Chancenerkenner statt Krisentaucher. Andreas Klar
der ganzen Bandbreite zwischen „himmelhochjauchzend“ und zu Tode betrübt, schwarz und weiß.
Das Emotionskarussell von Trauer bis zu grenzenloser Euphorie ermöglicht ihnen einen starken Zugang zu sich selbst, zur eigenen Wahrnehmung. Sehr oft kämpfen diese Menschen gegen die Situation, Krise, Herausforderung an. Sie nehmen es nicht hin und konfrontieren sich. Sie kämpfen zum Beispiel trotz Rezession für mehr neue Kunden im Business, sie kämpfen trotz Verlusts eines Lieblingsmenschen für einen Neustart im Leben, sie kämpfen trotz schwerer Krankheit für Sich und stehen für sich selbst ein. „Jetzt erst recht!“, und „Auf geht’s!“ sagen sie sich. „Ich gebe jetzt Gas“.
Sie sind eher mutig und glauben an ihre Chance, vertrauen ein Stück ihrer Intuition aber am Ende brennen sie gerne aus, weil sie die Ausdauer verlieren bei ihren kräftezehrenden Aktionen, die sie immer wieder starten in ihrer fortwährenden und löblichen Selbstmotivation.
Dabei bin ich kein Theoretiker, der hier gerade stupide analysiert und den Finger auf die beiden Charaktere richtet. In meiner 20-jährigen Unternehmerlaufbahn habe ich mehrere Finanzkrisen durchgemacht (und war zu diesen Zeiten im Finanzvertrieb tätig). Ein doppelter Hörsturz und damit verbunden drei Tage Taubheit, gefährdete 2015 meine familiäre und berufliche Ausrichtung. Alles stand still. Meine Kinder konnte ich nicht mehr hören. 2019 erreichte mich die größte Lebens- Krise: Im Rahmen eines Autounfalls in Deutschland brach ich mir ganz kompliziert Unterarm und Handgelenk und wurde nach einem Herz- und Atemstillstand wiederbelebt. Mir wurde ein zweites Leben geschenkt!
Meine Tochter war zu dieser Zeit elf Wochen an den Rollstuhl gefesselt. Meine Mutter wurde über Monate behandelt und sprang auch dem „Tod von der Schippe.“ Zuvor lebten wir in einer Villa auf Mallorca, die Kids gingen zur Privatschule, mein Boot lag im Nobelhafen von Port Adriano und mein Coachingbusiness schrieb Rekordzahlen. Ich durfte alleine im ersten Quartal 2019 ganze 20 Mal nach Deutschland fliegen, um teilweise vor über 1000 Menschen über „Sichtbarkeit und Kundengewinnung“ sprechen. Meine Beziehung zu meiner Frau, mit der ich nun 18 Jahre, meistens glücklich (doch auch hier gab es Krisen) zusammen bin, zu den Kindern, zu mir selbst, verlor sich.
Es war die größte persönliche Identitätskrise, in der ich je steckte. Der Unfall brachte diese zutage. Der Unfall war das äußere Symptom. Dieses Symptom zu verdecken, wäre ein Einfaches gewesen. Der schmerzhaftere, aber zugleich am Ende erlösendere Weg war, mich damit auseinanderzusetzen. Ich hatte meine Werte verleugnet, meine wahren Bedürfnisse weggedrückt und mehr funktioniert als gelebt.
Eine Krise, die ich als solche bis dato nicht wahrnahm, zeigte sich im außerordentlichen Maße. Intuitiv verspürte ich voller tiefem Vertrauen in der Zeit nach dem Unfall den Weg, dem ich bis heute folge. Ich folgte der Intuition:
Zwar wurde zunächst der Kämpfer in mir wach. „Ich muss doch jetzt stark für mich, für meine Community, für meine Follower sein.“ Doch zügig spürte ich, dass mich meine Kräfte verließen. Als ich drei Wochen nach dem Unfall mit Fixateur im Arm auf der Bühne meiner Business Days in Köln stand, kollabierte ich gleich mehrfach. Vor mir saßen und feierten mich 100 Coaches und Berater, denen ich gerecht werden wollte. Ich hatte zeitweise geglaubt, dass ich „jetzt erst recht“ für sie da sein muss. Einerseits musste doch auch das Unternehmen weiterlaufen, die Kunden bedient werden. Andererseits wollte mein „neues ICH“ gelebt werden. Planen und nach dem Weg suchen? Keine gute Kombination. Es fühlte sich an, wie zwischen zwei Welten gefangen zu sein. Raus aus der alten Welt, denn sie fühlte sich falsch, sogar schmerzhaft an. Aber was würde das Neue, das Ungewisse bringen? Wer würde ich wirklich sein? Und so habe ich versucht, diese Welten miteinander zu verbinden.
Siehst Du, wie auch in mir Typ 1, der Rationalist, versucht hat, die neue Zeit nach der Krise zu planen: Business Days und unternehmerische Aktivitäten waren nur einige Beispiele. Doch auch die Rückkehr nach Mallorca und unseren Lebensmittelpunkt versuchte ich zu planen.
Und dann gab es noch Typ 2 in mir, den emotionalen Kämpfer. Er stellte sich trotz katastrophaler körperlicher Verfassung auf die Bühne. Wie hirnrissig. Gleichzeitig war klar, ob der Zusammenbrüche, der Energie, die einfach nicht da war, dass die Antwort ganz woanders lag.
…und diese Antworten hatte ich schon lange genug verdrängt. Ich brauchte verlässliche Antworten auf die Fragen, die mir diese Krise stellte. Es hätte keine Krise werden müssen. Hätte ich mir diese Fragen nur früher gestellt. Doch jetzt durfte ich es beleuchten, wenn ich nicht noch tiefer hineinschlittern wollte. Und so legte ich los:
- Warum ist das wirklich passiert?
Das wäre jedoch Betrug an mir selbst gewesen, denn das, was uns geschieht, hat immer mit uns selbst zu tun - immer.
- Wer bin ich wirklich?
- Wie will ich künftig leben?
Ich traf eine bewusste Entscheidung. Diesen Fragen und noch vielen mehr gehe ich auf den Grund. Dafür setze ich mir KEIN zeitliches Limit, sondern ich lasse mich treiben. Ich schrieb jeden Tag, manchmal machte sich Dankbarkeit breit, manchmal auch Angst. Doch sie wurde immer weniger. Ich übte mich in Achtsamkeit mit mir. Willst Du wissen wie es sich wirklich anfühlte? Ich wurde demütig mir selbst gegenüber, weinte vor Schmerz aber auch innerer Erlösung. Ich fühlte mich zunächst einsam, doch dann fand ich den wichtigsten Freund: Mein tiefes Ich. Einerseits wurde ein Teil von mir ganz schwach und der andere Teil so stark, ruhig und selbst – BEWUSST. Endlich.
Nachdem wir in den drei Monaten nach dem Unfall als vierköpfige Familie in meinem alten Jugendzimmer bei meinen Eltern gelebt hatten, war mir voller Dankbarkeit sehr klar, was mir wirklich wichtig im Leben ist.
Ich meine: Stell Dir das mal vor: Aus der Nobel-Villa mit Meerblick auf Mallorca in ein 25 m2- Zimmer im Keller in Deutschland ziehen? Das macht demütig. Demütig machte mich auch das ständige mich Zurückziehen in die Natur, das Spazierengehen, die Zeit für mich. In dieser Zeit lernte ich neu, ich meditierte, las Bücher und schrieb selber sehr viel, um zu erkennen und zu verarbeiten. Ich begab mich in die Beobachter-Perspektive. Ich führte Gespräche mit Mentoren, besuchte Seminare und folgte immer mehr der größten Kraft in mir. Die Kraft, die Menschen durch jede Krise hinein in die Erfüllung, in unendliche Liebe und große Schaffenskraft führt. Ich folgte voller Intuition und Vertrauen mehr und mehr meinem Herz. Es ist auch Dein Wegweiser in jeder Phase: DEIN HERZ.
Heute lebe ich mit meiner Familie wieder in Deutschland an der Mosel. Ich lachte über Teile von diesem Andreas, ich weinte, bemitleidete und bewunderte ihn. Ich erkannte mich völlig neu und begann mich zu sehen, zu fühlen und zu lieben.
In meinem Coachingbusiness, in dem ich gemeinsam mit meinem Team Coaches und Berater heute auf eine tief verbundene Art zeige, wie sie mit Leichtigkeit neue Kunden gewinnen und so einen wahren Fußabdruck auf der Erde hinterlassen, begleiten wir pro Jahr etwa 250 Menschen individuell. Gleichzeitig führe ich zwei weitere Unternehmen, habe dennoch sehr viel Zeit für die Familie und arbeite sogar ab und an von zu Hause. Im deutschsprachigen Raum sind wir zu einer führenden Anlaufstelle für Coaches geworden, die mit dem Herzen Menschen berühren und für ihr Angebot gewinnen wollen.
Meine Frau Francesca, die beiden Kinder und ich erinnern uns gerne an Mallorca und dennoch wissen wir heute: LEBEN ist LIEBEN… LEBEN ist VERBUNDENHEIT, mit sich selbst und mit Menschen.
Und