The Trial and Death of Socrates. Plato

The Trial and Death of Socrates - Plato


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obwohl er dieses zu erwarten schien. – Er hatte schweigend dem auseinanderstiebenden Haufen zugesehen und war kopfschüttelnd in die Hütte getreten.

      »Da bin ich, Freund Tokeah«, rief er mit einem gezwungenen Lächeln, seine Hand dem Miko zustreckend, der auf seinem Lager ruhig mit gesenktem Haupte saß. »Nicht wahr, ich bin ein Mann von Wort. – Kam letzte Nacht in die Bucht; doch der Teufel hole mich, wenn's mich ruhen ließ; und so ging es dann frisch drauf, die ganze Nacht und den Tag hindurch; – doch, Freundchen, ich bin hungrig wie ein Seeadvokat und trocken wie ein Delphin.« Er sprach englisch mit einem starken französischen Akzent, sonst aber ziemlich geläufig.

      Der alte Mann klopfte mit seinem Finger auf die Tafel, und Canondah kam aus ihrem Stübchen heraus.

      »Canondah!« rief der Mann, galant auf sie zutretend, um seinen Arm um ihren Nacken zu legen. Das Mädchen schlüpfte aber, ohne ein Wort als Willkommen zu äußern, durch die Türe.

      Unser Gast schien betroffen. – Eine Weile blickte er den Alten an; dann sah er durch die Türe, die das Mädchen soeben verlassen hatte.

      »Was soll das heißen, Freund Miko?« sprach er endlich, »bin ich in Ungnade gefallen? Sollte mir wahrlich leid tun. Als ich über die Wiese herkam, segelten Eure Leute an mir vorüber, als wäre ich ein Kaper. – Ihr seid kalt wie ein Nordwester, Eure Tochter so steif wie ein gefrorenes Schiffstau. – Apropos. Ihr habt einen Besuch gehabt; der junge Brite hat, wie ich sehe, bei Euch vorgesprochen.« Die Miene des Mannes fiel lauernd bei diesen Worten auf den alten Mann, der jedoch keinen Zug veränderte.

      »Von wem spricht mein Bruder?« fragte der Häuptling.

      »Von einem Gefangenen, einem jungen Menschen, der, während ich zur See war, entschlüpfte.«

      »Mein junger Bruder ist wieder gegangen«, erwiderte der alte Mann trocken.

      »Gegangen?« sprach der andere ein wenig betroffen. »Ihr wußtet vielleicht nicht, daß er von mir gekommen. – Hat nichts zu sagen«, setzte er gleichgültig hinzu.

      »Der Miko wußte,« sprach der alte Mann in festem Tone, »daß sein junger Bruder dem Häuptling der Salzsee entwischt. Mein Bruder hätte ihn nicht gefangennehmen sollen.«

      »Sonderbar! Würde der Miko der Oconees nicht den Yankee gefangennehmen, der in sein Wigwam kommt, ihn auszuspähen?«

      »Und war mein junger Bruder ein Yankee?« fragte der alte Mann, ihn mit einem durchdringenden Blicke fixierend.

      »Das nicht; aber ein Feind –.«

      »Mein Bruder«, sprach der alte Mann, »hat zu viele Feinde – die Yankees, die Krieger des großen Vaters der Kanadas.«

      Der Mann biß sich in die Lippen. »Pah« – sagte er endlich – »Ihr habt die Amerikaner auf der unrechten Seite Eures Herzens, und ich beide.« –

      »Der Miko«, sprach der alte Häuptling, »erhebt die Kriegsaxt, um die Seinigen gegen die Weißen zu schützen und das Blut seiner erschlagenen Brüder zu rächen. – Mein Bruder hat den Tomahawk gegen alle erhoben und bestiehlt, wie ein Dieb, Weiber und Kinder.« Eine brennende Röte überfuhr das Gesicht seines Gastes. Seine Zähne knirschten.

      »Fürwahr, Miko, Ihr sagt mir da Dinge, die mein Magen eben nicht leicht verdauen dürfte.« – Er maß den Alten vom Kopf zu den Füßen. – Plötzlich jedoch wieder sein voriges Lächeln annehmend, sprach er: »Torheit! Werden uns da einer solchen Bagatelle halber streiten; – jeder tut, was ihm beliebt und wofür er haften muß.«

      »Als der Miko der Oconees dem Häuptlinge der Salzsee seine Rechte darbot und ihn als Freund in sein Wigwam aufnahm, da glaubte seine Seele einen Bruder zu empfangen, der dem Yankee den Krieg erklärt. Hätte er gewußt, daß dieser ein Dieb ist« –.

      »Monsieur Miko!« unterbrach ihn der Seeräuber drohend.

      »Würde er ihn nicht als Freund empfangen haben. Tokeah«, fuhr er mit Würde fort, »hat als Miko den Tomahawk gegen die Weißen erhoben, der Häuptling der Salzsee hat ihn zum Räuber gemacht. Was soll er, der Häuptling der Oconees, dem Krieger des Yankee sagen, wenn er in seine Schlingen fällt? Sie würden ihn an einem Baume aufhängen.«

      Die Wahrheit, furchtlos und bestimmt vom alten Manne ausgesprochen, machte Eindruck auf den Seeräuber. Er ging einige Male rasch in der Stube auf und ab und stellte sich dann wieder vor den alten Mann hin. »Lassen wir das, Freund, ich habe die Skalps nicht gezählt, um die ihr die Schädel der Yankees betrogen, und Ihr werdet nicht mit mir rechten. Was geschehen ist, ist geschehen. Die Zukunft wird vieles ändern. Ich meinerseits bin vollkommen entschlossen, dem wüsten Leben zu entsagen, und dann wollen wir uns hinsetzen und ein paradiesisches Leben, halb à l'indiennne, halb à la française führen. Lustig und fröhlich!«

      Der alte Mann, ohne eine Miene zu verziehen, sprach: »Der Miko der Oconees hat noch nie seine Hand in das Blut seiner Freunde getaucht. Er ist arm; aber seine Rechte hat nie berührt, was ihm nicht gehörte. Seine Väter würden mit Kummer auf ihn herabblicken, wenn er das Band der Freundschaft mit einem Diebe knüpfen, der große Geist würde unwillig sein Gesicht vor ihm verhüllen, wenn er sein Volk durch einen Bund mit dem Räuber entehren wollte.«

      Der Franzose hatte die Worte ruhiger, als es sich erwarten ließ, vernommen; nur zuweilen zuckte es in seinem Gesichte. Plötzlich wandte er sich.

      »Meint Ihr so?« sprach er endlich. »Ihr glaubt also besser ohne Lafitte zu fahren. Habe nichts einzuwenden. Hätte ich's nur früher gewußt, würde ich mir die Mühe erspart haben, Eure Grobheiten anzuhören, und Euch – sie mir zu sagen. Adieu, Monsieur Miko!«

      »Mein Bruder!« sprach der Indianer plötzlich und beinahe erschrocken aufstehend, »hat Hunger; er muß essen; Canondah hat ihm sein Lieblingsgericht bereitet.«

      »Und dann mag sich Lafitte um ein Haus weiter umsehen?« fragte der Seeräuber lauernd.

      »Mein Bruder ist willkommen im Wigwam des Miko. Seine Hand verschließt sich nie, wenn sie sich einmal geöffnet hat«, sprach der alte Mann besänftigend.

      »Nun, das läßt sich hören; dacht ich's doch, mein alter Freund habe eine Art Spleen vom Briten angezogen; hoffe, es wird wieder vorübergehen. Unterdessen wollen wir sehen, was die Damen machen.« Er schritt dem Vorhang zu, wollte diesen öffnen, doch vergebens. »Ist es nicht erlaubt?« fragte er den alten Mann.

      »Mein Bruder muß sich eine andere Squaw suchen. Rosa wird nicht in sein Wigwam gehen.«

      Im Stübchen ließ sich ein sonderbarer Ton hören. Er klang wie ein Freudenruf; bald aber sank er in ein leises Lispeln. Es schien das Lispeln einer Betenden.

      Der Seeräuber war verblüfft vor dem Vorhange und dem Miko eine Weile gestanden. »Kein Band knüpfen, die Türe vor der Nase verschlossen«, brummte er. » Eh bien, nous verrons, nun gut, wir werden ja sehen.«

      Und mit diesen Worten verließ er die Hütte.

      Der alte Mann war, ohne aufzublicken, ruhig sitzengeblieben. Zuweilen hatten seine harten Züge während des Wortwechsels ein verachtendes Lächeln blicken lassen; dies war jedoch nur vorübergehend, und er behielt seinen gewöhnlichen Ausdruck; nur zuletzt schien dieser Mitleiden mit dem Zustande des Seeräubers zu bezeugen.

      »Ihr habt doch nichts einzuwenden,« fragte dieser, seinen Kopf zwischen die Türe steckend, »wenn ich über mein Boot disponiere? Dürfte leicht sein, daß ich während meiner Abwesenheit einen Besuch von unwillkommenen Gästen erhalte.«

      »Wenn der Häuptling der Salzsee auf dem Kriegspfade ist, so wird er wissen, seinen Feinden zu begegnen.«

      »Das ist einmal vernünftig gesprochen«, erwiderte dieser.

      »Mein Bruder ist hungrig«, sprach der Miko, auf seine Tochter weisend, die nun mit mehreren Gerichten in die Stube trat.

      »Werde kommen, – der Dienst geht vor.« – Und mit diesen Worten eilte er dem Ufer zu, auf dem sein Gefährte mit verschränkten Armen auf und ab ging, ein kleiner aber untersetzter Mann, von dessen schwärzlichem,


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