Western Action Großband Februar 2019 - 1000 Seiten Spannung. Pete Hackett
und zog das Messer. Er wusste, dass die Waffe gegen den Colt ziemlich wirkungslos war, aber er würde kämpfen, solange er konnte.
„Durango, komm her!“, rief Sean aus der Richtung, in der die Pferde stehen mussten. „Ich verspreche dir ein schnelles Ende.“ Sein wildes Lachen folgte den Worten.
Jay bewegte sich lautlos nach links und umging den freien Platz.
„Durango!“, schrie Sean nach einer Weile. „Willst du mich einschüchtern? Von irgendwo musst du kommen, und ich kann dreimal schießen, bevor du bei mir sein kannst.“
Jay war stehengeblieben und wartete.
„Durango!“, meldete sich Sean Tetley wieder. „Ich habe keine Angst, hörst du? Ich habe deine Waffe. Du hast keine mehr. Komm her, ich mache es kurz!“
Jay ging weiter. Plötzlich wurde das Geäst zwischen ihm und dem freien Platz dünner. Er sah die beiden Pferde und Sean Tetley, der sich im Kreis drehte, ihm jäh das Gesicht zuwandte und zusammenzuckte.
Jay warf sich zu Boden, als die Waffe in der Hand des jungen Banditen in die Höhe sprang. Er hörte den Knall des Schusses in der gleichen Sekunde, in der seine Schultern hart den Boden berührte. Die Kugel ging über ihn hinweg. Jay Durango wartete keine Sekunde. Er sprang auf und hastete dorthin zurück, woher er gekommen war. Hinter sich hörte er einen enttäuschten Fluch. Dann plötzlich fielen zwei Schüsse dicht hintereinander. Ein schauriges Wiehern schlug an Jays Ohren. Er zuckte zusammen, stand ein paar Herzschläge lang wie gelähmt und teilte dann die Büsche vor sich mit den Händen auseinander, um zu Sean zurückzugehen.
Das Messer fiel aus seiner Hand, als er die Hügelkuppe überblicken konnte.
Sean stand neben den beiden zusammengebrochenen Pferden. Er hatte den rauchenden Revolver noch in der Hand.
Jay trat aus den Büschen und blieb wieder stehen. Sean warf ihm den leergeschossenen Colt entgegen.
„Viermal wollte ich dich töten“, sagte er fast gelassen. „Es ist mir nicht gelungen. Vielleicht hätte ich die beiden anderen Kugeln auch noch verschwendet.“ Er unterbrach sich und blickte auf die Pferde. Sie waren tot. „Sie konnte ich nicht verfehlen“, fuhr er dann fort. „Sie standen direkt neben mir, Durango. Nun hast du doch verloren.“
Jay Durango bückte sich nach der Waffe, lud sie und schob sie in die Halfter. Diesmal hakte er die Sicherheitsschlinge über den Hammer.
„Meinem Vater kann ich doch nicht entgehen“, sprach Sean weiter. „Er würde mich überall finden.“
„Ach so.“
„Ja, Durango. Nun entgehen wir ihm beide nicht mehr. Du bringst mich nicht nach San Angelo!“
Jay Durango blickte auf den Weg, den sie gekommen waren, zurück. In der Ferne schien Staub in die Höhe zu steigen. Aber vielleicht war es auch nur das Flimmern in der Luft.
Er hatte einen Fehler gemacht. In dem Wunsch, kein Aufsehen zu erregen, hatte er die Poststraße gemieden.
So war er jetzt von der nächsten Station, wo er vielleicht Pferde bekommen konnte, mindestens fünf Meilen entfernt.
„Wir laufen, Sean“, sagte er. „Du gehst vor mir her. Und du wirst so schnell gehen, wie du kannst. Vorwärts!“ Jay schob die Schlinge wieder vom Hammer des Colts und zog die Waffe, um sie auf Sean zu richten.
„Zu spät“, meinte der junge Bandit. „Dort kommt mein Vater, Durango!“
Jay warf den Kopf herum. Es war wirklich Staub gewesen, was er gesehen hatte. Und jetzt näherten sich ein paar Punkte, die langsam größer wurden.
„Wir kommen keine Meile mehr, Durango! Du hast verspielt.“
Jay ging rückwärts, bückte sich nach seinem Messer und schob es in den Stiefelschaft. Sean war ihm einen Schritt gefolgt. In dem Moment, in dem Jay Durango den Colt in der linken Hand hatte, sprang der junge Bandit.
Aber Jay hatte das Messer schon im Stiefel. Seine Faust schnellte vorwärts und traf Sean Tetley so hart gegen das Kinn, dass der gestoppt und rückwärts geworfen wurde. Er fiel auf den Rücken und atmete keuchend.
Jay nahm den Revolver wieder in die rechte Hand und ging auf den Banditen zu.
„Das war noch für die Pferde mit“, sagte er. „Bleib liegen!“ Die Mündung der Waffe richtete sich auf Sean Tetley.
„Das wagst du nicht! Ich habe keine Waffe.“ Sean hob die gefesselten Hände.
„Vielleicht hast du es weit genug getrieben, dass ich alles wage, Sean.“ Jay ging rückwärts. „Bleib liegen“, mahnte er noch einmal. Er blickte in die Ebene hinunter. Aus den Punkten waren Reiter geworden. Aber es waren nur noch drei. Das Pferd des einen brach nach der Seite aus. Jay sah wie der Mann aus dem Sattel sprang. Das Pferd wurde langsamer und lief dann. Es schien hart am Zusammenbrechen zu sein, fiel aber nicht.
Die beiden anderen kamen weiter auf der Spur geritten. Jay erkannte, dass einer von ihnen der Rancher war. Er ging im Bogen um Sean herum und schob die Büsche mit der linken Hand und dem Revolver auseinander.
Dann stand er vor den Salbeibüschen und wartete. Er würde, wenn er die Zeit dazu hatte, sechsmal schießen können. Langsam ging er weiter. Wenn Sean durch die Büsche brach, musste er es hören. So konnte er sich auf die Reiter konzentrieren.
Sie kamen schnell näher und hatten nach wenigen Minuten den Fuß des lang auslaufenden Hügels erreicht. Da brach das Pferd des letzten Cowboys jäh zusammen. Der Mann überschlug sich und blieb reglos liegen. Es sah aus, als hätte er sich das Genick gebrochen.
Tobe Tetley kam allein weiter. Mühsam kämpfte sich sein großes Pferd die Hügelflanke herauf. Er zog das Gewehr aus dem Scabbard und schoss, aber er war so aufgeregt, dass die Kugel weit über Jay Durango hinweg ging.
Jay wartete. Die zweite Kugel verfehlte ihn ebenfalls. Da ließ der Rancher das Gewehr fallen und zog den Colt.
Jay Durango schoss auf ihn. Seine Kugel fetzte dem Rancher den Hut vom Kopf. Tobe Tetley zuckte zusammen und feuerte zurück. Aber die Kugel lag zu kurz und bohrte ein Loch in den Boden. Da brachen hinter Jay Durango die Äste auseinander. Er wandte sich um und entging durch die Drehung der nächsten Kugel.
Sean kam aus den Büschen.
„Hier bin ich!“, schrie er und warf die gefesselten Hände in die Höhe.
Jay Durango wandte sich um. Jetzt war der Rancher noch dreißig Yards von ihm entfernt. Ein Schuss blitzte vor Tetleys Gesicht auf, und Jay hörte das Pfeifen. Da drückte er selbst ab. Tetley stürzte rittlings aus dem Sattel. Das Pferd jagte an Jay Durango vorbei. Tetley bewegte sich, wälzte sich herum und kniete sich hin. Blut färbte sein Hemd auf der Brust dunkel.
Jay starrte auf den Mann und überhörte den leichten, katzenhaften Schritt hinter sich. Da traf ihn Seans mit beiden Händen geführter Schlag in den Rücken. Er stolperte vorwärts, konnte sich aber fangen. Während er sich umwandte, schoss Tetley auf den Knien liegend. Sean, der Jay anfallen wollte, wurde mitten im Lauf gestoppt. Sein Schrei übertönte alle anderen Geräusche. Er stand zwei Herzschläge lang völlig reglos, um dann zusammenzubrechen.
„Sean!“, rief der Rancher. „Sean?“
Der junge Bandit bewegte sich nicht mehr.
Jay Durango ging auf Tobe Tetley zu. Der rote Fleck auf dessen Brust wurde zusehends größer. Tetley schien noch immer die Kraft zu haben, die Waffe halten und vielleicht auch anschlagen zu können. Aber er tat es nicht.
Dann war Jay Durango nur noch acht Schritte von ihm entfernt und blieb stehen. In seiner herabhängenden Hand lag der Revolver. Er sah die echte Verzweiflung in Tetleys Gesicht.
„Ich habe ihn erschossen, Durango“, sagte der harte Mann. „Dabei wollte ich dich töten.“
„Sie wollten mich schon einmal töten lassen.“
„Einmal, ja, Durango. Aber dann nie wieder. Du bist so, wie er sein sollte.“