Sammelband 7 Krimis: Tuch und Tod und sechs andere Thriller auf 1000 Seiten. Alfred Bekker

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ist doch der passende Begriff, wenn ich mich nicht irre! Glaubst du, Maja wäre sonst in die Arme dieses obskuren Gurus gelaufen und hätte nichts Besseres zu tun, als ihren Vater um Geld anzubetteln, das sie dann umgehend an diesen Spinner weitergibt? Glaubst du, Andreas wäre spiel- und kokainsüchtig geworden, wenn du nicht ständig nur an seiner Arbeit in der Firma herumgemäkelt hättest, anstatt ihm die Anerkennung zu zollen, die er verdient gehabt hätte!“

      „Er hat Gelder veruntreut!“, verteidigte sich Peter Gerath.

      „Aber erst, nachdem er krank geworden war. Was sollte er denn auch tun? Da er deine Liebe und Anerkennung schon nicht bekommen konnte, hat er wenigstens dein Geld genommen.“

      „Er hat mich betrogen! Was erwartest du da?“

      „Mir hat er sein Herz ausgeschüttet, aber du hast ihm nie – nie! - zugehört!“

      „Ach, was redest du da!“

      „Und Till! Dessen künstlerische Fähigkeiten hast du nie anerkannt. Seine Ambitionen waren für dich immer nur Hirngespinste – auch als längst klar war, dass er zu allem anderen, nur nicht zu einer Existenz als freier Unternehmer taugt! Aber dich hat das ja nicht gekümmert! Wer sich deinen Plänen nicht unterordnete, der wurde mit Verachtung oder Geldentzug bestraft – so war es doch!“

      „Ach, jetzt bin ich allein an der Misere unserer Kinder Schuld? Dabei hast du sie doch erzogen, sie an deinem Rockzipfel gehalten und nicht zugelassen, dass sie selbstständige Menschen wurden! Du gibst Till doch immer noch Geld, damit er über die Runden kommt! Ist doch wahr, oder glaubst du, ich merke das nicht?“

      „Till ist auf dem Weg, ein wirklich großer Künstler zu werden. Ein kreativer Mensch, dem einfach eine andere Art von Leben vorschwebt, als du es dir vorstellen kannst.

      Und in gewisser Weise trifft das auch auf Maja zu. Nein, du hättest es weiß Gott verdient, das man dich leiden lässt, und ich trauere kein bisschen um deine Pferde!

      Und die blauen Flecken, die du dir beim Sturz von deinem verfluchten Island-Gaul zugezogen hast, die hast du dir redlich verdient!“ Der pure Hass sprach aus ihren Worten, ihren Augen, ihrer Gestik und der zur grimmigen Maske erstarrten Mimik.

      „Wie kannst du mich nur so verabscheuen? Und was war jetzt mit Severin?“ Seine Worte trafen sie wie Schläge. Plötzlich wankte sie zurück. „Ja, es ist wahr“, sagte sie mit leiser Stimme. „Ich hatte ein Verhältnis mit ihm.“

      „Und wenn ihr beide mich umgebracht hättet, dann wärt ihr aus dem Schneider gewesen. Du hättest mit deinen Kindern eine Erbengemeinschaft bilden können, und Severins dubiose Geschäfte wären nicht ans Licht gekommen!“

      „Aber dann kam es zum Streit, nehme ich an“, sagte Berringer. „Worum ging es?“, fragte er Regina Gerath. „Haben Sie Ihren Geliebten nur deswegen getötet, weil er Sie hätte verraten können?“

      Sie starrte ihn fassungslos an. „Warum hätte Frank das tun sollen?“

      „Weil er früher oder später aufgeflogen wäre. Er machte Geschäfte mit Ferdinand Commaneci, einem Mann, der seit langem im Verdacht steht, zu einer mafia-

      ähnlichen Organisation zu gehören oder sie sogar zu leiten. Severin wurde verprügelt

      – wahrscheinlich von Commanecis Leuten. Vielleicht wollte er aussteigen, aber dann wäre Ihre Rechnung nicht mehr aufgegangen.“

      „Das ist doch Unfug!“, schrie sie ihn an.

      „Frank Severin starb wahrscheinlich durch einen Handkantenschlag, den Sie bei Ihrem Aikido-Training gelernt haben.“

      Sie schnappte nach Luft wie ein Ertrinkender. „Wer - wer sagt das?“

      „Die Gerichtsmedizinerin. Sie waren am Tatort, dafür gibt es einen Zeugen. Der Tod wurde höchstwahrscheinlich durch eine Verletzung herbeigeführt, die ebenfalls in Ihre Richtung deutet. Erklären Sie’s mir, wenn’s anders war, aber mir fällt im Moment keine plausiblere Lösung ein, als dass Sie Severin ermordet haben.

      Vielleicht bringt die Wohnungsdurchsuchung etwas an den Tag. Aber wie auch immer die Sache weiterlaufen wird, stellen Sie sich darauf ein, dass die Polizei Ihnen die gleichen Fragen stellt wie ich!“

      „Nein, das ist alles nicht wahr!“, beteuerte Regina Gerath erneut und sah ihren Mann flehend an. „Frank war genauso geschockt darüber, dass auf dich und deine Pferde geschossen wurde wie ich!“

      „Die Krokodilstränen kannst du dir sparen“, sagte Peter Gerath hart.

      Seine Frau richtete den Blick wieder auf Berringer. „Ich habe nichts damit zu tun! Es waren die Leute, mit denen Frank Geschäfte gemacht hat.“

      „Wissen Sie mehr darüber?“, hakte Berringer sofort nach.

      „Ich weiß nur, dass es sich um eine Organisation handelt, die Firmen zwingt, irgendwelche Scheingeschäfte abzuwickeln. Ob das der Geldwäsche dient oder irgendetwas anderem – keine Ahnung. Frank kam mit Avlar Sport aus der Nummer nicht raus. Diese Schweine haben ihn unter Druck gesetzt und sogar auf offener Straße brutal zusammengeschlagen.“

      „Nennen Sie Namen, Daten, Umstände ...“

      „Ich weiß nicht mehr. Ehrenwort!“

      Warum klang dieses Wort nur so eigenartig, wenn sie es aussprach? Berringer sah Peter Gerath an.

      „Ich weiß von nichts“, sagte dieser. „Mit mir haben diese Leute nie Kontakt aufgenommen ...“

      „Weshalb ich bislang auch nicht wirklich geglaubt habe, dass diese Anschläge mit irgendeiner Textil-Mafia zu tun haben“, bekannte Berringer. „Aber angenommen ...“ Berringer sprach nicht weiter.

      „Was?“, fragte der Unternehmer.

      „ Wenn Commaneci und seine Leute geglaubt haben, dass Sie Bescheid wüssten, und gleichzeitig hat Severin seinen Partnern vielleicht signalisiert, dass er aussteigen will, dann könnte es in den Augen dieser Leute durchaus sinnvoll gewesen sein, Druck auf Sie auszuüben, Herr Gerath.“ Und zu Regina Gerath sagte Berringer: „Das würde erklären, was mit den Pferden passiert ist, obwohl ich von dieser Theorie nicht hundertprozentig überzeugt bin. Und es ist auch keine Antwort auf die Frage, weshalb Sie sich mit Frank Severin am See getroffen haben.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schluckte. Ihr Blick ging ins Nichts.

      Tränen glitzerten in ihren Augen. „Okay“, sagte sie. „Also die Wahrheit, Herr Berringer. Die Wahrheit ist, dass ich Frank an diesem Morgen sehen wollte. Ich hatte Angst. Angst vor allem um ihn. Ich wollte genauer wissen, was das für Geschäfte sind, die er da betrieb. Ich meine, diese Typen haben ihn zusammengeschlagen, und er tat so, als wäre nichts gewesen. Und dann die Anschläge auf die Pferde. Ich wollte jetzt endlich wissen, worum es ging. Dass Frank ein paar Sachen nebenbei laufen hatte, fand ich in Ordnung – nach allem, was er für die Firma getan hat.“ Sie sah ihren Mann an. Ihr Make-up war verlaufen. Sie wischte sich mit der Hand über die Augen und machte es noch schlimmer, sodass sich ein abstraktes Aquarell bildete. „Gib es zu, du hast doch auch weggeschaut. Und zwar, weil du genau weißt, was die Firma Frank verdankt. Wir sind nur durch ihn da, wo wir jetzt stehen. Da beißt keine Maus einen Faden ab.“

      „Dankbarkeit hat auch bei dem kompetentesten Mitarbeiter seine Grenzen!“, erwiderte Peter Gerath.

      Seine Frau lachte heiser auf. „Ja, und bei dir wahrscheinlich ganz besonders enge Grenzen.“

      „Sie wollten über das sprechen, was heute Morgen geschehen ist“, erinnerte sie Berringer.

      Frau Gerath schluckte. „Ich ... ich bin schwimmen gefahren, habe aber nur ein paar Bahnen gezogen und bin dann raus aus dem Wasser. Ich hatte einfach keine Lust und fühlte mich so elend ... Ich kann es kaum beschreiben. Ich musste einfach mit jemandem reden und wollte Gewissheit. Also habe ich Frank in der Firma angerufen, erhielt aber die Auskunft, dass er bereits nicht mehr im Hause sei. Also versuchte ich es über sein Handy und erwischte ihn. Er war am See. Das machte er oft, wenn


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