Alfred Bekker Krimi Trio #1. Alfred Bekker
Romero wirbelte herum, blickte direkt in den Lauf der Automatik.
Smith drückte ab.
Aus der Waffe löste sich kein Schuss. Es machte lediglich "klick". Romero griff in aller Seelenruhe zu seiner eigenen Waffe.
"Ich hatte mir schon gedacht, dass du keine Lust hast, zu teilen", zischte Romero zwischen den Zähnen hindurch. "Aber gerade eben warst du so sehr auf unseren Freund One-Eye fixiert, sodass du gar nicht mitgekriegt hast, wie ich das Magazin deiner Waffe entleert habe!"
"Du Bastard!"
"Mich den Hauptteil dieser Drecksarbeit machen lassen und dann mit dem Geld nach Rio! Das hätte dir so passen können!"
Der rote Punkt des Laserpointer ruhte zwischen Smith' Augen. Smith wollte sich in einem Anflug von Panik auf sein Gegenüber stürzen. Romero ließ ihm keine Chance. Er drückte ab. Getroffen taumelte Smith zu Boden, blieb regungslos in eigenartig verrenkter Haltung liegen. Romero schloss den Geldkoffer, trat an den am Boden liegenden Smith heran und drehte ihn mit dem Fuß herum.
"Volltreffer", murmelte Romero. "Oder wie würdest du das ausdrücken, Partner?" Romero lachte zynisch. "Ein Superjob!"
11
Milo und ich verbrachten noch etwa zwei Stunden in Haus Nummer 412, Broxon Lane. Wir zeigten Ron Dexters Foto herum und fragten nach zwei Männern, die Susan Dexter zur Tatzeit besucht hatten...
Ron Dexter wurde auf Grund seines auffälligen Äußeren von mehreren Mietern identifiziert. Nach ihren Aussagen hatte Dexter seine Schwester vor drei Tagen besucht.
Was die beiden Unbekannten anging, war unsere Aktion ein Schlag ins Wasser.
Niemand schien auf die beiden geachtet zu haben. Eine aufwendige Sicherheitstechnik inklusive Videoüberwachung gab es in diesem Haus leider nicht.
Also beschlossen wir, uns erst einmal Montgomery vorzunehmen.
Allan Montgomery war Anlageberater der Grand National Bank. Milo und ich suchten ihn in seinem Büro auf.
Wir stellten uns vor und zeigten ihm unsere Dienstausweise.
"Ich bin froh, dass sich das FBI für diesen Fall interessiert. Ich werde alles tun, um mitzuhelfen, denjenigen zur Strecke zu bringen, der Susan auf dem Gewissen hat." Allan Montgomery schluckte. Es war ihm anzusehen, dass ihn der Tod seiner Verlobten sehr mitgenommen hatte. Er presste die Lippen aufeinander, schüttelte stumm den Kopf. "Ich kann es immer noch nicht wirklich glauben. Manchmal hat Susan mich in der Mittagspause kurz angerufen. Und wenn jetzt das Telefon klingelt, dann..." Montgomery sprach nicht weiter. Mit einer fahrigen Handbewegung wischte er sich über das Gesicht. Die Augen waren leicht gerötet.
"Wir würden Ihnen gerne ein paar Fragen stellen. Für uns ist alles wichtig, was mit Susan Dexter und ihrem Bruder zu tun hat..."
Montgomery wandte ruckartig den Kopf. "Sie reden über Ron..."
Ich nickte. "Ja."
"Dieser Verrückte... Er hat Susan letztlich zu Grunde gerichtet! Ron ist für Susans Tod verantwortlich..." Montgomery ballte die Hände zu Fäusten. Sein Gesicht wurde zu einer starren, grimmigen Maske.
"Das verstehe ich nicht", bekannte ich und bemerkte dabei Milos Blick. Er war auf Montgomerys Schuhe gerichtet. Allerhöchstens 43, so schätzte ich. Sicherheitshalber würde ich ihn trotzdem fragen, um jeden Zweifel daran auszuschließen. "Ron Dexter war tot, als Ihre Verlobte erschossen wurde...", gab ich zu bedenken.
Montgomery atmete tief durch. "Mag sein. Aber Ron war immer in irgendwelche krummen Sachen verwickelt. Er war drogensüchtig, arbeitete als Türsteher, wahrscheinlich auch als Zuhälter und wer weiß was noch alles. Es würde mich nicht wundern, wenn der Killer aus diesem Milieu käme."
"Dann werden wir ihn früher oder später finden", versprach ich.
"Sie scheinen ein Optimist zu sein, Agent Trevellian."
"Andernfalls hätte ich mein Leben nicht dem Kampf gegen das Verbrechen gewidmet", erwiderte ich.
Er musterte mich einige Augenblicke lang. Sein Gesicht wirkte jetzt nachdenklich. Schließlich murmelte er: "Ich glaube Ihnen sogar, Agent Trevellian. Für Sie scheint Ihre Tätigkeit beim FBI wirklich mehr zu sein, als nur ein Job." Er wurde jetzt etwas ruhiger, deutete auf eine Sitzecke und bot uns an Platz zu nehmen. Montgomery ließ sich als letzter in eine der klobigen Ledersessel fallen.
"Was können Sie uns noch über Susan Dexter und ihren Bruder sagen?", meldete sich Milo Tucker nach einer Pause des Schweigens zu Wort.
Montgomery hob die Augenbrauen.
"Dann gehen Sie beide also auch von einem Zusammenhang aus?"
"Ja", sagte ich entschieden.
Montgomery seufzte schwer. Schließlich erklärte er: "Ron rief ziemlich unregelmäßig an. Meistens wollte er Geld von Susan. Susan hat mir viel über ihn erzählt. Irgendwie scheint der Kerl seit seinem Ausscheiden aus dem Marine Corps nichts mehr richtig zu Stande gebracht zu haben. Nicht einmal ein einigermaßen erfolgreicher Krimineller war er. Sonst hätte er sich nicht immer wieder Geld borgen müssen. Wahrscheinlich hat er gezockt. Ich habe Susan gesagt, dass sie ihm keinen Cent mehr geben soll. Aber sie konnte ihm gegenüber einfach nicht nein sagen. Er tat ihr leid."
"Sind Sie Ron Dexter mal begegnet?", erkundigte ich mich.
Montgomery nickte. "Ich werde das nie vergessen. Susan und ich waren in einem französischen Restaurant in Chelsea. Ron platzte in schrägem Outfit herein und machte eine Riesenszene, bis Susan ihm einen Scheck ausstellte."
"Woher wusste er denn, wo Sie beide waren?"
"Wir waren ziemlich oft dort. Vermutlich hatte Ron seine Schwester zu Hause nicht angetroffen und dann einfach die Örtlichkeiten abgeklappert, wo Susan zu finden war, wenn sie ausging."
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass Miss Dexter mit der Situation zufrieden war", meinte Milo.
Montgomery zuckte die Achseln. "Ron Dexter war ein psychisches Wrack. Das Problem war, dass er sich partout nicht helfen lassen wollte. Was soll man da machen? Für Susan wiederum war er das einzige, was von ihrer Familie übrig geblieben war."
"Sie erwähnten den Kollegen der Homicide Squad gegenüber, dass Dexter seine Schwester zum letzten Mal vor drei Tagen besucht hätte", fragte ich.
"Ja. Susan hat mir davon erzählt, ich war nicht dabei. Angeblich wollte er nicht einmal Geld von ihr."
"Sondern?"
"Sie sollte etwas für ihn aufbewahren. Als Susan mir das erzählte, dachte ich erst an Rauschgift oder dergleichen."
"Wissen Sie, was es war?"
"Susan hat es mir gezeigt. Es handelte sich um zwei CDs."
Milo und ich wechselten einen erstaunten Blick.
"Wissen Sie etwas über den Inhalt der Scheiben?", fragte Milo.
Montgomery lachte heiser auf. "Dieser Spinner Ron hat immer davon gesprochen, sich eines Tages seine Erlebnisse im Marine Corps von der Seele zu schreiben. Vor allem das, was seinen Einsatz im Rahmen der UNO-Mission in Somalia angeht. Vielleicht erinnern Sie sich an die