Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker
Bild veröffentlicht, und inzwischen haben wir mehrere Zeugen gefunden, die ihn um die Tatzeit herum am Elfrather See gesehen haben. Er hat seine Opfer sehr genau beobachtet, verfolgte sie regelrecht und blieb dabei gekonnt im Hintergrund. Übrigens ist Gerndorf geständig. Ein psychologisches Gutachten ist bereits in Auftrag gegeben. In den Vernehmungen hat er immer wieder über seinen Hass gegen Peter Gerath und Frank Severin gesprochen. Er hat sich regelrecht in diese Emotionen hineingesteigert und langsam aber sicher den Bezug zur Realität verloren. Er lebte in seiner eigenen Welt.“
Berringer nickte. „Und in dieser Welt ist er der Vollstrecker jener, die die Justiz nicht verurteilen konnte.“
„In der Realität ist er nur ein Mörder.“
Dietrich zündete sich eine frische Zigarette an. Die dritte schon, während sie miteinander sprachen.
Berringer beugte sich etwas nach vorn. „Was ist mit Commaneci und seinen Leuten?
Hat da jemand ausgesagt?“
„Nein. Bis auf den Kerl, den du auf der BOOT geschnappt hast, schweigt die Bande wie ein Friedhof zur Geisterstunde.“
„Gibt es irgendwelche Hinweise auf die Eminenz?“
„Nein. Und ich würde mir in dieser Hinsicht auch nicht mehr allzu viele Hoffnungen machen, Berry.“
„Tut mir leid, diese Akte werde ich niemals schließen“, erklärte Berringer.
„Niemals!“
ENDE
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ALFRED BEKKER
Der Armbrustmörder
Berringer ermittelt in Mönchengladbach
© 2008,2012 by Alfred Bekker, CassiopeiaPress
All rights reserved.
Ein CassiopeiaPress E-Book.
www.Alfred Bekker.de
Die Printausgabe dieses Titels erschien im Droste-Verlag Prolog
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BEINAHE MITTERNACHT.
Schatten, die im Licht der spärlichen Beleuchtung dahinhuschten.
Ratten.
Vielleicht ...
Nur in den Büroräumen von EVENT HORIZON, der Event-Agentur von Frank Marwitz, brannte noch Licht. Ansonsten befand sich niemand mehr in dem kastenförmigen dreistöckigen Flachdachbau im Gewerbegebiet Mönchengladbach, in den sich ein paar aufstrebende Selbstständige eingemietet hatten, deren Unternehmen ihre beste Zeit noch vor sich hatten.
Marwitz saß an seinem Schreibtisch und fuhr gerade den Rechner herunter. Er hatte noch einmal den Veranstaltungskalender seiner Homepage überarbeitet. Nun war nichts mehr zu tun. Für diesen Abend hatte selbst ein so hyperdynamischer Jungunternehmer wie er, diese Rampensau des Niederrheins und Conférencier für alle Fälle, bekannt aus Funk, Fernsehen und lokalem Käseblatt, genug getan.
Der Flachbildschirm wurde dunkel. Marwitz stand auf. Sein Haar war gegelt, sah aber aus, als wäre es verschwitzt. Er war Mitte vierzig, fand aber, dass er wie Mitte dreißig aussah, und hatte ein Lebensgefühl, das er für das eines Fünfundzwanzigjährigen hielt.
Allerdings waren die allgewaltigen Unterhaltungschefs in den TV-Sendern in diesem Punkt anderer Meinung gewesen. Seine größten Erfolge war eine Nebenrolle in einer Vorabend-Soap und ein Moderatorenjob in einem Shopping-Sender gewesen. Aber der erste dieser beiden einzigen überregionalen Erfolge lag schon etwa zehn Jahre zurück, und der zweite hatte gerade sein unweigerliches Ende gefunden, weil der Shopping-Sender, für den er Trimmgeräte und Billig-Laptops angepriesen hatte, in Konkurs gegangen war.
So war Marwitz in gewisser Weise ein Opfer der allgemeinen Finanz- und Wirtschaftskrise geworden. Zumindest sagte er sich das, denn diese Version war leichter mit seinem Ego zu vereinbaren als die, dass seine Moderation möglicherweise einfach an der Zielgruppe vorbeigegangen war.
Genau das hatte man ihm bei einer Reihe von Castings gesagt, die er zwischenzeitlich hinter sich hatte.
Marwitz fragte sich nicht zum ersten Mal, wieso er das eigentlich mitmachte. Er moderierte Veranstaltungen mit mehreren tausend Gästen und half manchmal sogar als Stadionsprecher der Borussia aus – was nach dem Wiederaufstieg in die Bundesliga ja auch richtig Spaß machen konnte. Er brachte ganze Hallen zum Kochen und verwandelte halbtote Rentner in ekstatische, enthemmte Partygänger. Er machte manchmal selbst Butterfahrten und den Tanztee für Senioren zu einem unvergesslichen Bühnenereignis und lief zur Hochform auf, wenn bei der Abschlussfeier einer vierten Grundschulklasse zwar weder der Bär noch Eltern oder Lehrer, aber immerhin die Kinder tobten.
Aber für das Fernsehen schien er einfach nicht gut genug zu sein. Seine Karriere war in dieser Königsdisziplin des Showbiz schon am Ende gewesen, bevor sie richtig angefangen hatte.
Marwitz nahm ein Kaugummi aus der Tasche seines ausgebeulten Kordjacketts. Er hatte an diesem Tag seit dem spärlichen Frühstück, das aus einem angegessenen Schokoriegel von gestern bestanden hatte, noch nichts zu sich genommen. Es war einfach keine Zeit gewesen. Das Korschenbroicher Schützenfest stand zu Pfingsten vor der Tür, und da musste einiges organisiert werden, was gar nicht so leicht gewesen war. Vor allem war es schwierig gewesen, eine leistungsfähige PA-Anlage zu organisieren, die in der Lage war, ein Festzelt ausreichend zu beschallen.
Marwitz hatte den Job in Korschenbroich kurzfristig annehmen müssen, da ein Kollege ausgefallen war, und zu Pfingsten war so ziemlich jede funktionsfähige PA-Anlage im Land irgendwo im Einsatz. Ob nun beim Tanz in den Mai, einer Ü-30-Party oder beim Gemeindefest einer Pfarrgemeinde, alles was auch nur entfernt nach einem Lautsprecher aussah, wurde gebraucht, und Marwitz war einfach zu spät dran gewesen. Aber er hatte gute Kontakte und es schließlich doch noch auf die Reihe gekriegt.
Es fehlte nur noch eine Sache zu seinem Glück, und die raubte ihm den letzten Nerv.
Marwitz ging zur Fensterfront und drückte die Stirn gegen die Scheibe. Das gab zwar einen Schweißfleck, aber so konnte er hinaus in die Dunkelheit sehen, ohne nur sein eigenes Spiegelbild anzustarren, während er den Kaugummi weiterhin mit nervös mahlenden Kiefern bearbeitete.
Es ging um die Ü-30-Party in der Kaiser-Friedrich-Halle an der Hohenzollernstraße in zwei Tagen ...
Alles war perfekt organisiert gewesen. Eine Art überdimensionaler Kindergeburtstag für die Teenager der Achtziger, deren Musik durch den Tod von Michael Jackson eine unerwartete Renaissance erlebte. Ausgerechnet da war Marwitz das fest eingeplante Michael-Jackson-Double abgesprungen und hatte den Termin einfach gecancelled.
Angeblich, weil er eine Zerrung hatte.
„Opa-walk mit Krücke statt Moonwalk“, hatte er am Telefon gejammert. „Das will doch keiner sehen.“
Aber Marwitz hatte aus gut unterrichteten Quellen erfahren, dass diese Jackson-Doublette stattdessen