Die Zuckermeister (2). Die verlorene Rezeptur. tanja Voosen

Die Zuckermeister (2). Die verlorene Rezeptur - tanja Voosen


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viel falsch machen! Ich muss bald schon die erste handwerkliche Prüfung ablegen.«

      »Robin hat wirklich viel gelernt«, kam Elina Robin zu Hilfe.

      »Er kann schon superviel Zeug auswendig«, fügte Charlie hinzu.

      »Mag schon sein«, sagte Juna trotzig. »Aber ich glaube …«

      »Mir doch egal, was du glaubst!«, stieß Robin aus. Wütend stampfte er in den Flur und verschwand laut polternd die Stufen hinauf.

      Juna verdrehte die Augen und schlenderte in die Küche.

      »Manchmal denke ich, in diesem Haus ist irgendwas in der Luft, und je länger man es einatmet, desto verrückter wird man«, meinte Charlie kopfschüttelnd.

      »Nee«, sagte Elina. »Diese Süßigkeitenwerker-Prüfungen machen bloß verrückt.«

      »Aber das wollten die Zuckerhuts doch!«, murrte Charlie.

      Elina schmunzelte. »Verrückt werden?«

      »Wunder wirken«, sagte Charlie.

      »Mit Wundern hat Auswendiglernen aber nichts zu tun«, erwiderte Elina. Hier ging es schließlich um Magie! Wer wollte denn seine Nase in Bücher stecken, wenn er stattdessen gute Taten vollbringen konnte? Elina spürte sofort ein aufgeregtes Kribbeln im Bauch. »Stell dir mal all die Rezepte vor, die Juna und Robin irgendwann ausprobieren können! Und wir könnten mit Robin die Süßigkeiten testen!«

      »Lieber nicht«, sagte Charlie sofort. »Mit Magie geht immer was schief.«

      Elina wusste nicht recht, was sie darauf antworten sollte. »Bist du sauer wegen den Kühnen Kirschkrachern?«, fragte sie und sah Charlie entschuldigend an.

      Charlie schob schmollend die Unterlippe vor. »Mir war ja selbst langweilig, nachdem wir Stunden im Wohnzimmer gesessen und Robin Dinge abgefragt haben. Ich hätte nur lieber was Normales mit euch gemacht.«

      Elinas schlechtes Gewissen meldete sich. Kein Wunder, dass Charlie so reagiert hatte! Sie selbst war vor einer Weile durch eine verdorbene magische Schokolade verflucht worden und hatte mit unberechenbaren Nebenwirkungen gekämpft.

      »Tut mir leid«, sagte Elina leise. »Beim nächsten Mal machen wir etwas so Stinknormales, dass du vor Langeweile nur noch gähnen musst, so wie in Englisch.«

      Charlie grinste. »Bitte nicht! Lieber was Cooles wie Kino!«

      »Gut!«, sagte Elina. »Beste-Freundinnen-Ehrenwort!«

      »Beste-Freundinnen-Ehrenwort? Finde ich super!«

      Im nächsten Moment polterte Robin die Treppe hinunter.

      »Kommt ihr? Solange meine Eltern weg sind, kann ich euch die Geheimkammer unterm Dach zeigen.«

      »Hier gibt es eine Geheimkammer?«, fragte Elina. Das klang spannend!

      »Den ganzen magischen Kram im Turm zu verstecken, wäre ja wohl zu offensichtlich«, sagte Robin. »Ich brauche noch ein Buch daraus. Also, was ist?«

      Elina wandte sich Charlie zu, legte den Kopf schief und lächelte sie an. Sie musste die Frage gar nicht stellen, ob das für Charlie okay war, denn Charlie verstand sie auch ohne Worte. Sie nickte Elina zu.

       Geheimkammer, wir kommen!

      »Bewahrst du oben deine magischen Schokoladen-Action-Figuren auf oder wieso bist du so aus dem Häuschen?«, ärgerte Charlie Robin, als sie hinter ihm die Stufen erklommen. Robin war beim Treppensteigen wirklich ziemlich hibbelig.

      »Vielleicht mach ich ja eine Schokoladenfigur aus dir!«, erwiderte er herausfordernd.

      Elina schmunzelte. Immerzu mussten sich die zwei kabbeln!

      Sie kam als Letzte oben an. »Hier sieht’s aber normal aus«, murmelte sie.

      Das Zuckerhut-Haus hatte mehrere Stockwerke und so weit oben war sie zum ersten Mal. Irgendwie hatte sie ein gruseliges Kabuff voller Spinnweben und altem Krams erwartet, so wie es das Bittersüß, der magischste Ort in ganz Belony, war. Im ehemaligen Laden von Madame Picot, der ersten Süßigkeitenwerkerin, schlugen massenhaft Besucher auf, um alte Schokokessel und Backformen zu bewundern. Hier gab es nicht mal das – es war eine stinknormale Etage, voller gerahmter Bilder an den Wänden und mehreren Holztüren zu beiden Seiten.

      »Wo ist jetzt diese ominöse Geheimkammer?«, fragte Charlie.

      »Wenn sie jeder finden könnte, wäre sie ja nicht mehr geheim!«, murrte Robin.

      »Dann erleuchte uns mal, oh großer Brummbart!«, sagte Charlie.

      Robin wandte sich ab und ging den Flur hinunter zu einem der Gemälde, auf dem eine Zuckerstange abgebildet war, und dann – klappte er es einfach beiseite. Dahinter lag ein kleiner schwarzer Tresor, auf dem ein verschnörkeltes Z zu sehen war. Robin gab einen Code in die Tasten ein und die Tresortür schwang auf.

      »Krass, hier gibt’s echt viele Verstecke!«, staunte Elina.

      »Die Kombination ist ja Arthurs Geburtstag! Bestimmt, weil er am besten von euch allen aussieht!« Charlie klang ganz verträumt. Sie war nicht die Einzige, die Robins fünfzehnjährigem Bruder nachschmachtete. Alle fanden ihn soo süß!

      Elina mochte Arthur zwar, verstand aber diesen Wirbel um ihn nicht. »Weil er am besten aussieht?«, wiederholte sie belustigt. »Das macht gar keinen Sinn.«

      »Woher kennst du denn Arthurs Geburtstag?«, fragte Robin.

      »Och«, druckste Charlie herum. »Den kennen viele.«

      Bestimmt alle aus dem Arthur-Fanclub, dachte Elina grinsend. »Wie kommen wir denn in die Geheimkammer?«, wechselte sie das Thema.

      Robin holte eine durchsichtige Tüte aus dem Tresor, in der winzige Schlüssel lagen. Sie waren kristallweiß, als hätte man sie aus purem Zucker geschnitzt. »Die sind aus Zugänglichem Zucker gemacht. Und der einzige Weg, um Zugang zur Geheimkammer zu erhalten. Ihr müsst also einen davon essen.«

      Charlie seufzte. »Gut. Bei denen weißt du ja, was passiert. Oder?«

      Robin öffnete die Tüte. »Jup! Kein Risiko!«

      Nachdem sich jeder einen Zucker-Schlüssel in den Mund geschoben hatte, deutete Robin auf die Wand zu seiner Rechten. »Einfach Augen zu und durch!«

      »Du willst, dass wir wie bei Harry Potter gegen die Wand rennen?«, fragte Elina.

      »Bloß durchgehen. Ihr werdet schon sehen.«

      Und mit diesen Worten verschwand Robin durch die Wand.

      Die Geheimkammer entpuppte sich genau als das: geheim und eine Kammer. Durch zwei kleine Fenster fiel Licht herein. Viel Platz gab es nicht, weil alles vollgestellt war. Regalbretter schlängelten sich die Wand empor und bogen sich unter dem Gewicht dicker Wälzer, Fläschchen und Gläser voller verschiedener Zutaten. Einige davon hatten seltsame Farben und leuchteten sogar.

      »Hier macht ihr aber nicht eure Süßigkeiten, oder?«, fragte Elina.

      »Nein, hier bewahren wir nur allerhand Zeug auf«, sagte Robin. Er ging zu einem der Regalbretter und suchte eine Weile, bis er das richtige Buch fand.

      »Und wo macht ihr dann die Süßigkeiten?«, hakte Charlie nach. »Oder zieht ihr wie bei Dornröschen die Fensterläden zu, um zu backen und eure Magie zu wirken?«

      »Haha. Wir haben eine geheime Süßigkeiten-Küche.«

      Mehr sagte er dazu nicht, aber Elinas Aufmerksamkeit wurde ohnehin gerade von dem Glaskasten angezogen, der zwischen den zwei Fenstern stand und in dem sich verschiedene Küchenutensilien befanden. Genau genommen zwei Löffel, zwei Schneebesen und etwas, das nach einer Art Kuchenspachtel aussah. Eine Stelle war frei. Neugierig trat sie näher heran. Da bemerkte sie die eingravierten Namen der Zuckerhut-Familienmitglieder unter den unterschiedlichen Gegenständen.


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