Gesicht des Mordes. Блейк Пирс
Sir.“ Zoe drehte sich um und floh fast zur Tür, glücklich über den positiven Ausgang. Sie würde auf gar keinen Fall herumstehen und darauf warten, dass er am Ende seine Meinung änderte.
Es gab Arbeit zu erledigen – und jemand sehr Wichtigen zum Fall hinzuzuziehen.
Zoe wartete gespannt, sah ihrer Mentorin bei der Betrachtung der Bilder zu.
„Die sind … verstörend.“ Dr. Applewhite schüttelte den Kopf, schob ihre Unterlippe für drei Sekunden zwischen ihre Zähne, während sie die Fotografie ans Ende des Stapels in ihren Händen schob und die nächste ansah. „Ich vergesse manchmal, dass du dir täglich solche Dinge ansehen musst. Es muss belastend sein.“
Zoe zuckte mit den Schultern. „Tote Körper sind tot. Mich belastet es, wenn ich einen Fall nicht lösen kann.“
„Und das hier ist einer, den du noch nicht lösen konntest.“ Es war keine Frage. Zoe hatte die Doktorin schon informiert, dass sie Hilfe brauchte. Dr. Applewhite wusste, dass es ein offener, aktueller Fall war und dass eine Erlaubnis notwendig gewesen war, damit sie überhaupt diese Unterhaltung führen konnten. Sie begriff also, dass die Zeit drängte. Mit jeder vergehenden Stunde sank die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Person finden würden, die das getan hatte.
Bei Tötungsverbrechen waren die ersten vierundzwanzig Stunden entscheidend. Jeder wusste das. Achtundvierzig Stunden ohne Verhaftung und man begann, sich auf gefährliches Territorium zu bewegen. Die Art von Fällen, die zu Episoden spätabendlicher Fernsehsendungen wurden.
Der Collegestudent war schon seit weit über achtundvierzig Stunden tot.
„Ich muss wissen, was es bedeutet“, erklärte Zoe. „Momentan ist es die einzige Spur, die wir haben. Es scheint keine Verbindung zwischen dem Professor und dem Studenten zu geben, abgesehen von ihren Fundorten. Keine Zeugen, kein Material aus Überwachungskameras. Wir müssen herausfinden, welche Botschaft der Mörder übermitteln möchte, wenn wir ihn fassen wollen.“
Dr. Applewhite betrachtete die Bilder stirnrunzelnd und legte sie neben Zoes Notizen, um die Berechnungen zu prüfen, die Zoe bereits gemacht hatte.
„Deine Berechnungen scheinen fehlerfrei“, sagte sie nach einer Weile. „Ich kann keinen anderen Weg sehen, den du nicht schon ausprobiert hast. Es ist ausgesprochen anspruchsvoll – sogar höher als der Level, auf dem ich arbeite.“
Zoes Herz sank. Sie war sicher, so sicher gewesen, dass Dr. Applewhite die Antworten hätte. Nun schienen diese Hoffnungen zerstört zu sein.
Sie grübelte bereits über Alternativen nach, überlegte, was sie Shelley sagen sollte, als Dr. Applewhite erneut sprach.
„Ich kenne einige Leute, die vielleicht helfen können“, sagte sie. „Professoren. Einige Mathematiker, die in anderen Bereichen arbeiten. Wenn ich ihnen das hier zeigen darf, könnte ich vielleicht damit ein wenig weiterkommen. Das ist die Art Herausforderung, die sie alle lieben werden, also würden wir wenigstens einige fähige Köpfe einbeziehen können.“
Zoe nickte zustimmend. „Das würde hilfreich sein.“
Dr. Applewhite strich ihren grauwerdenden Bob hinter ein Ohr und sah auf, fixierte Zoe nun mit diesem forschenden Blick. „Wie kommst du hiermit zurecht? Es geschieht nicht oft, dass eine mathematische Frage auftritt, die du nicht beantworten kannst.“
Zoe überlegte kurz, zu lügen, ließ dann aber ihre Schultern herabhängen. „Ein wenig wie ein Versagen. Das ist meine Spezialität. Ich sollte wenigstens in der Lage sein, es lösen zu können. Wenn ich es nicht kann, wer beim FBI sollte es dann tun?“
Bei jedem anderen hätte es wie Prahlerei geklungen. Für Zoe war es einfach nur eine Tatsache. Analysten und dergleichen arbeiteten vielleicht den ganzen Tag mit Zahlen, aber sie begriffen sie nicht so instinktiv wie sie es tat. Sie konnten nicht eine Gleichung auf einer Seite ansehen und die Antwort so deutlich sehen, als ob sie daneben stünde. Das war zumindest bei ihr normalerweise der Fall.
Das hier war ein anderes Kaliber.
„Man kann nicht erwarten, dass du alles löst. Kein Agent in der Geschichte des FBI hatte je eine hundertprozentige Aufklärungsrate.“
Zoe lächelte matt. „Ich bin sicher, es gab einige. Agenten, die direkt nach der Lösung ihres ersten Falles getötet wurden oder das FBI verließen, zum Beispiel.“
Dr. Applewhite rollte mit den Augen. „Es sieht dir ähnlich, das Schlupfloch zu finden. Gut, ich werde einige Anrufe machen und diese Gleichungen einigen meiner Kollegen zeigen. Ich werde ihnen nicht sagen, worum es geht – nur, dass es dringend und eine große Herausforderung ist. Das sollte sie genügend faszinieren, um daran zu arbeiten. Ich werde dich sofort wissen lassen, wenn jemand einen Durchbruch erzielt.“
„Und auch alle andere“, forderte Zoe sie auf. „Wenn jemand einen Fehler findet, oder ein Zeichen, dass etwas fehlt. Wir konnten die erste Leiche nicht komplett überprüfen, um zu sehen, ob der Fotograf etwas übersehen hat. Denken Sie auch daran, dass wir nicht wissen, ob es eine Gleichung oder zwei separate Aufgaben sein sollen.“
„Verstanden.“ Dr. Applewhite legte die Fotografen vor sich auf den Schreibtisch, fünf Zentimeter rechts von sich, näher am Laptop. Eine Geste, die Zoe zeigte, dass sie sich darum kümmern würde, sobald sie die Möglichkeit hatte. „Nun, wie steht es mit Dr. Monks Empfehlungen? Hast du weiter darüber nachgedacht –“
Zoes Klingelton ertönte aus ihrer Tasche, begleitet von lautem Brummen. Gerade noch davongekommen, dachte sie, während sie ein entschuldigendes Gesicht machte und den Anruf entgegennahm.
„Special Agent Prime.“
„Z, ich bin’s. Ich hab was in den E-Mails des Professors gefunden.“
„Ich bin unterwegs“, sagte Zoe ihr, beendete das Gespräch und sprang mit einem Nicken in Richtung ihrer Mentorin aus ihrem Stuhl. Was auch immer es war, es musste vielversprechender sein als das Nichts, das sie jetzt hatten.
KAPITEL SIEBEN
Zoe fuhr auf den Campusparkplatz. Zu dieser Zeit, als der Abend sich rasch niedersenkte, war er ziemlich voll – die Autos gehörten den Studenten, die in den diversen Wohnheimen und Wohnungen der Umgebung lebten. Jedes hatte einen Aufkleber mit einer Universitätsparkerlaubnis auf der Windschutzscheibe. Zoes Auto hatte etwas Besseres – einen FBI-Aufkleber.
„Lies es mir noch mal vor?“ bat Zoe. Sie war hinsichtlich Shelleys Theorie immer noch unsicher. Über eine schlechte Note wütend zu sein, war eine Sache, aber wütend genug, um zu töten?
Shelley holte die Email ohne den leisesten Seufzer der Frustration wieder auf ihrem Telefon hoch, was ihr anzurechnen war. Sie hatte den Screenshot gespeichert und als Beweis mitgebracht – einen Beweis, den sie brauchen würden, wenn sie den Studenten konfrontieren wollten, der sie geschickt hatte.
„‚Professor‘“, las sie vor. „‚Ich kann nicht glauben, dass Sie mich haben durchfallen lassen. Meinen Sie das echt ernst? Ich habe mir verdammte Mühe mit dieser Hausarbeit gegeben und Sie haben einfach entschieden, mich aus dem Kurs zu werfen! Lehrer sollen helfen und unterstützen. Danke für ein beschissenes Garnichts. Sie sind der schlimmste Professor, den ich je hatte. Ich hoffe, Sie werden gefeuert. Ich bin nicht der Einzige, der Sie total hasst. Sie werden über glühende Kohlen laufen, wenn der Dekan sich unsere Beschwerden angehört hat. Versuchen Sie, heute gut zu schlafen, Arschloch.‘“
Zoe war mit den Gedanken schon woanders, als Shelley fertig war. Sie hatte es schon einige Male gehört und dieses erneute Mal hatte ihre Meinung nicht geändert. Es war studentisches Wutgeschrei, nichts weiter. Drohungen gegen seine Karriere, nicht gegen sein Leben.
Ganz davon abgesehen, dass der Student Englisch studierte, nicht Mathematik. Die Verbindung war nicht eng genug. Wie konnte dieser kaum des schriftlichen Ausdrucks fähige Student gewusst haben, wie man komplizierte Gleichungen schreibt? Kompliziert genug, um Experten vor Rätsel zu stellen?
Und außerdem, wenn der Junge auf den Professor sauer war, erklärte es nicht, warum er es auf das erste Opfer – den Studenten – abgesehen