Die kleine Dame in den Blauen Bergen (5). Stefanie Taschinski

Die kleine Dame in den Blauen Bergen (5) - Stefanie Taschinski


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      Stefanie Taschinski

      Die kleine Dame in den Blauen Bergen

       Weitere Titel in dieser Reihe:

      Die kleine Dame (Band 1)

      Die kleine Dame und der rote Prinz (Band 2)

      Die kleine Dame auf Salafari (Band 3)

      Die kleine Dame melodiert ganz wunderbar (Band 4)

      Die kleine Dame feiert Weihnachten

      Die kleine Dame und Du – Ein Salafari-Buch

      zum Entdecken, Staunen & Mitmachen

      Auch als Hörbücher bei Arena audio.

       Stefanie Taschinski

       Die kleine Dame in den Blauen Bergen

       Mit Bildern von Nina Dulleck

       Für

       Josefina Pauline Jasmin Sophie Philip

      Ein Verlag in der Westermann GRUPPE

      1. Auflage 2020

      © 2020 Arena Verlag GmbH

      Rottendorfer Straße 16, 97074 Würzburg

      Alle Rechte vorbehalten

      Text: Stefanie Taschinski

      Cover und Innenillustrationen: Nina Dulleck

      Satz: Malte Ritter

      E-Book-Herstellung und Auslieferung:

      readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

      E-Book ISBN 978-3-401-80920-5

      Besuche den Arena Verlag im Netz:

       www.arena-verlag.de

       Der Brief mit dem Fliegenpilz

      Nun blieb die kleine Dame schon wieder stehen. Und da vorn war das Brezelhaus! Lilly tippelte von einem Fuß auf den anderen. »Kleine Dame, wir müssen weiter.«

      Aber die kleine Dame reagierte nicht. Sie zückte ihr aufrollbares Maßband und trat an einen Straßenbaum. Einen ganz gewöhnlichen Straßenbaum!

      »Chaka, was meinst du?«, fragte die kleine Dame das Chamäleon, das auf dem Stamm saß und das feine Silbergrau der Rinde angenommen hatte. Zentimeter für Zentimeter zog sie das Maßband aus und hielt es an einen dünnen Zweig, der weit unten aus dem Stamm wuchs. »Wusste ich’s doch.«

      Lilly seufzte. »Ich auch. Das ist ein Zweig.«

      »Fagus Silvatica, um genau zu sein, meine Liebe.« Mit einem Schnipps ließ die kleine Dame das Maßband wieder einrollen. »Und dieser Buchenzweig ist, seit wir hier letzte Woche vorbeiflaniert sind, um exakt einen Zentimeter gewachsen!«

      Einen Zentimeter? Das war nicht besonders viel. Aber als Lilly genauer hinsah, fiel ihr auf, dass die grauen Knospen sich in zarte hellgrüne Blätter verwandelt hatten. Lilly hätte die kleine Dame zwar gern gefragt, wie Bäume ihre Blätter auspacken, aber im Brezelhaus wartete nun mal Mama Bär auf sie. Sie hatte Lilly zum Einkaufen geschickt, und wenn sie nicht ganz schnell zurückkam, würde Bruno, ihr Minibruder, bestimmt wieder den King Kong geben und mit hochrotem Kopf brüllen, bis Herr Leberwurst bei ihnen klingelte, um zu fragen, ob alles in Ordnung wäre. »Bist du fertig?«

      »Lilly, wie oft waren wir zwei gemeinsam auf Salafari?« Nun zog die kleine Dame auch noch das Notizbuch aus ihrer rechten Tasche und zückte den Bleistift. »Messwerte müssen sorgfältig noteriert werden, bevor sie sich verwirbeln.«

      Ja, mit der kleinen Dame verwandelte sich sogar der kurze Weg zum Lädchen an der Ecke in eine Entdeckungs-Salafari. Und statt fünf Minuten war man schwuppdich einen halben Tag unterwegs!

      Endlich waren sie am Brezelhaus! Oben im Nest auf der goldenen Brezel landete flügelschlagend die schokobraune Taube.

      Die kleine Dame zog den Helm. »Gutnäsen Tagnäs!«

      »Hallo«, rief Lilly nach oben und zog Mamas Haustürschlüssel aus der Tasche. »Sehen wir uns gleich?«, fragte sie die kleine Dame, die hinter ihr die Stufen zum Brezelhaus hochkam.

      »Wieso? Wir sehen uns jetzt, wir sehen uns gleich und später, denn ich werde dich noch ein Stückchen begleiten.«

      »Bis nach oben?«

      »Heute leider nicht. Aber es gibt etwas, das ich den Fegerich fragen möchte.«

      Da erst bemerkte Lilly Herrn Leberwurst, den Hausmeister des Brezelhauses. Er war groß. So groß, dass er von oben auf die Briefkästen hinabschauen konnte, die in einer Reihe an der Flurwand hingen. Heute hatte er seinen Besen gegen eine Zahnbürste eingetauscht. Rischelwischpisch. Rischelwischelpisch, polierte Herr Leberwurst die Namensschilder der Briefkästen in kreisenden Bewegungen. »Ranzig!«, grummelte er.

      »Holodriho, Herr Leberwurst«, grüßte die kleine Dame.

      Der Kopf des Hausmeisters ruckte herum. »Und wer macht den ganzen Dreck weg? Wer macht das?« Aufgebracht fuchtelte er mit der Zahnbürste vor Lillys Gesicht. »Wer macht hier alles sauber?«

      Lilly wich einen Schritt zurück. »Sie, Herr Leberwurst.«

      »Sie sind unbedingt der beste Fegerich der Welt«, sagte die kleine Dame und ließ ihren Schirm hin- und herschwingen. »Wissen Sie womöglich, ob …«

      Herr Leberwurst tauchte die Zahnbürste wieder ins Wasser und putzte weiter. Rischelwischelpisch, rischelwischelpisch. »Ganz genauso ist es! Barbara sagt, es sei mein Werk.« Ein schiefes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.

      Lilly unterdrückte ein Kichern. Barbara Schnacksel war Mamas Kollegin aus der Backstube. Seit Lilly zusammen mit der kleinen Dame den Brezelhauschor gegründet hatte, waren die Leberwurst und Frau Schnacksel ein Liebespaar.

      Der Hausmeister streckte die Brust raus und fuhr sich mit der Zahnbürste durch die dünne Haartolle. »Mein Lebenswerk sozusagen«, sagte er zufrieden. Die kleine Dame nickte. »Ein Meister seines Fachs. Ihnen entgeht nichts, und deshalb wollte ich mich erkundigen, ob vielleicht ein kleiner Brief für mich abgegeben wurde?«

      »Ein Brief?«, fragte der Hausmeister. »Nein, der Postbote hatte nichts für Sie.«

      Da kam Lilly auf die Idee, auch schnell in ihren Briefkasten zu schauen.

      »Seltwürdig«, sagte die kleine Dame. »Herr Kreideweiß ist sonst immer sehr zuverlässig. Nun, dann kommt der Brief sicher in den nächsten Tagen.«

      »Herr Kreideweiß? Wer ist das?«, fragte Lilly, während sie den Briefkasten aufschloss.

      »Ein alter Freund von mir. Er ist auf einer mächtigen Bergsalafari quer durch Europa, und ich erwarte seinen Bericht.«

      Lilly hörte nur mit einem Ohr zu, denn in ihrem Briefkasten lag ein Brief! Die untere Ecke war umgeknickt, und es klebte eine Fliegenpilz-Briefmarke darauf. »Der ist von Oma!«, rief sie.

      »Ich hab mich wohl verhört«, krächzte die Leberwurst, steckte sich die Zahnbürste ins linke Ohr und begann, rischelwischelpisch, zu putzen.


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