinunterzusteigen, aber auf keinen Fall würde sie ihn allein gehen lassen. Er hatte ihr geholfen, ohne ihn wären die Schäden am Schlösschen ohne Frage ungleich größer, das hieß aber nicht, dass sie ihm uneingeschränkt vertraute.

      Er war zurückgekommen, obwohl sie ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte und obwohl er wusste, dass Amanda gestorben war. Dafür musste es einen Grund geben, und sie war nicht sicher, ob seine Motive uneigennützig waren. Vielleicht hatte er ja ihrer Großmutter freundschaftliche Gefühle nur vorgespielt, um etwas von ihr zu bekommen, an dem er interessiert war? Das Schlösschen vielleicht? Unsinn, dachte sie, er musste doch wissen, dass Omi Erben und er deshalb keine Chance hatte.

      »Kommen Sie?«, fragte Clemens. Er stand schon an der Treppe.

      »Ja, natürlich, entschuldigen Sie, ich war in Gedanken.«

      »Ist mir nicht entgangen.« Er lächelte bei diesen Worten.

      Sie stiegen also in den Keller hinunter, wo es zu Constanzes Überraschung weniger schlimm aussah als befürchtet. Nur in einem der Räume stand etwa knöcheltief das Wasser und war von dort aus auch in den breiten Gang gelaufen, der den Keller in zwei gleiche Hälften teilte, aber der ganze Rest war trocken geblieben. Und der Raum, in den das Wasser gelaufen war, war mehr oder weniger leer.

      »Glück im Unglück«, stellte Clemens fest.

      »Das Fenster ist kaputt«, sagte Constanze. »Da muss das Wasser in den Keller gelaufen sein.«

      Er nickte. »Die Schäden hier lassen sich am leichtesten beheben, so weit ich das bis jetzt überblicke.«

      Als sie ins Erdgeschoss zurückgekehrt waren, fragte Constanze: »Wollen Sie einen Kaffee? Oder Tee?«

      Er warf einen Blick auf die Uhr und stellte erstaunt fest, dass es noch längst nicht so spät war, wie er gedacht hatte. Ihm kam es so vor, als hätten sie Stunden auf dem Dachboden geschuftet. Es waren kaum anderthalb gewesen. »Lieber Tee«, entschied er, »Kaffee putscht mich nur noch mehr auf, das brauche ich jetzt nicht. Aber etwas Warmes wäre gut. Und haben Sie vielleicht ein Handtuch, damit ich mir die Haare trocknen kann?«

      »Klar. Ich würde ja vorschlagen, dass wir beide duschen, aber da kommt kaum warmes Wasser, wahrscheinlich wäre uns hinterher erst richtig kalt.«

      Sie holte Handtücher und suchte auch nach trockener Kleidung für ihn. Sie hatte ein übergroßes Sweatshirt, das sie gerne trug – das würde ihm vielleicht passen.

      »Hier, bitte«, sagte sie. »Handtuch und Sweatshirt, vielleicht kommen Sie rein. Eine trockene Hose für Sie habe ich leider nicht. Oder halt, warten Sie, ich habe irgendwo noch eine alte, ziemlich ausgebeulte Jogginghose, die mir viel zu groß ist, genau wie das Sweatshirt.«

      »Ich probiere es auf jeden Fall, denn diese nassen Sachen am Körper sind sehr unangenehm.«

      Er zog sich im Bad um. Als er herauskam, musste sie lachen. Er hatte offenbar Mühe gehabt, in ihre Sachen hineinzukommen, aber es war ihm gelungen. Freilich waren sie zu kurz und zu eng.

      »Sie sehen ein bisschen komisch darin aus«, stellte sie fest.

      »Ist mir klar, aber ich fühle mich trotzdem wohl, weil sie warm und trocken sind.« Er ging zum Fenster und warf einen Blick hinaus. »Es stürmt noch, aber der Regen hat fast aufgehört.«

      Sie setzte das Wasser für den Tee auf. Obwohl auch sie sich umgezogen hatte, fröstelte sie.

      Er sah es, als er sich umdrehte. »Ziehen Sie noch was drüber«, riet er ihr. »Und vielleicht sollten Sie Ihre Haare trocken föhnen.«

      »Wir beide«, beschloss sie.

      »In Ordnung. Kann ich mich hier ein wenig umsehen, während Sie Ihre Haare trocknen?«

      Nach kurzem Zögern nickte sie und verschwand im Bad. Als sie herauskam, kochte das Wasser, so dass sie den Tee aufgießen konnte.

      Clemens tauchte wieder an der Küchentür auf, nachdem auch er sich die Haare getrocknet hatte. »Nicht nur das Dach ist schadhaft«, stellte er fest. »Am gesamten Schlösschen ist lange nichts gemacht worden.« Er sah sie fragend an, als erwartete er eine Erklärung von ihr – eine Erklärung, die sie selbst gern gehabt hätte.

      »Offenbar schon seit Jahren nicht«, erwiderte sie zurückhaltend.

      Sie würde ihm nichts von den Schulden erzählen, die sie geerbt hatte, so weit wollte sie nicht gehen, aber sie schob ihr Misstrauen ihm gegenüber, das noch nicht ganz überwunden war, immerhin so weit beiseite, dass sie hinzusetzte: »Ich habe meiner Großmutter versprechen müssen, dass ich dafür sorge, dass das Schlösschen nicht verkauft wird. Ich habe nicht verstanden, warum sie mir dieses Versprechen abgenommen hat, bis ich erfahren habe, dass ich es erbe.«

      »Das war doch immer klar«, sagte er erstaunt.

      Sie war so überrascht, dass sie im ersten Moment nichts zu erwidern wusste. »Wie kommen Sie darauf? Hat meine Oma mit Ihnen über dieses Thema gesprochen?«

      »Sie hat mit mir oft über Sie gesprochen«, sagte er mit einem kleinen Lächeln. »Und sie hat dann immer gesagt, bei Ihnen wäre das Schlösschen in den richtigen Händen. Also hatte ich nie Zweifel daran, dass Sie es erben.« Sein Lächeln verschwand. »War sie in Geldschwierigkeiten? Das hat sie mir nie erzählt.«

      »Mir auch nicht.« Constanze gab sich einen Ruck. »Ja, sie war offensichtlich in Geldschwierigkeiten, anders ist das hier«, sie machte eine weit ausholende Armbewegung, die das gesamte Gebäude einschließen sollte, »überhaupt nicht zu erklären. Jedenfalls ist es die einzige Erklärung, die mir eingefallen ist. Denn, wie gesagt, ins Vertrauen hat sie mich nicht gezogen.«

      Mehr wollte sie auf keinen Fall sagen, und so schloss sie rasch, um sich selbst an weiteren Erklärungen zu hindern, die Frage an: »Hat sie mit Ihnen auch über meinen Onkel gesprochen?«

      »Welchen Onkel?« Sein Erstaunen war echt.

      »Den jüngeren Bruder meines Vaters.«

      Sein Blick verriet, wie verwirrt er war. »Ich dachte immer, Ihr Vater sei ihr einziger Sohn gewesen – und Sie die einzige Enkelin und damit auch die einzige Erbin.«

      »Aber nein!«, rief Constanze. »Mein Onkel ist viel jünger als mein Vater, er war ein Nachkömmling, und er hat drei Söhne, meine Cousins. Wir haben schon lange keinen Kontakt mehr zu ihnen, mein Vater hat sich mit seinem Bruder nicht verstanden.«

      Noch während sie sprach, erwachte ihr Misstrauen wieder. Er war und blieb ein fremder Mann für sie, auch wenn er ihr geholfen hatte. Aber wenn er ein Freund ihrer Großmutter war, wieso wusste er dann nichts über ihre Familie? Sie ärgerte sich, dass sie sich hatte hinreißen lassen, ihm Einzelheiten zu erzählen,


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