Plauderei über natürliche und künstliche Intelligenz. Harry Paul
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Plauderei über natürliche und
künstliche Intelligenz
Harry Paul
Copyright 2020 Harry Paul
Autor: Harry Paul
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN:
978-3-347-04577-4 (Paperback)
978-3-347-04579-8 (e-Book)
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
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Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, dass er genug davon bekommen habe.
Renè Descartes
Danksagung.
Dem Team des tredition Verlages danke ich sehr herzlich für die große Hilfe bei der Druckvorbereitung.
Harry Paul
Inhalt
Erster Teil. Natürliche Intelligenz
Ein intelligenter Orang Utan
Menschliche Intelligenz
Kann man Intelligenz stärken?
Sprache
Lügen
Humor
Intelligenzquotient
Biologische Strategien
Physikalische Erkenntnis
Mathematik
Zweiter Teil. Künstliche Intelligenz
Der unermüdliche Rechenknecht
Exkurs zu den Hühnern
Computer sind keine Mathematiker
Computerschach
Schwächen des Computers
Maschinelle Übersetzung
Konversation mit einem Computer
Künstlich intelligentes Personal
Roboter
Automatisiertes Durchforsten
Lernende Automaten
Resümee
Erster Teil
Natürliche Intelligenz
Ein intelligenter Orang-Utan
Sicherlich kennen Sie den Spruch “Uber Geld spricht man nicht. Geld hat man.“ Ähnliches gilt für die Intelligenz. Entweder man hat sie oder man hat sie nicht. Wenn ja, wurde sie einem allem Anschein nach in die Wiege gelegt, modern ausgedrückt, steckt sie in den Genen. (Allerdings haben die Wissenschaftler noch kein Intelligenzgen, oder eine Gruppe davon, ausfindig gemacht.) In der Regel schließen wir auf das Vorhandensein von Intelligenz aus intelligenten Leistungen. Das höchste Lob lautet: ein Geniestreich!
Wir sollten uns allerdings vor dem Irrtum hüten, Intelligenz sei ein Privileg des Menschen (homo sapiens). Tatsächlich stoßen wir auf intelligentes Verhalten schon im Tierreich. Hierzu ein instruktives Beispiel! Der bekannte Verhaltensforscher Konrad Lorenz berichtet von einem Experiment mit einem Orang-Utan (Die Rückseite des Spiegels, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1977): “Der Affe wird vor die Aufgabe gestellt, eine Kiste, die in einer Ecke des Raumes steht, unter eine Banane zu schieben, die in der gegenüberliegenden Ecke an einem Faden von der Decke herabhängt. Zunächst durchwandern die Blicke des Affen ziemlich ratlos die Raumdiagonale zwischen der links unten stehenden Kiste und der rechts oben hängenden Banane. Dann wird der Orang böse, weil er keine Lösung findet; er versucht sich der peinlichen Lage durch Wegwenden … zu entziehen. Das Problem lässt ihm aber keine Ruhe, er wendet sich der Versuchsanordnung wieder zu. Da plötzlich beginnen seine Blicke andere Wege einzuschlagen. Sie gehen zur Kiste, von dort zu dem Ort am Fußboden genau unter der Banane, von da empor zum lockenden Ziel, wieder lotrecht hinab zum Boden und zurück zur Kiste. Dann folgt blitzartig der erlösende und problemlösende Einfall, der an dem ausdrucksvollen Gesicht des Orang eindeutig abzulesen ist, und sogleich begibt er sich, vor Freude einen Purzelbaum schlagend, zur Kiste, schiebt sie unter die Banane und holt sich diese. Er braucht zu dem noch nötigen einsichtigen Verhalten kaum ein paar Sekunden. Niemand, der eine solche Problemlösung an einem Affen beobachtet hat, kann ernstlich daran zweifeln, dass das Tier im Augenblick der Lösungsfindung ein dem unseren analoges Aha-Erlebnis … hat.“
Die Parallele zu menschlichem Verhalten geht sogar noch weiter. An die Stehe der Purzelbäume treten dann oft Freudentänze. So schildert der Chemiker Frederick Soddy, was unmittelbar danach geschah, als er zusammen mit Ernest Rutherford die erste radioaktive Umwandlung eines chemischen Elements (Thorium) in ein anderes (Argon) entdeckt hatte: Dann begann er (Rutherford) im Laboratorium einen Walzer zu tanzen, seine gewaltige Stimme dröhnte: ‘Onward Christian so-ho-hojers‘.
Menschliche Intelligenz
Beginnen wir mit einem hübschen kleinen Beispiel für intelligentes Verhalten! Max von Laue, ein prominenter deutscher Physiker, war während der Nazi-Zeit in Berlin geblieben. Um die Korrespondenz mit seinem, in die USA emigrierten (und von den Nazis verpönten) Freund Albert Einstein ungestört fortsetzen zu können, schlug er der Zensur ein Schnippchen. Er adressierte seine Briefe einfach an Professor Albert, und sie kamen immer an.
Eine der größten Intelligenzleistungen der Menschen ist zweifellos die “Zähmung“ des Feuers, die in der Kunst des Feuermachens (anfangs wohl durch Reiben trockener Hölzer) gipfelt. Anders als beim Werkzeuggebrauch ist dies dem Menschen allein gelungen. Um diese Großtat gebührend würdigen zu können, müssen wir uns vor Augen halten, dass Mensch wie Tier ein Feuer, das in einer Steppe oder einem Wald ausbricht (verursacht meist durch Blitze, heutzutage auch durch Brandstiftung), als ein furchteinflößendes Inferno erlebt. Da bleibt (oft auch heute noch!) nur die Flucht.
Die Folgen des Gebrauchs von Feuer können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Zum einen konnte durch Kochen und Braten die Nahrung effektiver genutzt werden als beim bloßen Verschlingen. Das scheint vor allem dem Gehirn zugute gekommen zu sein, dessen rasantes Wachstum die menschliche Entwicklung entscheidend voranbrachte. Zum anderen war durch die Nutzung des Feuers die Gewinnung und Verarbeitung von Erzen gewissermaßen vorprogrammiert, man musste sich nur die zurückgebliebene Schlacke genauer ansehen.
Ich kann unmöglich all die Entdeckungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse aufzählen, die wir der Intelligenz von Forschern verdanken. (Auf die Erschaffung der Sprache als einer Intelligenzleistung par excellence werde ich in einem späteren Kapitel noch detailliert eingehen). Ich möchte im folgenden zur Abwechslung an zwei Beispielen zeigen, dass man “mit Köpfchen“ auch ein Vermögen machen kann, ohne dass man jemanden übers Ohr hauen muss.
Der bekannte ungarische “Börsenguru“ Andre Kostolany erzählte einmal, wie es ihm gelang, den Grundstein zu seinem Vermögen zu legen. Als Konrad Adenauer Chef der ersten (west-)deutschen Nachkriegsregierung geworden war, würde er nach Kostolanys Einschätzung bemüht sein, neues Vertrauen auf den internationalen Finanzmärkten zu gewinnen und sich das einiges kosten lassen. Einen Prüfstein hierfür würden die seinerzeit von der Nazi-Regierung im Ausland (namentlich in Frankreich) ausgegebenen Staatsanleihen abgeben. So wie er die Deutschen kannte, würden sie diese zurücknehmen, und noch dazu zu einem ordentlichen Preis. Diese Rechnung ging in der Tat vollständig auf. Kostolany kaufte rechtzeitig alle Anleihen, deren er habhaft werden konnte, zu einem Spottpreis auf, und der von der Bundesregierung festgesetzte Rücknahmepreis übertraf sogar noch seine Erwartung.