Befreie dich selbst!. Matthias A. Exl
gar nicht kennen. Doch nur weil Sie diese Erfahrung noch nicht gemacht haben, bedeutet es nicht, dass diese Form der Realität nicht existiert. Die neue Realität wartet gerade auf Sie, der Sie diese Zeilen lesen. Jene Kraft liebt Sie, doch können Sie dies überhaupt zulassen? Darf es Ihnen gut gehen, ohne Leistung dafür erbringen zu müssen?
Meine erste persönliche Begegnung mit der schöpferischen Kraft
Zu Beginn meines Weges hatte ich gerade den Gipfel meiner eigenen Eitelkeiten erklommen. Dies manifestierte sich, indem ich mein gedankliches Ziel endlich verwirklicht hatte: Geld und Macht. Die Folge davon: Unglück. Hatte man nicht gesagt: „Geld macht glücklich?“ Doch beginnen wir von vorn.
Als Jugendlicher wollte ich es „allen“ hier in Österreich zeigen. Mein persönliches Ziel war, Karriere zu machen. Nicht irgendeine Karriere, sondern eine, die internationales Medieninteresse hervorrufen würde. Ich wollte den „amerikanischen Traum“ leben und dementsprechend auch finanziellen Erfolg haben. Also machte ich mich ans Werk.
Zu Recht werden Sie sich, lieber Leser, jetzt fragen: „Wieso wollte er das bloß?“
• Weshalb wollte ich dies wirklich?
• Warum war es mir wichtig, es „allen zu zeigen“?
• Wieso wollte ich diejenigen, die mich nicht mochten, beeindrucken?
Zur Beantwortung der Fragen gehen wir noch ein Stückchen weiter zurück: Ich war von Kindheit an immer etwas „anders“, in Gruppen der klassische Außenseiter. Sie können sich mich als den kleinen Buben vorstellen, der bei Spielen immer zuletzt in eine Gruppe gewählt wurde. Derjenige, den man höchstens aus Mitleid in sein Team nahm. Nicht nur, dass ich körperlich anders aussah als meine Spielgefährten, die mich ob meines für unsere Breitengrade dunkleren Äußeren hänselten – ich war auch seelisch gesehen anders. Mich interessierten die wettkampfähnlichen Spiele in der Schule reichlich wenig, ich verbrachte die Zeit lieber mit älteren Menschen und „mochte“ meine Kameraden nur bedingt, was noch recht freundlich ausgedrückt ist. Dies löste natürlich eine Resonanz in den Mitmenschen aus, wodurch ich noch mehr gehänselt wurde. Dadurch zog ich mich zunehmend ganz in mein Schneckenhaus zurück und kapselte mich ab.
Die Folge? Mein Unverständnis über die Welt, meine Frustration wuchsen und ich fühlte mich vollkommen deplatziert. Wie geht man nun mit solchen Gefühlen um? Die Frage, ob es an mir läge, so wie es alle sagten, stellte sich für mich nicht. Mein Selbstwert war nicht nur am Boden, sondern eher am Meeresgrund angelangt. Durch dieses Minderwertigkeitsgefühl stürzte ich mich umso mehr in die Emotion „Ich werde es euch allen zeigen“. Damit war ich natürlich der perfekte Kandidat, meine gesamte Kraft in eine Karriere zu investieren. Durch Fleiß, Ehrgeiz und den unbändigen Willen, es ganz nach oben zu schaffen, gelang mir der Aufstieg in der IT-Branche, wo ich es bis zum Vizepräsidenten einer 500 Mitarbeiter zählenden Firma brachte. Ich durchlebte alles: Medieninteresse, Vorträge, maßgeschneiderte Anzüge, Designer-Kugelschreiber, Gourmet-Abendessen, exklusive Clubbings, teure Autos etc. Der Gipfel meiner Selbstgefälligkeit spiegelte sich im „Konsum“ von Frauen wider, denn in Wahrheit war ich schon längst beziehungsunfähig geworden, auch wenn ich dies damals nicht so sehen wollte. Geld war da, Macht war da; ich hatte es allen gezeigt.
Wem gezeigt?
Allen!
Allen?
Allen, die mich nicht mochten.
Allen, die mich nicht mochten und jetzt noch weniger mochten. Und diejenigen, welche mich mochten, fanden mich abgehoben und arrogant. Eine tolle Bilanz. Ich hatte gerade den Mount Everest der persönlichen Eitelkeiten erklommen, mein eigenes moralisches Empfinden oft genug verkauft, hatte Unternehmensprozessen das Mäntelchen der Corporate Social Responsibility2 umgehängt, die im Grunde nur da waren, um die Gewinne zu maximieren. In Wahrheit kümmert es Firmen reichlich wenig, wie sich der Einzelne fühlt, es interessiert viel mehr, ob jeder im System Integrierte wie ein Rädchen funktioniert.
Weder bei Pressekonferenzen, teuren Essen noch in guten Hotels habe ich gefunden, was ich eigentlich unbewusst gesucht hatte. Was ich aber fand, war mein eigenes Unglück, und zwar recht viel davon. 200.000 Flugmeilen in einem Jahr hatten nicht dazu geführt, irgendeine befriedigende Antwort zu bekommen. Es lief also etwas grundlegend falsch. Was ich im Beruf erlebte, entfernte mich mehr denn je von dem Gefühl der Ruhe, Liebe und inneren Zufriedenheit. Nervlich und beziehungstechnisch am Ende, mit körperlichen Krankheiten, die aus schulmedizinischer Sicht als chronisch und daher lebensbegleitend diagnostiziert wurden (Immunschwäche durch übermäßige Antibiotika-Einnahme in der Kindheit, chronische Gastritis, Nachtschweiß und Angstzustände), entschied ich, mein Leben von Grund auf zu ändern. Es war wahrlich an der Zeit.
Nun, da ich mich entschieden hatte, meine Selbstsucht in Selbstsuche umzuwandeln und endlich meinen persönlichen Fehlschlag anzuerkennen, begann ich langsam, mich mit mir selbst und meinen Emotionen auseinanderzusetzen. Ich hatte einen von Grund auf neuen Weg zu erlernen. In einem Moment größten Trauerns und Zweifelns saß ich eines Tages in meinem Apartment auf dem Boden und weinte. Vor lauter Verzweiflung und Ausweglosigkeit wagte ich es, in mich zu gehen. Ich fragte, was dies alles solle, ich hätte mich selbst und meinen Sinn verloren. Wahrscheinlich tat ich dies, da ich sonst niemanden hätte fragen können. Was sollte schon Großartiges geschehen?
Und siehe da, das Wunder geschah. Ich erhielt Antworten, ich hörte und sah diese. Ich lachte und weinte zur gleichen Zeit. Als Materialist konnte ich nicht erklären, was da gerade vor sich gegangen war, doch konnte ich das Geschehene nicht leugnen. Ich fühlte es in meinem ganzen Körper. Heute weiß ich, es war meine persönliche Einweihung, eine Initiation in die Kraft des Vertrauens, für die der Zeitpunkt gekommen war. Erst durch den Schmerz und die vollständige Hingabe durfte es geschehen.
Die Tage vergingen und ich entdeckte meine eigene Fähigkeit, anderen Menschen zu helfen. Nach und nach erkannte ich, dass es mir Freude bereitete, Menschen Gutes zu tun. Sicher tun wir alle Tag für Tag etwas Gutes, doch stellt sich hier die Frage nach der wahren Motivation dahinter.
Wenn Sie sich selbst kritisch hinterfragen und jede Handlung einer Emotion zuordnen, werden Sie erkennen, dass die sogenannte „Hilfe“ gar nicht so selbstlos ist. Es gibt Menschen, die sich in der Gesellschaft geradezu aufopfern – doch warum? Bei genauem Hinsehen werden Sie erkennen, dass es sehr oft um die Aufwertung des eigenen Selbstwerts geht, eine egoistische Handlung sozusagen. Wenn man sich zum Beispiel als Kind von seinen Eltern nicht bedingungslos geliebt gefühlt hat, kommt es zu einer Verminderung des eigenen Selbstwertgefühls. Man versucht durch bestimmte Handlungsweisen von seinen Eltern jene bedingungslose Liebe zu erhalten. Man ist besonders brav, man lehnt sich auf, man strengt sich an, man weigert sich. Diejenige Taktik, die am erfolgreichsten im Erhaschen der „Liebe“ ist, wird auch weiterhin im Leben angewandt. Auf der Suche nach dieser bedingungslosen Liebe lernt man, Bedingungen zu erfüllen, um gemocht zu werden. In der Folge wird man von seinen Mitmenschen abhängig. Abhängig in der Art, dass man auf das Lob oder das Gemochtwerden angewiesen ist. Aus diesem Grund opfern sich Menschen oft auf, um so ihren Wert wiederzufinden.
Wenn Sie nun wutschnaubend diese Zeilen lesen, wurden Sie gerade ertappt. Willkommen in der Welt des Egos! Doch trösten Sie sich: Es gibt wahrlich nur wenige Menschen, die selbstlos dem anderen dienen. Wahre Hilfe dem Mitmenschen gegenüber geschieht:
• ohne Lob oder Dank zu erwarten,
• im Stillen, ungesehen von allen,
• einzig und allein, um dem anderen zu dienen.
Ich hatte zum damaligen Zeitpunkt erkannt, dass meine eigenen Handlungen dieser Prüfung nicht standhielten.
Nicht allzu lange nach diesem Erlebnis wagte ich es erneut und sprach das Höhere Selbst an. Dies war wahrlich neu für mich, denn ich hatte bisher keinerlei Dialoge, sondern nur reine Monologe geführt. Meine erste Frage war:
„Der neue Weg führt in eine ganz andere Richtung, aber ich habe die ‚Dinge‘ doch so gerne, wohin soll das führen?“