Templao II. Jutta Bonstedt Kloehn
bemüht alles richtig zu machen. Ich erklärte ihm, dass er dem Pferd unbedingt klar machen musste, dass diese Stangen nichts Besonderes sind und es das Normalste auf der Welt ist, darüber zu laufen. Was hier alles so einfach klingt, spielte sich aber in dem Zeitraum einiger Wochen, wenn nicht gar Monaten ab.
Es dauerte also eine ganze Weile bis Ernesto und Templao eingespielt waren bei der eigentlich unspektakulären Stangenarbeit. Schutzgamaschen konnten wir ihm nicht anziehen, das war nach wie vor ein Problem, er hatte mächtig Angst davor. Aber mittlerweile sind Stangen für Templao kein Problem mehr.
Natürlich bekam Templao auch immer wieder die Gelegenheit sich auf unserer kleinen Olivenkoppel zu entspannen.
Als im Jahre 2015 ein PRE Junghengst in unseren Stall einzog, bekam Templao so die Möglichkeit seine exzellente Körpersprache an den Jungspund weiterzugeben. Campesino, so hieß der junge Hengst, lernte viel von Templao.
Auch auf dem Paddock waren die beiden eine Weile zusammen, und tatsächlich kam sogar der Tag, an dem sie sich gemeinsam in einer Box aufhielten. Das war ein großer Schritt für Templao, ein anderes Pferd so nahe bei sich zu dulden. Leider habe ich nur ein schlechtes Handyfoto von diesem Augenblick, aber schaut mal, wie süß:
Nach einer langen Zeit gewöhnte sich Templao auch endlich an das Klicken des Auslösers meiner Kamera, und so wurde es nun einfacher, Fotos von ihm zu machen.
Früher wäre das alles nicht möglich gewesen, aber jetzt ist das kein Problem mehr. Hier auf dem Foto seht Ihr, dass Templao noch seinen Strick am Halfter hat. Da ist er Ernesto entwischt beim auf die Koppel bringen.
Den kleinen Campesino seht Ihr hinter ihm. Templao war so aufgeregt, dass er mit dem Kleinen toben durfte, da war ihm Ernesto nicht mehr wirklich wichtig.
Ernesto war das furchtbar peinlich, aber ich glaube, so etwas ist jedem von uns schon einmal passiert. Man sollte solche Vorfälle als Erfahrungswert verbuchen, und das nächste Mal wird das sicher nicht mehr passieren.
Wie einige von Euch bestimmt schon wissen, hatte Ernesto außer Templao noch ein weiteres Pferd. Das war damals Juan, ein Fuchswallach, der eigentlich für Ernestos Bruder angeschafft wurde, dieser aber dann doch keine Lust auf das Reiten hatte. So übernahm ihn Ernesto, damit er während der Zeit der Korrektur und der Hoffnung, Templao eines Tages selber reiten zu können, auch seine reiterliche Weiterbildung nicht zu kurz kam.
Mit Juan verstand sich Ernesto jedoch nicht sonderlich gut, so dass er ihn verkaufte.
Danach versuchte er es mit Mariachi, einem Rapphengst, aber da muss man wirklich dazu sagen, dass dieses Pferd für Ernesto viel zu schmächtig und zu klein war, und die beiden hatten ebenso überhaupt keinen Draht zueinander. So suchten wir also einen geeigneten, neuen Besitzer für Mariachi, den wir glücklicherweise auch fanden. Eines Tages hatte ich einen großen Wallach im Verkauf. Da Ernesto auch immer meine Verkaufspferde auf meiner Webseite verfolgte, fragte er, ob er sich diesen Wallach einmal anschauen dürfte. Noch am selben Tag vereinbarte ich mit dem Besitzer einen Termin, und Ernesto kaufte den Wallach ganz schnell entschlossen. So zog Picasso bei uns ein und auch über dieses Pferd würde es sich lohnen ein Buch zu schreiben. Aber zunächst einmal beende ich Templaos Folgeband.
Weiter geht es also mit der Zeit, als Templao mit dem kleinen Campesino intensiv zusammen war. Es tat ihm gut, und ich glaube, es stärkte sein Selbstbewusstsein ungemein, dem jungen Flegel zu zeigen, wo es lang ging. Campesino hat sicherlich auch eine Menge von Templao gelernt.
Für uns war es immer wieder eine Freude, den beiden beim Toben und Spielen zuzuschauen.
Während Templao also immer wieder die Gelegenheit hatte, Pferd sein zu dürfen und mit einem Artgenossen zusammenzustehen, trainierte Ernesto mit ihm die freie Bodenarbeit im Roundpen, nachdem das Longieren genügend gefestigt war, und das Pferd nach und nach Ernesto als neue Bezugsperson akzeptiert hatte. Bis dahin verging mindestens ein ganzes Jahr. Ihr seht also, Zeit spielt bei uns keine Rolle.
All das, was Templao und Ernesto gemeinsam bei der Longenarbeit gefestigt hatten, sollte nun ohne Longe versucht werden. Dazu benutzen wir hier immer unseren kleinen Roundpen von 15 Meter Durchmesser. Die Reitbahn wäre dazu zu groß, denn das Pferd hätte auf so viel Freifläche einfach zu viel Gelegenheit auszuweichen. Ich empfehle also immer solche Arbeiten auf einer etwas begrenzteren Fläche zu beginnen. Später, wenn alles gefestigt ist, wird das Pferd auch auf einer großen Reitbahn seinem Trainer folgen. Nur in einigen wenigen Fällen gelingt es von Anfang an – aber dann doch eher bei Pferden, die nicht traumatisiert sind. Bei dem ersten Versuch, Templao ohne Longe zu bewegen, klappte alles prima. Ernesto war erstaunt und überrascht, dass es so funktionierte.
Allerdings war Templao von mir in der freien Bodenarbeit bereits trainiert worden, so dass er es schon kannte. Einige Probleme tauchten dennoch auf. Immer wieder passierte es Ernesto, dass das Pferd einfach wendete, ohne das er es wollte, seine Körpersprache aber etwas anderes sagte.
Bei der Freiarbeit ist es aber unerlässlich, jeweils im richtigen Winkel zum Pferd zu stehen, im richtigen Moment genau den korrekten Fuß auf das Pferd zu zubewegen, oder sich zurückzuziehen.
Man braucht wirklich viel praktische Erfahrung bis das alles sitzt. Auch die Hilfengebung der Stimme ist sehr nützlich.
Man sollte immer dasselbe Kommando benutzen, um das gewünschte Verhalten darauf einzuleiten. Ganz besonders interessant ist es, wenn man beispielsweise den Trab verstärken will, oder gar in drei verschiedene Tempi aufteilen möchte. Hier ist Präzisionsarbeit gefordert. Was man zuvor an der Longe trainiert hat, sollte nun bei der Freiarbeit auch funktionieren. Man muss jedoch bedenken, dass man in dieser Situation nun keinerlei mechanische Einwirkungsmöglichkeiten mehr hat. Wer möchte, kann anfänglich die Longiergerte noch als Hilfe dazu nehmen. Aber Ziel ist, alles nur mit dem eigenen Körper zu vermitteln.
Die Stimmsignale werden auch immer leiser, so dass ein Zuschauer sie nicht mehr hören kann, das Pferd aber wie durch Zauber alles tut, was sein Trainer ihm vermittelt.
Es ist eine wundervolle Art mit Pferden zu arbeiten. Ernesto hatte mir wirklich über lange Zeit immer zugeschaut, wenn ich so mit Templao gearbeitet hatte, und es reizte ihn ungemein, dies auch zu können.
Selbstverständlich verriet ich ihm die bisherigen, Stimmkommandos, denn es war wichtig, dass er diese benutzte, um Templao nicht zu verwirren. Alles was außerhalb der Norm lag, war für unseren Templao immer wieder eine Herausforderung für sein sensibles Nervensystem. Insofern sollten Gewohnheiten besser beibehalten werden bei einem solchen Pferd. Templao zeigte sich anfangs erstaunt, dass nun Ernesto in der Mitte des Roundpen stand. Dennoch bemühte er sich, Ernesto richtig zu interpretieren, und als die gewohnten Kommandos unter meiner Anleitung kamen, gewann er seine Sicherheit wieder zurück, die er zu Anfang anscheinend etwas verloren hatte.
Ein sanftes Ssschhhhhhh beruhigte ihn in den einzelnen Gangarten sofort, um das Tempo zurücknehmen zu können.
Ein leises Hopp und kurzes Vortreten mit dem äußeren Fuß gab ihm die Hilfe zum angaloppieren. Plötzliches hängen lassen beider Schultern und passiv bleiben, ließ ihn sofort in den gewünschten Schritt fallen. Insgesamt wurde Ernesto immer feiner in seiner Hilfengebung und die beiden arbeiteten wirklich nach einigen Monaten toll zusammen.