Das Wolfskind und der König. Bettina Szrama
Bettina Szrama
Das Wolfskind und der König
Bettina Szrama
Das Wolfskind und der König
Roman
Das Buch ist bereits 2015 unter dem Titel Das wilde Kind von Hameln erschienen.
Copyright: © 2020 Bettina Szrama
Umschlag & Satz: Erik Kinting – www.buchlektorat.net
Verlag und Druck:
tredition GmbH
Halenreie 40-44
22359 Hamburg
978-3-347-12726-5 (Paperback)
978-3-347-12727-2 (Hardcover)
978-3-347-12728-9 (e-Book)
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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Obwohl diesem Buch wahre historische Begebenheiten, Schauplätze und Namen zugrundeliegen, soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass sämtliche geschilderten Ereignisse frei erfunden sind. In besonderen Maße gilt das für die meisten Handlungen und Äußerungen der auftretenden oder erwähnten Personen, auch wenn einige von ihnen in historischen Quellen belegt werden.
Darüberhinaus sind Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen rein zufällig.
Die Protagonisten
Peter, das wilde Kind
August Müller, Aufseher des Armenhauses St. Spiritus
Müllers Tochter Grete, spätere Lady Tichtbourn, Kammerfrau der Königin Caroline
Aristide Burchardy, Kommissar und Sohn der Eleonore von Knesebeck,
Jacob Bertram, Aufseher Tollhaus Celle/Verlobter von Grete
Georg I., englischer König und Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg
Georg August II., Prince of Wales, Sohn von Georg I., sein Nachfolger auf dem englischen Thron
Königin Caroline von Ansbach, Princess of Wales, seine Frau
Dr. Charles Arbuthnot, Leibarzt/Wissenschaftler und Lehrer
Lord Monbotto, Schotte und Wissenschaftler
Die Jagd
Nur wenige Minuten lang schenkte der Bär den dicht an seinen Fersen kläffenden Hunden Aufmerksamkeit. Während er sich tiefer in den Wald zurückzog, wurden die Jagdhunde mutiger, und schließlich lief einer von ihnen dem Rest der Meute voraus und vergrub seine Fänge im Bein des Fliehenden. Wäre der Wind aus einer anderen Richtung gekommen, hätte der Bär den Verfolgern entkommen können. Die Attacke des Hundes beantwortete der Bär mit wütendem Gebrüll und verfolgte die Meute einige Meter zurück, bevor er erneut weiterstürmte. Plötzlich stellte er sich aufrecht auf die Hinterpranken und witterte mit hocherhobener Nase. Er verharrte einen Augenblick, wie zur Säule erstarrt, bevor er zum Erstaunen der Jäger die Richtung änderte und auf die mit Jagdlappen eingegrenzte Lichtung zulief. Der König und sein englischer Leibarzt sahen ihn aus hundert Metern Entfernung und begannen zu schießen. Die erste Kugel pfiff dicht über seinen Kopf hinweg. Einen Augenblick später knallte das zweite Gewehr. Der zweite Schuss wirbelte fünf Meter vor ihm eine mächtige Schneewolke auf. Mit letzter Kraft schwenkte das mächtige Tier nach rechts. So stand es mit der Breitseite zu den Schützen. Ein dritter Schuss donnerte in das Gebell der Hunde, und während die Explosion zwischen den Berghängen und Baumriesen verhallte, bohrte sich das Geschoss direkt in seinen Schädel. Der Bär ging zu Boden wie ein gefällter Baum.
„Was für ein Schuss, Your Majesty!“, jubelte der königliche Leibarzt Doktor Arbuthnot und sprang fast gleichzeitig neben seinem Herrn vom Pferd.
„Oh, Karl, lasst doch das englische Geschwafel. Ihr wisst doch, wie sehr ich es verabscheue. Nennt mich, wie Ihr wollt. Um unserer Freundschaft willen, nur nicht Your Majesty“, keuchte Georg Ludwig, der nicht nur seine britischen Begleiter, sondern auch den hannoverschen Hof zu dieser spektakulären Jagd eingeladen hatte.
Sie hatten die Pferde hinter sich gelassen und stapften nun um die Wette durch den Schnee. Der Leibarzt wollte etwas entgegnen, unterließ es aber.
Schlimm, dass der König nach so vielen Jahren noch immer auf Kriegsfuß mit der englischen Sprache steht, ansonsten würde ihm sicherlich auffallen, dass ich „Charles“ heiße und nicht Karl, dachte er verärgert. Aber das behielt er lieber für sich. Der König hatte jetzt sowieso kein Auge für ihn, geschweige denn für die zahlreiche Jagdbeute an erlegten Säuen, Keilern und Hirschen, die aufgereiht zwischen Zelten, Netzen und Tüchern den Schnee rot färbten. Stattdessen murmelte er, sein Glück noch immer nicht fassend: „Ein Bär, Karl, wie kommt der König der Wälder nur in unser schönes Weserbergland? Der letzte seiner Gattung wurde, glaube ich, vor einhundert Jahren im Harz erlegt.“ Der sonst zurückhaltende, eher kühle Georg wirkte heiter und ausgelassen wie lange nicht.
„Das ist ebenso selten wie ein König im Weserbergland, Hoheit“, antwortete der Angesprochene, angeregt durch die gute Laune seines Herrn, während er die Hunde verscheuchte. “Er befand sich auf der Jagd, so wie Majestät. Möglich, dass er über die Grenze vom Harzgebirge in den Sollinger wanderte.“
„Mitten im Winter?“ Georg warf ihm einen ungläubigen Blick zu und winkte seinen Oberhofjäger aus dem am Waldesrand wartenden Gefolge herbei. Der Mann trat mit dem Pferd an der Hand unterwürfig näher. „Eure Lordschaft, blast die Jägerschaft zusammen, der Bär muss auf den Rücken gedreht und ausgeweidet werden.“
Der Angesprochene, Lord Monbotto, antwortete dem Kurfürsten von Hannover und König von England mit einer knappen Verbeugung, bevor er das Horn an die Lippen setzte und zum Sammeln blies. Es dauerte nicht lange und die herbeigerufenen Jäger scharrten sich um den Bären. Sie begannen den leblosen Körper mit Stangen zu traktieren, bis sie sich sicher waren, dass kein Leben mehr ihm war. Dann drehten sie ihn mit vereinten Kräften auf die Seite, während Georg Ludwig neben dem Bären kniete und den Einschuss untersuchte.
„Ein glatter Durchschuss“, stellte Lord Monbotto an seiner Seite fest, während Charles Arbuthnot das Tier nach weiteren Einschüssen abtastete. „Was für ein prächtiges Tier, Majestät. Es ist eine Bärin.“
„Normalerweise halten Bären zu dieser Zeit ihren Winterschlaf. Was haltet Ihr davon, Lord Monbotto?“, fragte der König und fasste den Lord scharf ins Auge.
„Vielleicht ist die Bärin vorzeitig geweckt worden? Oder der diesjährige Winter ist zu warm?“, antwortete Monbotto, worauf der König entgegnete: „Der Herbst war sehr mild. Möglich, dass sie zu lange gewartet hat. Ich werde William beauftragen, ein Porträt von der Bärin zu malen. Zur Erinnerung an unsere erste und wohl einzige Bärenjagd. Eure Lordschaft, Ihr sorgt dafür, dass das Fell noch heute abgezogen und entsprechend präpariert wird. Ich möchte das Tier ausstopfen lassen. Was für ein Zufall, dass man erst in deutschen Wäldern jagen muss, um einem wilden Bären zu begegnen.“ Die letzten Worte ernteten den Beifall seiner Minister, Höflinge und Jäger, die im Halbkreis um ihn herum standen.
„Mit dieser Annahme, Hoheit, wäre ich vorsichtig“, äußerte sich Arbuthnot, sparsam im Umgang mit vorzeitigem Jubel. Er besah sich schon geraume Zeit nachdenklich die mächtigen Bärentatzen. „Seht, Majestät! Die vernarbten Verbrennungen an seinen Sohlen. Es könnte sich hier auch um einen Tanzbären handeln.“
„Ein