Marlowe - das Grauen. W.E. Pansen

Marlowe - das Grauen - W.E. Pansen


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Tussi her. Außerdem kenn ich die von der Schule!“

      Na super. Er musste die Sache erstmal auf Eis legen.

       „Bunte Kuh“, Ein typischer Freitag

      Jan-Hein war von Haus aus nicht besonders redselig. An einem seiner redseligeren Tage hatte er es den anderen erklärt. „Leute, ich hab zwanzig Jahre versucht den Deppen auf der Seefahrtsschule etwas beizubringen. Reden, reden und nochmal reden. Erklären, erklären und nochmal erklären. Nachhilfestunden für die Doofen.

      Und dann fällt doch jeder 4. bei der Prüfung durch. Und für das „soziale Feeling“ dann noch Treffs in Kneipen, Saufgelage, dummbatziges Gelaber und die üblichen, immer gleichen Erzählungen, von dem, was sie, angeblich, bisher auf See erlebt hatten. Mann, ich hör es noch wie heute „…und dann sagt der Alte zu mir, - und ich dann zu ihm“, - blablabla, - nix mit Seemannsgarn, - einfach nur blödes Gelaber und sofort wusste man Bescheid, dass der Dummbeutel überhaupt noch nix erlebt hat. Einzige Highlights waren dann die gelegentlichen Auftritte von echten, ehemaligen Seeleuten, meistens bei HHLA oder Eurokai beschäftigt, die dann mehr oder weniger wahre Geschichten aus ihrem Leben auf großer Fahrt erzählt haben“.

      Einsatz Bernie: „Da kenn ich auch welche von, - aber ist ja ne aussterbende Rasse“.

      Kalle wollte es genauer wissen. „Na denn, - berichte doch mal, was haben die denn so erzählt?“.

      Jan-Hein: „Ich geh mal pissen“.

      Bernie begann begeistert Stories aus 23ter Hand zu erzählen. Jan-Hein hatte das wohl schon kommen sehen und steuerte auf den Tresen zu, wo gerade Qualli aufgetaucht war. Jan-Hein hatte Qualli, die eigentlich Nina hieß, - von Anfang an gemocht.

      Sie hatte ein sehr hübsches, eher ovales, als breites Gesicht. Ein umwerfender Doppel-Moppel mit großem Herz und leerem Bett. Immer leicht überschminkt, was sie gar nicht nötig hatte und meistens guter Laune, war Qualli eine Stammgästin, die eigentlich alle mochten. Wenn sie in der entsprechenden Laune war, hatte sie schon mal einen Gast im Anschluss an den Kneipenbesuch abgeschleppt.

      Sie hatte, körperlich gesehen, - von allem etwas Zuviel, - wusste das auch und machte das Beste daraus. Sie war keineswegs „leicht zu haben“, sondern sortierte sehr bewusst aus. Wenn sie scharf war, hatte noch längst nicht jeder eine Chance. Im Gegenteil, - mancher Stammgast erinnerte sich noch gut an den Tag, als ein neuer Gast sein „Glück“ bei ihr versucht hatte und ziemlich zudringlich geworden war.

      Sie hatte dem Typ den Ellenbogen genau auf den Solarplexus verpasst und laut in den Raum gefragt „Seit wann haben wir denn hier solche Chauvi-Arschgeigen?“ Das hatte dann sofort Bert, den „Bären“ vom Dart-Team und Jan-Hein auf den Plan gerufen, die den Vogel direkt zur Tür und vor dieselbe eskortiert hatten, nicht ohne ihm vorher „Ein Pfund“ für die Zeche abgenommen zu haben.

      Jan-Hein und Qualli begrüßten sich mit einer langen Umarmung und Küsschen. Jan-Hein verschwand wie angekündigt zum Klo.

      Holger, der inzwischen die Nase von Bernies „Seemannsgarn“ voll hatte machte einen kleinen Abstecher in Halle C, - den Dartsraum. Er hatte aus dem Augenwinkel gesehen, dass „Korn-Wolle“ aufgetaucht war. Korn-Wolle war eine ziemlich dubiose, oft auch furchteinflößende Figur. Er war ein Riesenschrank, ähnlich wie der „Bär“ und agierte in verschiedenen Zusammenhängen als „der Mann fürs Grobe“.

      Sein Motto war „Vertrauen ist gut, Wolle ist besser“ und das musste man leider ernst nehmen. Es hatte noch nie geschadet sich mit Wolle gut zu stellen. Schließlich war bekannt „Fuffi langt“, - und schwupp hatte man ein massives Problem. Wolle hatte dementsprechend keine Freunde, aber viele gute Bekannte.

      Auch Marlowe setzte ihn bei den etwas böseren Aufträgen gelegentlich ein, - daher auch Holgers Kontakt zu Wolle. Die beiden verstanden sich prächtig, da auch Holger „Skrupel“ eher aus dem Kreuzworträtsel kannte.

      Wolle war bester Laune „Na Holger, heut schon wen verfolgt?“ und haute seine Pranke auf Holgers Rücken. „Nee, geht aber wieder los“. – Sach Bescheid, wenn ihr Unterstützung braucht, - gibt auch was Rabatt“.

      Holger ging zurück zum Tisch. Inzwischen war auch Jan-Hein wieder zurück, neue Biere standen auf dem Tisch und Olympiakos hatte den freien Stuhl belegt Olympiakos war so etwas wie „der sechste Mann“ der Freitags-Runde, hieß eigentlich Dimitrios und war ein gern gesehenes, sozusagen assoziiertes Mitglied. Seinen Spitznamen hatte er von seiner ehemaligen Tätigkeit beim alten „Olympischen Feuer“, einem vielbesuchten griechischen Lokal in der Schanze. Blitzgescheit und immer für einen dummen Spruch gut, kam er häufig freitags vorbei.

      Er hatte gute Kontakte in der Film- und Theaterszene der Stadt, kannte Gott und die Welt, spielte gelegentlich bei verschiedenen Bands, - nirgends fest, aber immer wieder gern genommen, - weil er einfach gut war und kannte sich auch bestens in der Gastro-Szene aus.

      „Na Holger, hast du das Lager auch schön ordentlich hinterlassen?“. Das war nun genau Holgers schwacher Punkt. Er selbst verstand sich als „Multitalent“, - seine Chefs sahen das etwas anders. Jeder am Tisch wusste, dass Holger schon diverse Abmahnungen kassiert hatte und eigentlich immer kurz vor dem Rausschmiss stand.

      Sven musste eingreifen. „Hey, Dimitri, lass mal gut sein, - Holger hat schon seit einem Jahr kein Schreiben mehr gekriegt“.

      „Na, im Hafen würdest du aber keinen Stich sehen“. Das war wieder der typische Bernie. Etwas eindimensional, hatte er immer seinen Hafenbetrieb vor Augen. Alles, was seinen kleinen Erfahrungshorizont überstieg, - überforderte ihn. In Holgers Job konnte er sich reindenken, - nicht aber in dessen Disziplinlosigkeit.

      Kalle mochte solche Situationen nicht. Er hatte einen 08/15-Bürojob als Sachbearbeiter Export und hatte es gern harmonisch. Sicherlich war er nicht die hellste Kerze auf der Torte, aber gut darin, Situationen zu entschärfen. „Leute, was ist denn nun mit dem Ausflug? – Ostern steht vor der Tür und wieweit ist denn nun die Planung?“.

      Olympiakos: „Wenn das Ziel Norderney ist, bin ich dabei, - da war ich noch nie“.

      „Wieso plötzlich Norderney? – Ich denk wir wollten nach Kopenhagen?“ – Holger wirkte verwirrt.

      „Da gibt es aber ein Problem“, grätschte Sven rein. „Wir haben dafür nicht genug Kohle zusammen“.

      „Lass mich raten, an wem das liegt“. – Das war Jan-Hein.

      Holger, Bernie und Sven: „Moment mal!“.

      „Ich hab die Kasse, - nun ratet mal, wer schon länger nicht bezahlt hat?“

      „Jan-Hein, ich hab doch gesagt …“

      „Ach ja, - das Kassenbuch lügt nicht: Bezahlt haben Olympiakos, Kalle und Jan-Hein. Mit zwei Raten im Rückstand: Sven, mit drei Raten im Rückstand: Holger und Bernie“.

      Bernie: „Und was heißt das jetzt?“

      „Das heißt, dass du nicht bezahlt hast, du Flachpfeife“.

      Holger: „Ich kann erst zahlen, wenn ich die Kohle von Sven hab“.

      Aller Augen auf Sven. „Äh, ja, die Auftragslage ist grad schwierig, - zwei faule Kunden und so“.

      „Der faule Kunde sitzt hier ja wohl als Trio am Tisch!“

      Bernie: „Moment mal, - hier ist schon mal ein Fuffi, - ich hatte das nur vergessen“.

      Jan-Hein zückte grimmig das Kassenbuch. „Also, wann kommt der Rest, vorher können wir alles vergessen!? – Und kommt mir jetzt nicht mit ‘nem Zwanni, ihr Pfeifen“.

      „Schon gut, - ich hab einen Vorschuss für den neuen Auftrag erhalten, aber ich kann das Geld doch jetzt nicht raushauen, was mir dann fehlt um das alles durchzuziehen“.

      „Also, - wann?“ – Holger und Jan-Hein sprachen gleichzeitig und starrten sich verblüfft an.

      „Äh, - Ende April?“ – Jan-Hein machte daraufhin einen Vermerk im Kassenbuch. – „So, das


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