Shinobi - Der Weg der Schatten. Danny Seel

Shinobi - Der Weg der Schatten - Danny Seel


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in ganz Nagahama“, prahlte er stolz. „Außerdem bekomme ich sie von einem zuverlässigen Freund von mir.“

      „Ach, wirklich? Dann muss er doch etwas Besonderes mit dem Reis machen, sonst würde er sicherlich nicht so wohlschmeckend sein.“

      Der Kaufmann bemerkte nicht, wie Yujiro ihn an der Nase führte und ihn so in ein angenehmes Gespräch zu verwickeln versuchte, um Gamo seine Geheimnisse preisgeben zu lassen.

      „Ach was“, winkte dieser ab. „Es ist ein ganz normaler Reis, den ich aber nicht aus dieser Gegend bekomme. Die Reisfelder meines Lieferanten befinden sich nicht einmal hier in Omi, sondern auf der anderen Seite des Biwa-Sees!“

      „Und in welcher Provinz wären die Reisfelder zu finden?“, fragte Suzaku unbedacht.

      Yujiro hätte sich beinahe auf die Stirn geschlagen, als er die Voreiligkeit seines Begleiters hörte. Suzaku hatte alles vermasselt. Jetzt würde der Händler ihnen garantiert nichts mehr verraten.

      Wie kann man bloß so naiv sein?, fragte er sich, Suzaku einen vorwurfsvollen Seitenblick zuwerfend.

      Gamo blinzelte den Bauer einen Moment lang unverwandt an, bevor er seine Augenbrauen vor schockierter Erkenntnis hob.

      „Entschuldigt, aber keine Fragen mehr! Ich habe jetzt auch sowieso keine Zeit – vielleicht sehen wir uns noch später. Auf Wiedersehen!“

      Der Kaufmann ging wieder auf den Ausgang zu, als er plötzlich stehen blieb. „Oh! Ich hab’ meinen Geldbeutel vergessen!“

      Er drehte sich um und eilte zurück durch die Tür, durch die er erst vor kurzem eingetreten war.

      „Da habt ihr aber Glück gehabt“, flüsterte der Angestellte, sobald sein Arbeitgeber weg war. „Gamo-san weigert sich meistens mit seinen Kunden zu reden … natürlich, außer wenn es Samurai sind. Mit denen hat er ja keine andere Wahl.“

      Die Bauern begriffen sofort, was der Angestellte damit meinte. Die Bushi, auch Samurai genannt, die dem Weg des Kriegers folgten, waren die Führungsklasse in ganz Japan und durften Kaufleute sowie Bauern hinrichten, ohne hierfür ein überzeugendes Motiv zu haben. Selbst die Nichtbeantwortung einer Frage wäre hierfür Grund genug.

      Der Angestellte, der inzwischen einen kleinen Sack mit Reis gefühlt hatte, überreichte ihn seinen Kunden und nannte den Preis.

      „Vielen Dank für euren Einkauf“, bedankte er sich und nahm das Geld entgegen.

      „Schönen Tag noch“, antwortete Suzaku und ging zusammen mit Yujiro aus dem Laden heraus.

       3. Enttarnt

      „Wieso konntest du nicht einfach deinen Mund halten?“, fragte Yujiro Suzaku in einem seltsam ruhigen Ton, der darauf hinwies, dass er versuchte seine Wut zu bändigen, als er am Ende des Korridors stehen blieb, um eine Schiebetür zu öffnen und ein kleines Zimmer zu betreten.

      Beide lebten während ihres Aufenthalts in Nagahama, in einem ärmlichen Wirtshaus, wo sie einen Raum gemietet hatten, der eigentlich nur groß genug fürs Essen und Schlafen war. Das ganze Zimmer wurde mit Ausnahme des Lichts, das durch die Papierwände drang, ausschließlich von einer kleinen Kerze beleuchtet, die äußerst wenig Licht spendete.

      Schuldbewusst blickte Suzaku auf ein paar Hähnchenspieße hinab, die er auf dem Weg gekauft hatte, während er seinem Begleiter in den Raum folgte. „Es tut mir leid, es ist mir herausgerutscht.“

      Yujiro schnalzte frustriert mit der Zunge und setzte sich in eine Ecke des Zimmers. Dort hob er das Rasiermesser auf, das er heute Morgen benutzt hatte, und begann es zu schärfen, mit der Absicht seine nächste Rasur angenehmer zu machen. Währenddessen ließ sich Suzaku auf den Boden, neben der Kerze, nieder und machte es sich dort gemütlich, um in Ruhe seine Zwischenmahlzeit genießen zu können.

      „Ich glaube, wir sollten unsere Waffen noch besser verstecken. Für den Fall, dass Polizisten oder Samurai auf uns aufmerksam werden …“, äußerte er seine Meinung, nachdem er einen der Hähnchenspieße bereits verspeist hatte.

      Yujiro hielt mit dem Messerschärfen inne. Er blickte auf und schaute Suzaku warnend an. Eine frisch zugefügte Schnittwunde war auf seinem Kinn zu sehen.

      „Yujiro?“, fragte Suzaku beunruhigt, als er den eiskalten Blick sah.

      Yujiro starrte einfach seinen Gefährten an. Dann wandte er sich wieder dem Messerschärfen zu, als wäre nichts geschehen.

      „Nachdem, was gestern Nacht passiert ist, möchte ich alle meine Waffen griffbereit haben. Für den Fall, dass irgendein Neuling …“ Er schaute Suzaku vielsagend an. „durch seine Unachtsamkeit, die er auch heute bewiesen hat, nicht wieder einen Kampf provoziert. Da hast du zwei perfekte Beispiele, weshalb ich es bevorzuge, entweder allein oder mit reifen Männern zu arbeiten.“

      Suzaku zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Du behandelst mich manchmal so, als ob ich ein Hindernis statt einer Hilfe wäre.“

      „Weil es auch oft der Fall ist. Wegen deiner voreiligen Einmischung konnten wir bis jetzt nur ein Quota des Auftrags erledigen. Wenn du nur geschwiegen hättest, hätten wir vielleicht alles, was wir wissen müssen, aus ihm herausbekommen.“

      „Du solltest dich nicht so aufregen. Schließlich haben wir beinahe unsere gesamte Mission erfüllt“, meinte Suzaku.

      Belustigt blickte ihn Yujiro an. „Unser Auftrag ist es Informationen über Nagahama zu sammeln. Erstens, über die Rekrutierung von Kriegern, zweitens über den Handel von Feuerwaffen und drittens über den Lieferanten des größten Reishändlers der Stadt. Bislang haben wir nur zwei Punkte erfüllt. Verstehst du es denn nicht? Uns läuft die Zeit davon. Nach einem ganzen Monat in dieser Stadt können Polizisten auf uns aufmerksam werden … Wenn wir versagen, werden wir vor Momochi-sama in Erklärungsnot stehen.“

      Kopfschüttelnd legte er sein Messer beiseite und nahm stattdessen ein Kurzschwert, das er im Zimmer versteckt hatte. Gemächlich besah er es von allen Seiten, bevor er anfing, es zu polieren.

      „Ich hoffe bloß, wir werden nicht auf eine schlechtere Position verwiesen“, flüsterte er.

      Es herrschte Stille für eine kurze Zeit, bei der jeder mit seiner eigenen Tätigkeit beschäftigt war.

      „Ich wundere mich, wie weit Rintaro mit seinen Untersuchungen ist. Wo ist er jetzt eigentlich?“, wollte Suzaku nach einer Minute wissen.

      Plötzlich wurde die Schiebetür aufgerissen. Verwundert blickten die beiden Männer auf. Vor ihnen erschien ein Mann in Bauernkleidung, der einen kurzen Kinn- sowie Schnurrbart hatte und dessen Haare zu einem Haarknoten zusammengebunden waren. Ein kleines Rinnsal Blut lief ihm die Stirn hinunter, die aus einem kleinen Schnitt kam, der tödlich wäre, falls er etwas tiefer gewesen wäre. Einer seiner Ärmel war aufgerissen und sein Arm blutbefleckt. Sein Blick deutete auf starke Beunruhigung hin, als er die zwei Bauern vor sich ansah.

      „Die Polizei – wir wurden entdeckt!“, rief er, während er versuchte seinen Atem zu beruhigen.

      Die Augen der anderen beiden weiteten sich. Unverzüglich sprangen sie auf die Füße und sammelten innerhalb weniger Sekunden all ihre Sachen. Yujiro zog seinen Strohhut bereits innen an und sie stürzten aus dem Zimmer Richtung Ausgang. Sie hatten beinahe die Schiebetür erreicht, als diese auf einmal aufgerissen wurde und ein grob aussehender Mann, der einen blauweißen, breitschultrigen Kimono trug, mit wütenden, durchdringlichen Augen hereinstolperte.

      „Da sind sie!“, schrie der Dōshin, ein nachrangiger Samurai, der zur Polizei gehörte, und nahm sofort die Verfolgungsjagd auf.

      Instinktiv drehten sich die drei Bauern um und rannten schnell den Gang zurück, den sie gekommen waren, sodass sie wegen ihrer Hast beinahe mit einer Magd zusammenstießen.

      „Habt ihr einen Hinterausgang?“, wollte Suzaku wissen, ohne sich zu entschuldigen.

      „Ja … äh er ist dort drüben“, antwortete sie verwirrt und zeigte auf eine Tür am Ende des


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