Krimi Sammelband 12001: Riesen Mords-Paket November 2019 - 1000 kriminelle Seiten. A. F. Morland
Kaltmacher vom Dienst waren kein bisschen nervös. Für sie war das, was sie vorhatten, ein Job wie jeder andere. Ihre Gewissenhaftigkeit war beängstigend.
Wo immer sie auftauchten, blieb eine Leiche zurück, und die Polizei hatte einen Fall mehr, den sie unerledigt zu den Akten legen musste.
Die beiden Profis schritten gelassen den Bürgersteig entlang.
Sie erreichten den Notausgang eines Apartmenthauses. Die Tür zur Feuertreppe ließ sich normalerweise nur von innen öffnen, doch die Killer überlisteten die Sperre mit einem kleinen Trick und betraten unbemerkt das Gebäude, in dem Jay Pepper wohnte.
Mit grüner Ölfarbe gestrichene Wände umgaben die Mörder. Einer der beiden holte seine Pistole aus der Jacke und schraubte einen klobigen Schalldämpfer auf den Lauf.
Sein Komplize hatte das bereits im Wagen erledigt. Er zog die Waffe nun ebenfalls, und dann stiegen sie die Treppe hoch. Auf weißen Feldern prangten große schwarze Ziffern, die verrieten, in welchem Stock man sich befand.
Die Profis ließen 1, 2 und 3 hinter sich und erreichten die vierte Etage. Peppers Etage. Er wohnte in Apartment 4 G. Die Killer öffneten die Tür, die in den Gang führte.
Stimmen. Schritte. Ein Mann und eine Frau begaben sich zum Fahrstuhl. Sie mit Schmuck überladen und grell geschminkt. Er übergewichtig, kurzatmig und schwitzend. Der dunkle Anzug hätte ihm gepasst, wenn er zehn Pfund weniger gewogen hätte.
Die Frau war nervös und machte ihm Vorhaltungen, zu lange telefoniert zu haben. Seinen Einwand, es wäre ein geschäftlich sehr wichtiges Telefonat gewesen, ließ sie nicht gelten.
Sie schimpfte über den Lift, der nicht schnell genug zur Stelle war, meckerte über das scheußliche Muster der Krawatte ihres Mannes und ließ an seinem Anzug kein gutes Haar.
Der Mann bewies, dass er eine Eselsgeduld hatte. Er ließ die Nörgelei seiner Frau gottergeben über sich ergehen. Sie schimpfte noch weiter, als sie in den Fahrstuhl stiegen, und als sich der Lift in Bewegung setzte, drang die keifende Frauenstimme immer noch durch die geschlossene Aufzugtür.
„Die sollte zu mir gehören“, sagte einer der beiden Gangster und grinste. „Ich würde ihr mit Vergnügen den Hals umdrehen.“
„Oder ins Backrohr schieben und braten, wie man’s mit ’ner Hexe tut“, sagte der andere.
Sie setzten ihren Weg zu Jay Pepper fort. Vor 4 G blieben sie stehen, und einer der beiden nahm sich des Türschlosses an.
3
Jay Pepper goss reichlich Bourbon in ein Glas. Er war ein schlanker Mann von etwa vierzig Jahren, hatte glattes, kurz geschnittenes Haar und sah gut aus.
In seinem Schrank hingen jede Menge Anzüge, er besaß einen teuren Wagen, hatte Geld auf der Bank und keine Schulden. Eigentlich hätte er zufrieden sein können, und das war er auch bis vor Kurzem gewesen, doch nun hatte sich einiges geändert, und Pepper hatte Angst und Sorgen.
Ihm gehörte eine Bar auf dem Broadway, in der er gute Umsätze erzielte. Das Lokal lag sehr günstig – in unmittelbarer Nähe zweier Theater, einer Diskothek und einem Kinocenter.
Vor und nach den Vorstellungen herrschte Hochbetrieb in seiner Bar, und wenn jemand den Lärm der Disco nicht mehr ertragen konnte, wechselte er auch zu Jay Pepper über.
Er verdiente auf seriöse Art gutes Geld und hatte eigentlich nie daran gedacht, dass über ihm düstere Wolken auftauchen könnten. Doch genau dazu war es gekommen.
Mit dem Glas in der Hand wandte sich Pepper um. Sein Blick heftete sich auf das Telefon, und er hoffte, Bount Reiniger abgewimmelt zu haben. Wie hatte er bloß so verrückt sein können, dieses hohe Risiko einzugehen?
Hatte er im Ernst geglaubt, Bount Reiniger könnte ihm so umfassend helfen, dass ihm keine Gefahr mehr drohte? Dieses Kunststück brachte nicht einmal New Yorks bester Privatdetektiv zustande.
Okay, Reiniger konnte versuchen, an die Wurzel des Übels zu gelangen. Doch bis er sie erreichte, würde viel Zeit vergehen, in der jene Leute, die Pepper im Moment Kummer bereiteten, nicht untätig sein würden.
Und sie würden mit Sicherheit nicht Bount Reiniger aufs Korn nehmen, sondern denjenigen, der den Privatdetektiv engagiert hatte. Der war ja schuld daran, dass Bount Reiniger ihnen Unannehmlichkeiten zu machen versuchte.
„Bleib, wo du bist, Reiniger“, brummte Pepper. „Ich will mit dir nichts mehr zu tun haben. Das ist mir zu gefährlich. Ich habe nur ein Leben, und das möchte ich behalten.“
Er setzte sein Glas an die Lippen und trank. Langsam schlenderte er durch das Wohnzimmer, das von einer fliederfarbenen Sitzgruppe beherrscht wurde. An der Wand zwischen den Fenstern hingen alte Bilder, die Pepper in einem Trödelladen entdeckt hatte. Sie zeigten Ansichten europäischer Städte: Wien, Rom, Paris, Lissabon.
Pepper trat an eines der beiden Fenster und blickte auf die Straße hinunter. Obwohl der Betrieb seiner Bar um diese Zeit bereits auf Hochtouren lief, hatte er es sich zur Regel gemacht, erst gegen 21 Uhr dort zu erscheinen.
Da das Lokal bis vier Uhr früh geöffnet hatte, verbrachte er noch genug Stunden dort. Auf der Straße rollte ein silbergrauer Wagen heran. Pepper gab es unwillkürlich einen Stich. Er atmete erst erleichtert auf, als er erkannte, dass es sich bei diesem Fahrzeug um keinen Mercedes 450 SEL handelte, denn diesen Exoten fuhr Bount Reiniger.
Nervös drehte er sich um. Er leerte sein Glas und vernahm plötzlich ein metallisches Schnappen. Ein eisiger Schreck fuhr ihm in die Glieder. Seine Augen weiteten sich. Er hielt furchtsam an und lauschte.
Machte sich jemand an der Apartmenttür zu schaffen? Wollte sich jemand Einlass in seine Wohnung verschaffen? Jay Pepper bekam eine Gänsehaut. Hatte man ihn etwa bereits auf die Abschussliste gesetzt?
Beunruhigt stellte er das Glas auf einen Rauchtisch und schlich auf Zehenspitzen zur Livingroom-Tür. Es kostete ihn einige Überwindung, sie zu öffnen.
Unzählige Gedanken gingen ihm wie ein Mühlrad durch den Kopf. Man hatte keine Möglichkeit, sich in dieser Stadt vor verbrecherischen Elementen zu schützen.
Die Chance, zu überleben, lag darin, dass man sich fügte. Doch genau das hatte Jay Pepper nicht getan, und dieser Ungehorsam sollte ihm, so meinte er, nun zum Verhängnis werden.
Langsam schwang die Tür, von Peppers Hand bewegt, zur Seite. Er blickte in einen stillen, leeren Flur. Hatte er sich das metallische Schnappen nur eingebildet?
Bei seiner hochgradigen Nervosität war das durchaus möglich. Er erschrak ja beinahe schon vor seinem eigenen Schatten. Aufgeregt biss er sich auf die Unterlippe, während er das Wohnzimmer verließ.
Sein Ziel war die Apartmenttür. Er beabsichtigte, einen Blick durch den Spion zu werfen, um zu sehen, ob jemand draußen stand. Sein Herz schlug kräftig gegen die Rippen. Ein dünner Schweißfilm legte sich auf seine Stirn.
Herrgott noch mal, welcher Teufel hatte ihn geritten, als er sich entschloss, Bount Reiniger einzuschalten. Er hätte doch wissen müssen, dass diese Leute ein Auge auf ihn haben würden.
Er hatte bestimmt keinen Schritt tun können, über den sie nicht Bescheid wussten, und er hatte nichts Eiligeres zu tun gehabt, als sich zu Bount Reiniger zu begeben.
So viel Dummheit musste sich ja rächen. Pepper erreichte die Tür. Vorsichtig brachte er sein Auge an den Spion, und er spürte eine große Erleichterung, als er feststellte, dass sich niemand draußen befand.
Junge, du fängst an, dich selbst verrückt zu machen, sagte er sich, während er sich entspannte, doch im nächsten Augenblick übersprang sein Herz einen Schlag, denn ihm fiel auf, dass die Tür nur angelehnt war.
Jemand hatte sich bereits Einlass in seine Wohnung verschafft und musste sich in einem der Räume versteckt haben, die man vom Flur aus erreichte! Diese Erkenntnis traf Jay Pepper mit der Wucht eines Keulenschlages.
Er